AUS G. SEGANTINI'S SCHRIFTEN UND BRIEFEN
PAUL MERSE VON SZINYEI OCULI
Copyright Könyves Kälmän, Budapest
ihre Schmerzen, ihre Freuden und ihre Hoff- Aufwärts, junger Dichterfreund, alles ruft
nungen. Ja, verehrte Frau, ich habe die ganze Sie. Die Menge da unten geht teilnahmslos
unendliche Ebene der Traurigkeit und des vorüber und blickt nicht hinauf. Uns gehört
Schmerzes durchschritten, wo sich im Licht der Duft der Rosen und der Gedanke, der sich
der Sonne und in der Dunkelheit alle mensch- freimacht, nach oben und sich mit Schönheit
liehen Leidenschaften und Torheiten herum- umgibt, die die Natur dem gewährt, der ihr
wälzen. Ich habe die Blume im Sumpf ge- all seine wahre, tiefe und leidenschaftliche
sehen und den Sumpf sich mit Blütenblättern Liebe schenkt,
bedecken. Ich sah Blumen weinen und Wür-
mer lächeln. Ich blieb davon angeekelt, ver- Die Kunst ist die Liebe in Schönheit ge-
zagt und müde, mit verlorenem Glauben, zer- hüllt.
rissenen Herzens und mit der klaren Vor- Das wahre Kunstwerk besteht durch sich
Stellung zurück, daß die Gesellschaft ein elen- selbst und nicht durch die Wertschätzung
des Ding sei, und nur da, wo sie nicht böse, von heute und morgen. Damit will ich
dumm und empfindungslos ist, das Leben Wert sagen, daß man mit jedem Motiv, sei es
haben kann durch den Genuß intellektueller historisch, religiös, phantastisch oder reali-
Empfindungen. Das ist der Grund, weshalb stisch, ein Meisterwerk schaffen kann,
ich einsam wurde. + t
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PAUL MERSE VON SZINYEI OCULI
Copyright Könyves Kälmän, Budapest
ihre Schmerzen, ihre Freuden und ihre Hoff- Aufwärts, junger Dichterfreund, alles ruft
nungen. Ja, verehrte Frau, ich habe die ganze Sie. Die Menge da unten geht teilnahmslos
unendliche Ebene der Traurigkeit und des vorüber und blickt nicht hinauf. Uns gehört
Schmerzes durchschritten, wo sich im Licht der Duft der Rosen und der Gedanke, der sich
der Sonne und in der Dunkelheit alle mensch- freimacht, nach oben und sich mit Schönheit
liehen Leidenschaften und Torheiten herum- umgibt, die die Natur dem gewährt, der ihr
wälzen. Ich habe die Blume im Sumpf ge- all seine wahre, tiefe und leidenschaftliche
sehen und den Sumpf sich mit Blütenblättern Liebe schenkt,
bedecken. Ich sah Blumen weinen und Wür-
mer lächeln. Ich blieb davon angeekelt, ver- Die Kunst ist die Liebe in Schönheit ge-
zagt und müde, mit verlorenem Glauben, zer- hüllt.
rissenen Herzens und mit der klaren Vor- Das wahre Kunstwerk besteht durch sich
Stellung zurück, daß die Gesellschaft ein elen- selbst und nicht durch die Wertschätzung
des Ding sei, und nur da, wo sie nicht böse, von heute und morgen. Damit will ich
dumm und empfindungslos ist, das Leben Wert sagen, daß man mit jedem Motiv, sei es
haben kann durch den Genuß intellektueller historisch, religiös, phantastisch oder reali-
Empfindungen. Das ist der Grund, weshalb stisch, ein Meisterwerk schaffen kann,
ich einsam wurde. + t
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