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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Mössel, Julius: Die Farbe als Bauelement (Auszug): eine Betrachtung mehr für Architekten als für Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0035

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Julius rrtöffel-

26. Glasfeustcr.Entwurf von Julius tNöffel.

wenn wir znr aufgetragenen Farbe greifen, haben
wir die Möglichkeiten erschöpft, haftet den natur-
farbenen Baustoffen, selbst bei mißlungener Farben-
zusammenstellung, durch ihre baulich berechtigte An-
wendung ein gewisses eigenes Recht an, so ist im
Gegensatz dazu die aufgetragene Farbe genötigt,
solche Berechtigung durch vernünftige Anwendung
doppelt zu erweisen. Erstens mit ihrer Anpassungs-
fähigkeit den Raum mit ausbauen zu helfen und
zweitens durch gegenständlichen Reiz den Beweis
der Berechtigung eigener Existenz zu führen, so-
bald wir über die Anwendung einfacher Tonwerte
hinaussehen, muß die Farbe eigene Formen an-
nehmen. Ihr eigentlichstes Lebenselement ist die
Fläche, worin ihre immerhin beschränkte und bedingte
Bedeutung in der Architektur erscheint. Sie ist
schlechthin das Mittel des Ausdruckes auf der Fläche.
Mir können eine Farbe allein setzen, mehrere neben-
und durcheinander, müssen uns aber entscheiden,
welches Nebeneinander, welche Entwicklung und

Steigerung wir wählen wollen und können. Die
jJroblemstellung geht von der Grundtendenz der Fläche
aus. Die Basis der Tätigkeit der Farbe ist immer
das Verhältnis und die Funktion der Bauglieder
im Gesamtverband der Architektur. Diese bringt
durch sinngemäße Anordnung ihrer Bauglieder stets
klar den Zweck zum Ausdruck. Die hinzutretende
Farbe hat innerhalb der von diesem Willen nach
Ausdruck und Alarheit bestimmten Begrenzung und
innerhalb ihrer eigenen Dynamik ihr Arbeitsfeld.

Wir wissen also, daß je nach der Tendenz des
Baugliedes die farbige Überarbeitung, wenn sie nicht
falsch sein soll, dieser Tendenz folgen muß. Wir
werden dann eine rechtwinkelige Decke in Felder teilen,
Mittelpunkt oder Achsen betonen, eine Tonne ähnlich
behandeln, ihre horizontale oder ihre vertikale Ten-
denz unterstützen, eine achteckige Decke oder eine
Auppel konzentrisch oder rotierend, aus irgendwelchen
Ursachen entstandene zu kurze Verhältnisse strecken
helfen, zu groß geratene unterteilen. An den Wänden
 
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