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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Segmiller, Ludwig: Der Fingerring
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0196

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297. Kopfleiste; von Ferdin. Nockher.

j,n der älteren Bronzezeit (erste Hälfte
des 2. Jahrtausends v. Ehr.) fin-
den wir den Ring in Europa als
Schmuck der Männer und grauen.
Er wird als pals- und Finger-
ring getragen, dient
aber auch als Zier an Armen und
Mützen. Der Armring, spiralförmig
gewunden, war jedoch nicht nur ein
Schmuck- sondern ein Austauschmittel,
also Geld. Der in sich selbst zurück-
laufende Ringkörper gab zu allen
Zeiten und bei allen Völkern Anlaß
zu sinnbildlichen Deutungen. Die Ägyp-
ter, Znder, besonders die Brahmanen,
ferner die alten Perser betrachteten ihn
als Symbol der Ewigkeit. Bei den
Persern, den Germanen, in Skandi-
navien und in Zsland 'galt er als
Bekräftigung des Eides, auch als
Zeichen der Treue. (Daher heute noch
der Verlobungs- und Ehering.) Auch
als Zeichen des Gebundenseins be-
trachtete man ihn; so trugen die samo-
thrakischen Mysten den Ring als pin-
weis inniger Verbindung mit der
Gottheit, gleichsam ein Limnlus ponti-
ficalis.

Dem Ehering kommt im Sinne
unlösbarer Verbindung weltlich eine
ähnliche Bedeutung zu. Sogar den
Sinn der Unterwerfung und der Un-
freiheit legte man diesem Schmuckstück
unter. Der Gebrauch von Bann- und
Zauberringen ist allenthalben bekannt,
pebbel verwertet die Araft eines
solchen dramatisch in seinem Gyges.
päufig finden wir den Ring als Legi-
timation; lange Zeit galt der Smaragd-
ring in Persien als Reisepaß. Andere
sinnbildliche Deutungen sind nicht sel-

298. Ringe aus Mykenä;
in Gold eingetiefte Darstel-
lungen. Vriginalien teils
im Nationalmuseum zu
Athen, teils im kretischen
Museum zu Landia.

ten; so warf z. B. in Venedig ein Doge am Pimmel'
fahrtstag einen Ring ins Meer als Gleichnis der
Vermählung der Republik Venedig mit dem Meere.

Eine mehr praktische Bedeutung kam dem Siegel-
ring zu, der daher bei vielen Völkern im Gebrauch
einen breiteren Raum einnahm. Pier
unterscheidet man hauptsächlich zwei
Arten, den Stockring, zu dem z. B. die
Gemmen- und Wappenringe gezählt
werden, dann den Walzenring, der be-
sonders in Babyloir, Assyrien und
Ägypten, aber auch anderwärts ge-
braucht wurde. Das Zierstück dieser
Ringe besteht aus einer kleinen
Malze aus Edel- und palbedelstein,
auf der ein Siegel oder ein Schrift-
satz eingegraben ist, der beim Ab-
rollen auf Wachs abgelesen werden
kann.

Alle erdenklichen Materialien
dienten zur Perstellung von Ringen:
Edelnretall, Bronze, Eisen, Zinn,
Blech, Bernstein, Bein, porn, Elfen-
bein, Entail. Die Entstehung des
Fingerringes sowie die Zeit seiner
Entstehung ist nicht einwandfrei fest-
gestellt. Die Entwicklung des Ringes
in Ägypten gewährt jedoch Einblick
wenigstens in eine Entstehungsweise.
Schon in der Urzeit trug man in
Ägypten Fingerringe. Zm Grab von
Abusir el Melec wurden z. B. schon
vier glatte Elfenbeinringe zwischen den
Fingern eines Bestatteten gefunden. Zn
den Funden aus der Zeit des alten
Reiches fehlt Schmuck fast gänzlich,
damit auch Ring und Fingerring. Die
Exemplare, welche aus dem mittleren
Reich erhalten sind, werden hinsichtlich
ihrer ägyptischen perkunft mit Recht
stark angezweifelt.


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Kunfl und Handwerk. 63. Iahrg. Heft 5.
 
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