Hane Schwegerke.
(Von Or. (Mapimikian Aßrem.
nun schon seit Jahren in München
ätige Bildhauer pans Schwegerle
st infolge seiner rastlosen Arbeit,
nit der er sein Talent zu immer
eiferen: Können ausbildete, eine
»ekannte Persönlichkeit in unserem
Kunstleben geworden. Kürzlich hatte er eine Kollek-
tion seiner Arbeiten in der Kunsthandlung peinemann
ausgestellt, und an dieser Stelle soll als Ergänzung
eine Anzahl seiner Werke zusannnengestellt werden.
Schwegerle besuchte die Akademie zu München und
schuf schon in seinen Studienjahren bemerkenswerte
Arbeiten, in denen als Anlage enthalten ist, was er
später vollkommen zur Entwicklung brachte. Eine
seiner ersten Arbeiten „Der verlorene Sohn", das Werk
eines Neunzehnjährigen, wirkt durch seine ruhig vor-
nehme Behandlung. Man sieht, daß es dem Künstler
darauf ankam, eine sitzende Gestalt in ihrem organischen
Sein, in ihrer Geschlossenheit als selbständige Form
wiederzugeben und dabei zu achten aus die Funktionen
des Knochengerüstes und der Muskeln. Es deutet sich
hier schon das Streben des Künstlers an, eine Gestalt
von innen heraus zu formen und nicht auf eine geist-
reiche aber zusammenhangslose Behandlung der bloßen
Oberfläche auszugehen. Die Erscheinungen auf der
Oberfläche sind gebunden an den Bau des ganzen
Organisnms, dessen Struktur von den Knochen be-
dingt, von den Muskeln gehalten und bewegt wird.
*) Da sämtliche Bilder dieses Heftes (Abb. 2\\—2<)2)
Hans Schwegerle zum Urheber haben, so unterbleibt die fernere
Nennung des Namens.
Und dieses ganze Gerüst, dieses lebendige Bauwerk
liegt eingeschlossen in einer weicheren pülle, auf der
sich leise der innere Raum wie in einer einkleidenden
Fassade widerspiegelt. Die Aufgabe des Plastikers
nun ist es, in dieser Fassade die dahinter steckenden
Massen lebendig zu machen. Es ist ein Glück für
den Bildhauer, wenn er schon im Anfang seiner
Tätigkeit sachlich und bescheiden, ohne auf seine sub-
jektiven Ideen und Träume, die den Schüler immer
verleiten, über sein Können hinauszugehen, zu achten,
in dieses Leben eines organischen Bauwerkes, der
inenschlichen Gestalt, sich vertieft. Eilt solches Studium
hält für ein ganzes Leben vor und behütet davor,
den festen Boden der plastischen Kunst zu verlassen.
Diese Grundlage hat sich Schwcgerle durch sein Studium
erworben zu einem dauernden Besitz. Wenn er nach
dieser Zeit wie so viele andere, ja wie fast jeder
Künstler der jüngeren Generation, von Rodin sich be-
einflussen ließ, so hatte er doch an seiner ersten Grund-
lage einen palt, der ihn verhinderte, vollständig in
die Bahnen einer malerischen Technik einzubiegen.
Die neuere französische Plastik lehrt, zu welchen Re-
sultaten eine Nachahmung und Weiterführung Ro
dinscher Prinzipien die Plastik bringen kann. Sie ist
nur Oberflächenkunst geworden und sucht auf alle
iitögliche Weise zu frappieren und zu verblüffen,
während ihr die innere Solidität fehlt. Schwegerle
vernned diesen Weg, da er mit richtigem Instinkt
erkannte, daß Rodin eine letzte Möglichkeit war, eine
subjektive Größe, die aus innerer Notwendigkeit ihren
Stil bildete, um ihre eigene wirklich große Welt leben-
dig zu tnachen. Bei jeder anderen Natur aber mußte
sein Stil zur Äußerlichkeit herabsinken, denn der große
Beweger und Bändiger stand nicht niehr hinter den
Formen, die nun in einer bloß geborgten Leidenschaft
Kunst und handiverk. 62. Jabrg. Hefk 5.
125
20
(Von Or. (Mapimikian Aßrem.
nun schon seit Jahren in München
ätige Bildhauer pans Schwegerle
st infolge seiner rastlosen Arbeit,
nit der er sein Talent zu immer
eiferen: Können ausbildete, eine
»ekannte Persönlichkeit in unserem
Kunstleben geworden. Kürzlich hatte er eine Kollek-
tion seiner Arbeiten in der Kunsthandlung peinemann
ausgestellt, und an dieser Stelle soll als Ergänzung
eine Anzahl seiner Werke zusannnengestellt werden.
Schwegerle besuchte die Akademie zu München und
schuf schon in seinen Studienjahren bemerkenswerte
Arbeiten, in denen als Anlage enthalten ist, was er
später vollkommen zur Entwicklung brachte. Eine
seiner ersten Arbeiten „Der verlorene Sohn", das Werk
eines Neunzehnjährigen, wirkt durch seine ruhig vor-
nehme Behandlung. Man sieht, daß es dem Künstler
darauf ankam, eine sitzende Gestalt in ihrem organischen
Sein, in ihrer Geschlossenheit als selbständige Form
wiederzugeben und dabei zu achten aus die Funktionen
des Knochengerüstes und der Muskeln. Es deutet sich
hier schon das Streben des Künstlers an, eine Gestalt
von innen heraus zu formen und nicht auf eine geist-
reiche aber zusammenhangslose Behandlung der bloßen
Oberfläche auszugehen. Die Erscheinungen auf der
Oberfläche sind gebunden an den Bau des ganzen
Organisnms, dessen Struktur von den Knochen be-
dingt, von den Muskeln gehalten und bewegt wird.
*) Da sämtliche Bilder dieses Heftes (Abb. 2\\—2<)2)
Hans Schwegerle zum Urheber haben, so unterbleibt die fernere
Nennung des Namens.
Und dieses ganze Gerüst, dieses lebendige Bauwerk
liegt eingeschlossen in einer weicheren pülle, auf der
sich leise der innere Raum wie in einer einkleidenden
Fassade widerspiegelt. Die Aufgabe des Plastikers
nun ist es, in dieser Fassade die dahinter steckenden
Massen lebendig zu machen. Es ist ein Glück für
den Bildhauer, wenn er schon im Anfang seiner
Tätigkeit sachlich und bescheiden, ohne auf seine sub-
jektiven Ideen und Träume, die den Schüler immer
verleiten, über sein Können hinauszugehen, zu achten,
in dieses Leben eines organischen Bauwerkes, der
inenschlichen Gestalt, sich vertieft. Eilt solches Studium
hält für ein ganzes Leben vor und behütet davor,
den festen Boden der plastischen Kunst zu verlassen.
Diese Grundlage hat sich Schwcgerle durch sein Studium
erworben zu einem dauernden Besitz. Wenn er nach
dieser Zeit wie so viele andere, ja wie fast jeder
Künstler der jüngeren Generation, von Rodin sich be-
einflussen ließ, so hatte er doch an seiner ersten Grund-
lage einen palt, der ihn verhinderte, vollständig in
die Bahnen einer malerischen Technik einzubiegen.
Die neuere französische Plastik lehrt, zu welchen Re-
sultaten eine Nachahmung und Weiterführung Ro
dinscher Prinzipien die Plastik bringen kann. Sie ist
nur Oberflächenkunst geworden und sucht auf alle
iitögliche Weise zu frappieren und zu verblüffen,
während ihr die innere Solidität fehlt. Schwegerle
vernned diesen Weg, da er mit richtigem Instinkt
erkannte, daß Rodin eine letzte Möglichkeit war, eine
subjektive Größe, die aus innerer Notwendigkeit ihren
Stil bildete, um ihre eigene wirklich große Welt leben-
dig zu tnachen. Bei jeder anderen Natur aber mußte
sein Stil zur Äußerlichkeit herabsinken, denn der große
Beweger und Bändiger stand nicht niehr hinter den
Formen, die nun in einer bloß geborgten Leidenschaft
Kunst und handiverk. 62. Jabrg. Hefk 5.
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