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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Welch starke Rünstlerpersönlichkeit Welti war,
spüren wir aufs neue beim Durchblättern des hand-
lichen Mappenwerks „Aus Weltis Leben", fünfzig
Blätter seiner bsand sind hier vereinigt, Exlibris
(einige davon sind in früheren Jahrgängen von Runst
und Handwerk reproduziert gewesen) und allerlei
Gelegenheitsblätter, wie er sie seinen freunden zu
Neujahr, bei Wohnungwechsel und so zu schicken
pflegte; auch manches Blatt, das nichts anderes ist
als in künstlerischen Ausdruck umgesetztes inneres
Erleben oder lustig-kritische Glosse zu allerhand Ge-
schehnissen, die in sein Leben eingriffen. Und da
Leopold Weber, Weltis vertrauter freund, dazu einen
ausführlichen biographischen Text schrieb, der mit
seiner bildkräftigen, gesunden und wohltuend phrasen-
losen Sprache wie der Ausdruck von Weltis eigenem |
Wesen wirkt, schließen sich Text und Bild gleichsam
zur Einheit einer persönlichkeitdurchtränkten Selbst-
biographie zusammen. Es ist ein auserlesener Genuß,
Weltis Radierungen zu studieren, ihren geistigen |
Gehalt nachzuerleben. Die Blätter sind, soweit es [
sich um Wiedergabe der Radierungen handelt sin }
dem Werke sind auch Zeichnungen aus seiner Rinder-
und dann aus der Münchner Akademiezeit enthalten)
in der Technik eines vollkommenen Tiefdrucks her-
gestellt, der nicht nur die Tonwerte, sondern gerade- |
zu den Materialreiz der Driginalradierung wieder- I
gibt. All diese Gelegenheitsradierungen zeigen eine
Fabulierfreude sondergleichen, eine Rraft des künstle-
rischen Gestaltens köstlicher Einfälle, grimmigen Ernst
und frohen Humor; jede Figur ist voll Lebendigkeit,
und nie vermissen wir die makellose Richtigkeit der |
Horm, wie das bei andern Rünstlern so manchmal der !
Hall ist. Seine Exlibris geben das, was als feinstes
künstlerisches Gesetz für die Gestaltung eines Ligner-
zeichens gelten sollte: das Wesen des Besitzers, wie es
in wünschen lebt und in Taten sich nach außen kund-
gibt, zu charakterisieren. Traumhafte Schönheit liegt
oft in Weltis Radierungen; selbst da, wo er die
Handlung im Vordergründe des Blattes voll Satire
keck und wild hinwirst, schließen den Hintergrund
innig-fein radierte Landschaften, die über allem wie
ein ewig Symbol der Weltschönheit leuchten.

Zu kristallklar tiefen Schöpfungen ist Weltis
innerer Reichtum in seinen Tafelbildern und großen
Radierungen gestaltet. Die meisten dieser Werke,
die in Schweizer Museen (leider in keinem einzigen
deutschen!) oder in Privatbesitz sich befinden, sind in
der vom Runstwart herausgegebenen Welti-Mappe
durch (20) Nachbildungen, teils in sorgfältigem Vier-
farbendruck, teils in Autotypie, die großen Radie-
rungen in Tiefdruck vertreten. Wir finden darin
das Haus der Träume, den sonnigen Brautzug, den

9,07. Lüster; Bronze und Glas;
nach Entwurf von Fritz Neumüller ausgeführt von
g. !vinhart & Lo. (Vio d. wirkt. Größe.)

Geizhals, die Walpurgisnacht, die Rönigstöchter: es
sind Spiegelbilder des menschlichen Lebens in seiner
Gesamtheit, des Lebens, wie es sich innerhalb Gene-
rationen abspielt, durch des Rüustlers seelisches Schauen
in eine einzige, reiche Bilderscheinung gebannt. Der
Mensch in seinem Tun, in seinem Träumen, im
innigen Verhältnis zur umgebenden Landschaft, das
sind die harmonisch klingenden Themen in Weltis
Bildern; erschütternd und doch voll Wohlklang sind
sie, wo er das ewige Thema Mensch und Tod an-
schlägt, in den „Penaten", dem schönen und nicht
teuren farbigen Vorzugdruck des Runstwarts, in den
großen Radierungen „Gang zum Hades", im „Alten
Geiger". In der Romposition wirkt er altmeisterlich
und ist doch ein Eigener, die leuchtenden Farben
aber hat er sich ganz sicher nicht in der Münchner
Akadentiezeit, sondern bei Böcklin erworben, bei dem
 
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