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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Mössel, Julius: Die Farbe als Bauelement (Auszug): eine Betrachtung mehr für Architekten als für Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0042

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Julius irtöffel.

42 u. 4L. Drei allegorische Bilder; von Jul. Müssel.

muß, daß Illusionserweckung im Raume nicht
zu Täuschungen führen darf, daß demnach gerade
die höchste Vervollkommnung der autonomen Farbe
der Idee der Architektur der feindlichste ist, steht als
Tatsache sicher. —Die Maler sehen die Architektur
nur mit ihren Augen, wenn schon als Emanation
formbildender Kräfte, auch mit Verständnis für ihre
Schönheit. Aber daß ihr jJinsel und ihre Farbe auch
nur ein Mittel der nach allen Ausdrucksmöglichkeiten
greifenden Architektur ist, lehnen sie als herab-
würdigend ab. Als klassisches Beispiel dafür, wie
die beiden Künste den Zusammenhang verloren haben,
mag Max Klinaers Malerei in der Leipziger Uni-
versität dienen, die in ihrer Selbständigkeit Bauelement
eben nicht ist. Das malerische Kunstwerk mag in
jedem, im höchsten Sinne gelungen sein, die Wand
ist durchschlagen, die Fläche ist nicht mehr da. —

-Der auf der Fläche allein denkende Künstler

sieht in einer Linie, wie der mit der Reißschiene ge-
zogenen etwa, schon das fertige der Erscheinung, er-
sieht sie nur in farbiger Beziehung oder schließlich
auch ornamental, ohne in den meisten Fällen jedoch
für die Wirkung des Vorganges über die Begrenzung
der Fläche hinaus Verständnis zu gewinnen.

Der Architekt dagegen, dem der Riß auf dem
jJapier nur eine Hilfe zum plastischen Denken als
Erinnerungsnotiz in den tausend Erfordernissen
eines Baues, Niederschrift eines programmes ist,
weiß, was der Strich, den er zieht, plastisch für eine
voraussichtliche Wirkung machen wird. Dem einen
genügt die Erscheinung als Wert an sich, dem an-
dern ist es nur ein Mittel zum Zweck, ein Symbol,
der Buchstabe eines Alphabets. Beide Anschauungen
können gelten, aber einseitig betrachtet und behan-
delt schließen sie einander gegenseitig aus. Man ver-

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