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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Erbstein, Ambros: Adel und Volk in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0034

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Die Bayerische Gewerbeschau München *9^2.

52 u. 53. Sitzendes Mädchen und Prinzeßchen; von Emil G>
und Elfenbein; im übrigen vgb

eine klassische Selbstbeschränkung erscheint, ist in
Wirklichkeit bloß das gezügelte Sirebeit, ein genau
bestimmtes Gefühl und sonst nichts weiter auszu-
drücken.

Für unser Volk ist somit der wichtigste Prüf-
stein für die Aunst nicht die Schönheit, sondern das
Leben, die schäumende Lebenskraft und die Kenn-
zeichen der Anteilnahme des Volkes an dem Schaffen
des Werkes. Man mag die Gotik bewundern oder
nicht, doch wenn wir uns fragen würden, ob sie sich
aus den unverfälschten Quellen der Araft und Leben-
digkeit offen und freimütig nährt, ob sie die Auf-
gabe erfüllt, die die Natur mittels der Aunst durch
unser Volk erfüllen will, uns gleichsant mit der Er-
füllung betraute, dann werden wir auf diese Fragen
niit einem 3« antworten. Ein Nein ist nicht denk-
bar. Ein gotisches Aunstwerk anfehen heißt be-
greifen, daß die Natur die Aunst der Nordländer
demokratisch haben wollte. Das ist der allerwichtigste
Punkt. Die bewußte Pflege der sogenannten schönen
Aünste, die mit dem völkischen Leben nichts gemein
haben und von andern als den für die nordische
Aunst bestimmten Quellen genährt werden, hat die

eigcr, tVolfratshausen. Material im wesentlichen Speckstein
Abb. 5(. (Halbe wirk!. Größe.)

moderne Aunst zu einem schwächlichen, blutarmen
Dinge gemacht. Die vielen Versuche und Launen
in der Aunst der letzten Jahrzehnte haben unsere
ästhetische Erkenntnis nicht um einen Schritt weiter
gebracht, und die moderne Aritik hat keine festum-
schriebenen Gesetze, noch irgendeine ästhetische Form
verkünden können. In dem hilflosen Zustande, in
dein sich die moderne Aunst befindet, konnten immer
neue Schulen entstehen, in denen eine Eligue oder
eine Aoterie die Herrschaft führte und die angeblich
wahrhafte Aunst gefunden zu haben behauptete.
Aber es wird dennoch bei uns auch im Reiche der
Aunst täglich immer Heller. In deni Maße, als
die Demokratie fortschreitet, das freie Bürgertum sich
selbst wieder aufrichtet, werden auch die alten
Zeichen der Anteilnahme und der Lebenskraft des
Volkes in den inehr praktischen Zweigen der Aunst
wieder erscheinen. In der zeitgemäßen Entwicklung
der Demokratie liegt die beste Hoffnung für unsere
Aunst.
 
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