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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0313

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-*-£3g> VERMISCHTE NACHRICHTEN

in der vornehmsten Gegend zur Verfügung stellte.
Nach vierjähriger Bauzeit steht das neue Provinzial-
Museum am Rande des Maschparkes und gegenüber
der künftigen Rathausgruppe vollendet da. Mit
einem Kostenaufwande von zwei Millionen Mark
ist das Gebäude in Granit und Sandstein nach den
preisgekrönten Entwürfen des Baurats Stier in
Hannover hergestellt. Der rechteckige Grundriss
misst in der Front etwa 80, an den Seiten etwa
60 m und umfasst einen geräumigen Hof, der sämt-
lichen Räumen volles Licht sichert. Vorder- und
Rückseite werden durch schmale Eckrisalite und
einen breiten Mittelbau gegliedert. Ueber der Mitte
der Vorderfassade erhebt sich eine 46 m hohe Kuppel,
welche den Ehrensaal, den repräsentativen Haupt-
raum, betont. Vor den Oberlichtsälen des obersten
Frontgeschosses zieht sich eine Reihe von zehn
figürlichen Reliefs entlang, in denen die Entwicklung
der menschlichen Kultur und Kunstbethätigung von
der prähistorischen Zeit bis auf unsere Tage in
lebensgrossen, lebendig wirkenden Gruppen dar-
gestellt ist, — weitere Reliefs an den Eckrisaliten und
in den Zwickeln über den Fenstern des Mittelbaues
ergänzen den reichen skulpturalen Schmuck der
Hauptfassade, für welchen die Bildhauer Gundelach,
Herting und Küsthardt die Modelle geliefert
haben. Das Innere des Gebäudes zeigt eine ge-
schickte Raumdisposition, welche dem Besucher
das Durchwandeln der klar und übersichtlich an-
einander gereihten Säle und Kabinette leicht und
angenehm macht. Eine zweiarmige Treppe, unter
welcher die Zugänge zu den Verwaltungsräumen
und zu einem grossen Vortragssaale liegen, führt
im grossen Vestibül zu den Sälen des ersten Ober-
stockes und durch ein halbkreisförmig in den Hof
hinaustretendes Treppenhaus hinauf zu dem er-
wähnten Ehrensaal und den rechts und links sich
anschliessenden Sälen des zweiten Geschosses. Im
ersten Stocke (über dem für Verwaltungs- und
Arbeitszwecke dienenden Parterre) sind die Skulp-
turen und die kulturhistorischen Abteilungen unter-
gebracht, — im Oberstocke vermittelt der grosse
Kuppelsaal nach links hin den Zugang zu den
naturwissenschaftlichen Sammlungen, den Sälen
für Paläontologie etc., — nach rechts zu den zahl-
reichen Oberlichtsälen und Kabinetten der Gemälde-
galerie. In nicht allzu ferner Zeit dürfte das schnelle
Wachstum der Sammlungen den Neubau eines selbst-
ständigen naturhistorischen, resp. ethnographischen
Museums erzwingen, so dass dann der jetzt be-
zogene Neubau der Kunst allein zu freier Ver-
fügung steht. — Der Kunstverein für Hannover, an
dessen Spitze der kgl. Oberpräsident Graf zu Stol-
berg-Wernigerode steht, hat auch im abgelaufenen
Geschäftsjahre wieder eine gedeihliche Entwicklung
genommen. Der soeben veröffentlichte Jahresbericht
konstatiert, dass trotz der Ungunst der Zeiten die
Mitgliederzahl um 346 zugenommen und die Ge-
samtziffer von 10541 erreicht hat. Das Vereinsver-
mögen hat sich durch die Entschädigungssumme
von 25000 M., welche für den Verzicht auf die
alten Rechte an dem früheren Provinzial-Museums-
gebäude gezahlt worden sind, auf 104479 M. erhöht;
der Haushalt schliesst in Einnahme und Ausgabe mit
165203 Mark ab. Die am 24. Februar 1901 eröffnete,
am 18. April geschlossene neunundsechzigste Kunst-
ausstellung hat 875 Kunstwerke zur Anschauung ge-
bracht; von den mit bedeutsamen Werken vertretenen
Künstlern seien die folgenden genannt: Osw. Achen-
bach, Beckerath, Eugen Bracht, Canal, Dettmann, Dou-
zette, Feldmann, Frenze!, Friese, Hamacher, Hen-
seler, Hans Herrmann, R. Hermanns, Hoffmann-
Fallersleben, P. und G. Koken, Gabr. Max, Meyerheim,

Müller-Kurzwelly, Pietschmann, Rauth, Schuster-
Woldan, Seiler, Urban, Voigt, Wenglein etc. Mit pla-
stischen Kunstwerken hatten sich Eberlein, Stuck u.a.
beteiligt. Der Verkauf gestaltete sich günstig: 46
Kunstwerke mit einem Gesamterlöse von 32665 M.
(gegen 15665 M. im Vorjahre) gingen in Privat-
besitz über. Das Gemälde »Die beiden Waisen«
von erdtelt-München wurde für das Provinzial-
Museum angekauft, >Mondaufgang am Kattegatt« von
Douzette-Barth a. d. O. erwarb die öffentliche
Kunstsammlung mit Hilfe eines Zuschusses von
1000 M., welchen der Kunstverein beisteuerte. Für
die Verlosung unter die Mitglieder des Vereines
wurden 120 Werke (Gemälde und Skulpturen) für die
Gesamtsumme von 51 000 M. erworben, der höchste
Betrag, welcher seither jeweils für diese Zwecke ver-
wendet ist. Mit dem Verkaufe von etwa 25° 0 sämt-
licher ausgestellter Werke ist demnach ein sehr
günstiges materielles Resultat erzielt worden. Als
Vereinsgabe wurde eine Radierung von Forberg
nach Osw. Achenbachs Gemälde >Villa Borghese<
an die Mitglieder verteilt; für das nächste Jahr ist
eine Mappe mit sechs Gravüren nach alten Meistern
als Prämie für die Aktionäre in Aussicht genommen.
Der Verein tritt mit seinem neuen Geschäftsjahre
in eine neue Phase seiner Entwicklung, indem er
unter Abänderung seiner alten Statuten künftighin
auch die Herstellung von Kunstwerken öffentlichen
Charakters, zunächst in der Stadt Hannover, werk-
thätig unterstützen und für diesen Zweck bis zu
5% der für den Ankauf von Kunstwerken be-
stimmten Gelder alljährlich verwenden will. Ferner
ist seiner Thätigkeit und Wirksamkeit dadurch
ein erweiterter Spielraum geboten, dass für die
Ausstellung in Zukunft die gesamten Räumlich-
keiten im ersten Obergeschosse des alten Museums
zur Verfügung stehen, wodurch es ermöglicht wird,
das so störende Umwechseln der Kunstwerke zu
vermeiden und die Ausstellung von Anfang bis zu
Ende als geschlossenes Ganzes zur Anschauung
zu bringen. Die auf das Dreifache der bisherigen
Flächen vergrösserten Ausstellungslokalitäten, in
denen grössere und kleinere Säle mit Kabinetten
wechseln, sind mit einem Kostenaufwande von etwa
20000 M. umgebaut und neu dekoriert und werden
dem Publikum einen wohligen Aufenthalt und den
ausgestellten Werken der zeitgenössischen Kunst
eine würdige Umrahmung bieten. PI.
F\RESDEN. Nachdem die Dresdener Kunstgcnos-
*-* senschaft nun schon mehrere Jahrzehnte mit
dem Plane umgegangen ist, ein Künstlerhaus zu
bauen, und auch schon mehrere Preisausschreiben
erlassen worden sind, scheint der Plan jetzt der
Verwirklichung näher gekommen zu sein. Die Stadt
Dresden hat der Genossenschaft angeboten, den seiner
Zeit von der Stadt gekauften Platz gegenüber dem
Zwinger an der Ostra-Allee gegen einen anderen in
der Nähe des städtischen Ausstellungspalastes ein-
zutauschen. Die letzte Hauptversammlung der Kunst-
genossenschaft hat diesen Plan gut geheissen. Die
jüngeren Künstler gehen darauf aus, an Stelle eines
Klub- und Gesellschaftshauses vielmehr ein Aus-
stellungsgebäude zu errichten, um dadurch für ihre
Ausstellungen unabhängig von Stadt und Regierung
zu werden. Getragen wird dieser Plan von einer
starken Strömung gegen die internationalen Aus-
stellungen, die unter den Dresdener Künstlern sich
jetzt bemerkbar macht. Die Kirchturmpolitik, die
sich damit Ausdruck verschafft, wird — wie wir
fürchten — den Errungenschaften, die Dresden den
drei bedeutsamen Ausstellungen 1897, 1899 und 1901
verdankt, wenig günstig sein. *

Redaktionsschluss: 15. Februar 1902. Ausgabe: 27. Februar 1902.
Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwartz.
Verlagsanstalt F. Bruckmann a.-o. in München, Nymphenburgerstr. 86. — Druck von Alphons Bruckmann, München.
 
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