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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Neue Bücher
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~r-Ss5> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <£fe^

Gestaltungskraft. Die Plastiken Georg Winkler's,
die Porträts von Supanchich, die Landschaften
Konrad's, die Künstlerlithographien Presuhn's,
endlich die zahlreichen Bilder, Entwürfe, Zeich-
nungen, Rahmen und Gewebe Schad-Rossa's, der
auch die originelle Installation geleitet hatte, waren
nicht durchwegs vollendete Kunstwerke, aber durch-
wegs Aeusserungen ernst und ehrlich strebender
künstlerischer Individualitäten. Gleichfalls im
Landesmuseum folgte hierauf die Schulausstellung
Prof. Alfred von Schrötter's, wobei die Lehr-
erfolge des vor Jahresfrist aus Dachau hierher be-
rufenen Künstlers berechtigte Anerkennung fanden.
Endlich fällt in das Ende des Vorjahres die Wieder-
eröffnung des Landschaftlichen Kupferstich-Kabinetts
am Joanneum, dessen vollständige Neuaufstellung
und Katalogisierung ein hier lebender Privatmann,
der als Verfasser der Ikonographie van Dycks be-
kannte Herr Dr. Franz Wibiral aus idealer Freude
an der Sache auf sich genommen hatte. Die Samm-
lung, deren Grundstock teils aus dem Nachlasse
eines privaten Testators, teils aus Dubletten der
Albertina besteht, die in den vierziger Jahren ge-
schenkt worden waren, zählt zwar nicht viel mehr
als zehntausend Nummern, darunter aber Pracht-
blätter von hohem Rang und Wert. In das laufende
Jahr herüber reicht die jüngste Ausstellung des
Steiermärkischen Kunstvereines. Seine Weihnachts-
ausstellung führt diesmal vorwiegend Werke von
Oesterreichern vor, die im Auslande leben, oder
dort die entscheidenden Jahre verbracht haben.
Porträts von Knirr, Tierstücke von Hegenbarth,
Landschaften von Hänisch, Hayek, O'Lynch,
HOLZEL, SlGMUNDT, STROBENTZ, STADLER und
Bertha Ecker, die >Seelen am Acheronc von
Hireniy-Hirschl, die Kleinplastiken von Pötzel-
berger geben einen nicht erschöpfenden, aber er-
freulichen Ueberblick über das Schaffen auswärts
wirkender Landsleute. Die Ausstellung ist nicht
gross, aber sorgfältig gewählt und in geschmackvoll
gestimmten Räumen untergebracht. Auch der Ver-
anstalter, Alfred von Schrötter, ist mit meh-
reren Landschaften vertreten, deren feiner Farben-
reiz allgemein anspricht, wenn sie auch am ungün-
stigsten und bescheidensten Platze untergebracht
sind. So machen es die Künstler, wenn sie sich
einmal selbst >hängen< dürfen. E.
ROM. Die Pforten der Venezianischen Ausstellung*)
sind geschlossen und die nüchterne Kassaführung
beweist, dass auch heuer unsere >Internationale<
wie ... die Künstler kein schlechtes Geschäft ge-
macht. Von 533 verkäuflichen Werken wurden 177
verkauft (161 Gemälde und 15 Skulpturen) und der
Erlös ergab die respektable Summe von 360000 Frcs.,
macht mit den früheren drei Ausstellungen zu-
sammen Vi Millionen, denen im Jahre 1901 an Ein-
trittskarten 351000 und für alle vier Ausstellungen
1359000 Frcs. gegenüberstehen. Ein Beweis, dass die
Künstler im Verhältnis immer noch mehr in Venedig
verkaufen, als anderswo. Ueber den künstlerischen
Wert der »Biennale« wurde in diesem Blatte schon
früher gesprochen; nur auf das eine sei hier noch-
mals energisch hingewiesen: trotz der vielfach dis-
kutierten retrospektiven Ausstellungen (Fontanesi,
Previati, Morelli, Franzosen von anno 1830 u. s. w.)

') Erwähnt sei bei diesem Anlass, dass die in Bergamo er-
scheinende Zeitschrift „Emporium" unter dem Titel „L'Arte
M o n d i a 1 e a 11 a IVa E xp o s i z i o n e d i V e n ez i a" ein reich ausge-
stattetes Sonderheft hat erscheinen lassen, das in seinen 279 Illu-
strationen einmal die Hauptwerke der Ausstellung reproduziert,
dann aber auch deren Schöpfer in Porträts vorführt. Der Text
rührt von dem italienischen Kunstschriftsteller Vittorio Pica her.
Der Preis des Heftes ist 4 Lire.

war das Ganze so vortrefflich und geschickt orga-
nisiert, dass die Beschauer nicht ein einziges Mal
Langeweile befiel. Unser neuestes Ereignis auf dem
Kunstgebiete ist das Projekt der Mailänder Inter-
nationalen Ausstellung für 1904. Um diese Zeit
finden zur Feier des Simplondurchstichs in der
Lombardischen Hauptstadt grosse Festlichkeiten
statt, an die sich nebst Ausstellungen für Schiff-
fahrt und Transportwesen auch solche für ange-
wandte und für reine Kunst anschliessen werden.
Und um zumal das Ausland anzulocken, das in
Mailand noch nie vertreten war, soll ein grosser
einziger Preis von 50000 Frcs. ausgesetzt werden zur
freien Bewerbung für In- und Ausländer, während
sechzehn andere Preise im Betrag von zusammen
60000 Frcs. nur den Italienern zu gute kommen.
Nun stösst aber das Projekt auf doppelten Wider-
spruch. Einmal sind die Venetianer — obschon die
Mailänder > Internationale < in ein Jahr fällt, wo
Venedig nicht ausstellt, und obschon sie obendrein
nur eine einmalige Ausstellung sein soll — sehr
böse; denn sie fürchten, besonders die hohe
Prämie könnte die ausländische Kunst allzusehr
von Venedig abziehen und die Mailänder — wenn
sie erst Blut geleckt — dazu veranlassen, gleichfalls
eine >Biennale< nach venetianischem Vorbilde ein-
zurichten, und zwar etwa in den »geraden« Jahren,
wo Venedig ruht. Natürlich weisen die Mailänder
diese Unterstellungen mit grosser Entrüstung zurück,
erklären, sie wollen Venedig nicht schädigen, im
Gegenteil könne ihre Ausstellung auch der Lagunen-
Perle nützen u. dgl. Dass es nebenbei auch aller-
hand Seitenhiebe auf die angebliche - Dekadenz« der
venetianischen Internationalen setzt, ist begreiflich;
haben doch die pikierten Venetianer zuvor den
Mailänder >Krämern« geraten, in ihrer Handels-
stadt lieber eine .... Industrie-, als eine Kunst-
Ausstellung abzuhalten. Aber auch im Schoss der
Mailänder Künstlerschaft selbst herrscht nicht völlige
Eintracht; man hadert über den 50000 Frcs.-Preis. Es
giebt nämlich Leute, obschon ihrer nur wenige sind,
die — wie es scheint im Bewusstsein ihrer Kon-
kurrenz-Unfähigkeit — behaupten, die Aussetzung
des Preises sei eine sog. »Americanata« (Reklame-
stück ä l'americaine), ja (hilf, heilige Simplicitas!)
sie sei sogar .... unmoralisch! Dass all diese
Einwürfe Mätzchen sind, geht aus der Denkschrift
hervor, in der die neugegründete Künstlergenossen-
schaft »Leonardo da Vinci« zu der Frage Stellung
nimmt: »Der 50000 Frcs.-Preis (heisst es da) wird
vielleicht ins Ausland gehen. Aber wenigstens
einmal werden sich Italiener und Fremde unter
gleichen Bedingungen gegenüberstehen, nicht wie
in Venedig, wo den Fremden, um sie anzulocken
(und vielleicht zu ihrem eigenen Leidwesen) eine
entschieden privilegierte Stellung gegenüber den
Italienern geschaffen ist, welch letztere man dort
in Bezug auf Zutritt und Platz beschränkt und in
unvermeidliche Inferiorität versetzt. Und hiebei
sei auch den Gegnern des Preises ins Gedächtnis
gerufen, dass, als es in Venedig noch einen solchen
Preis gab, die ausländischen Künstler ihre hervor-
ragendsten Werke sandten; seit der Preis aber
zum Ankauf von Kunstwerken herhalten muss,
schicken die grossen Ausländer nur noch ihre
leicht verkäuflichen, kleineren Werke. (!) Der Kata-
log der guten Namen ist geblieben, die Qualität
der ausgestellten Werke aber hat gelitten.« So die
von Carcano, Carozzi, Pagliano, Bazzaro, Bezzola
und Secchi gezeichnete Denkschrift, der sich aus
dem Auslande Ludwig Dill, Eilers, Habermann,
Hausmann, Paulus und Klein (Kopenhagen) ange-
schlossen haben. H. Bth.

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