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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Mössel, Julius: Die Farbe als Bauelement (Auszug): eine Betrachtung mehr für Architekten als für Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0044

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Julius ITCöffel.

43. (Zu Abb. m.)

tuelle Wirkung der Oberfläche ist, beweist die Be-
deutung, die der Architekt der Wahl seines Haffaden-
steines zumißt. Um wieviel mehr steigt die Schwierig-
keit im Innenausbau, wenn man der unendlichen
Möglichkeiten, des Reichtums von Baustoffen ge-
denkt, an ihr Nebeneinander, an ihr gegenseitiges
Sichdurchdringen, ihre farbige Gegensätzlichkeit, die
autonome Farbe und die Notwendigkeit, alles zu-
sammenzufassen zu harmonischer Einheit.

Jul. Mössel.

Nachwort.

Die Perioden puritanischer Enthaltsamkeit von
jedem Schmuck, die asketische Verneinung aller orna-
mentalen Hilfsmittel, die doch nur im falschen Sinne
verwendet, zweifelhafte Bereicherung der Ausdrucks-
mittel bedeuten, sind vorüber. Vorher verzichtete
man auf die anfangs so gepriesene naturalistische

Ornamentik, die von allem mißverstandenen Stil-
wust der Vergangenheit befreien sollte und doch
selbst nicht mehr als ephemeren Wert befaß und
unabsichtlich dazu führen mußte, die Grenzen zwischen
künstlerischem Wert und dilettantischem Eifer klar
erkennen zu lehren. Denselben übertriebenen Wert
legte man lange Zeit rein geometrischen Formele-
menten bei, um inr Augenblick die Spirale für allen
und jeden Zweck zu mißbrauchen. Wie in weit
zurückliegenden historischen Zeiten sich aus der reichen
Spiralornamentik das freie graziöse hellenische und
römische Rankenwerk entfaltete, so mag es wohl
kommen, daß wir uns aus dem allzu einseitig geo-
metrisch Nüchternen zu größerer Freiheit und Leben-
digkeit, ohne Rückfälle in rohen Naturalismus, wen-
den werden, wozu es an Anzeichen nicht fehlt. Genau
besehen — die Mißgriffe des Naturalismus für die
Vergangenheit ausgenommen —, stehen wir in orna-

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