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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Messerer, Ernst: Franz Ringer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0333

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Franz Ringer.

dorren und versklavt dann die persönlich säst- und
kraftlosen Gestalten in die Tretmühle eines aufreibenden
Tagewerks. Gr meint, die gequälten Menschen müßten
sich mit narkotischen Mitteln darüber hinwegtäuschen.
Ich aber meine mit Ringer: Gs bedarf, um den
Menschen aus dem widerlichen Interessenkampf, aus

6\6. Entwurf für eine Türfüllung für ein Musikalienschränkchen;
von Franz Ringer (Gotisierte Flachschnitzerei).

dem stillosen Gehaste und Getriebe des Alltags her-
auszuführen, nur des Hinweises auf das Schöne,
durch Runst Veredelte, auf den Frieden eines ästhetisch
durchgebildeten Raums, auf eine das Gemüt an-
sprechende räumliche Umgebung. Wer, wie Ringer,
an diesen Dingen arbeitet, arbeitet mit für das Glück
des Menschen, für feine Zufriedenheit, für die Schaffung

behaglicher Stimmungen, an der die Menschheit so
bettelarm. Gr arbeitet, wie Gtto Grautoff in seiner
Abhandlung über RingerS) mit anderen Morten sagte,
für das menschliche Bedürfnis nach Freude, Trau-
lichkeit und Gemütlichkeit, und zwar, wie rühmend
hervorzuheben fei, auch für das Bedürfnis des mäßig
Bemittelten, der mit niedrigeren Summen als runden
Hundertern zu rechnen gezwungen ist.

Gs entspricht Ringers Wesen, der jeder Gffekt-
hascherei abhold, daß er nicht unter den Rünstlern
der Tagesmode figuriert. Gr hat sich seinen Rünstler-
ruf allein durch seine Arbeit errungen. Dem Gemüts-
menschen, der er ist, lag und liegt es ferne, sein
Rönnen geschäftsmäßig auszunutzen. Sein vornehmer
Tharakter drängt zum stillen Schaffen, zu einer wohl
allzu bescheidenen Reserve.

Seinem äußeren Lebensgang fei entnommen,
daß er, am 2fi. Mai f865 zu München als Sohn
eines Schreinermeisters geboren, zuerst eine gediegene
handwerkliche Grziehung genoß, bald aber aus
innerem Drange zur Bildhauerei überging, wobei
ihm Prof. Rrauß-Aachen und Prof. v. Rramer-
München Lehrer und Förderer waren. Also ein idealer
Werdegang für einen pandwerkskünstler, ganz im Sinne
eines Morris und Ruskin. Ringer liebte es, seine
bildhauerischen Grzeugnisse, um Leben und Ausdruck
zu erhöhen, farbig zu bemalen. Aus dieser Übung
heraus entstand bei ihm eine große Vorliebe für die
Malerei, der er sich mit ganzer Seele ergab. So
ist im Laufe der Zeit neben dem Bildhauer ein durch-
aus ernst zu nehmender Maler geworden, von dem
nur zu bedauern ist, daß er fein malerisches Rönnen
viel zu viel im verborgenen blühen läßt und daß
er seine trefflichen Bilder nicht einem größeren Pu-
blikum durch Ausstellen zugänglich macht. Der Bild-
hauer hat wohl sehr bald die natürlichen Grenzen
der plastischen Darstellbarkeit lästig gefühlt, und schon
sein reiches Gefühlsleben wird ihn gedrängt haben,
zum Pinsel zu greifen, für den ja nichts undarstellbar
ist. Mit den zahllosen Tönen der Farbe ^ann man
ja auch der üppigsten Gefühlsskala zum Ausdruck
verhelfen. Dem Maler Ringer kam anderseits wieder
das formensichere Rönnen des Bildhauers zugute.
Dieser prüft mit jeder Bewegung des Modellierholzes
die Rontur, ihre Belebtheit, ihre Ausdruckskraft, prüft
die plastische Wirkung des Gntstehenden und wägt
Tiefen und pöhen nach den Gesetzen der inneren
Ronstruktion gegeneinander ab. Aus dieser Schulung
des Formsinns erwuchs Ringer eine fabelhafte Sicher-
heit in der Zeichnung, in der Verteilung von Licht
und Schatten, in der Wahrheit der dargestellten Be-
wegungen, Gigenschaften, um die ihn manch berühmter *)

*) Kunst und Handwerk, ;<)03, Heft
 
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