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Die Kunde — N.F.8.1957

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Heft 1-2
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Haarnagel, Werner: Die Spätbronze-, früheisenzeitliche Gehöftsiedlung Jemgum b. Leer auf dem linken Uferder Ems
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https://doi.org/10.11588/diglit.71125#0008

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Die spätbronze-, früheisenzeitliche Gehöftsiedlung
Jemgum b. Leer auf dem linken Ufer der Ems
Von Werner Haarnagel, Wilhelmshaven
Mit 8 Plänen und 8 Tafeln
Einleitung
Am 16. Juli 1953 wurde die Niedersächsische Landesstelle für
Marschen- und Wurtenforschung durch den Redakteur Dr. Risius in
Weener benachrichtigt, daß beim Tonbaggern in einer Ziegeleigrube
in der Nähe des Dorfes Jemgum in einer Tiefe von 1,0 bis 1,5 m unter
Oberfläche zahlreiche vorgeschichtliche Scherben und Knochen zutage
gefördert worden seien. Die Besichtigung des Geländes am folgenden
Tage ergab, daß dort durch den Bagger eine urgeschichtliche Sied-
lung angeschnitten und zum Teil bereits abgetragen war, die nach
der in der Ziegeleifläche liegenden Keramik der ausgehenden Bronze-
zeit angehören mußte. Diese Feststellung war deswegen von ganz
besonderer Bedeutung, weil bisher im deutschen Küstengebiet der
Nordsee keine Siedlung dieses Alters nachgewiesen werden konnte.
Man glaubte bis zu dieser Entdeckung, daß die Marsch, das vom
Meer abgelagerte Festland, im deutschen Küstengebiet erstmals in
der Spätlatenezeit, also etwa seit dem 2. Jh. v. Chr., besiedelt
wurde. Durch den Fund bei Jemgum wurde demnach nicht nur eine
Siedlung aus dem Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit gefunden,
sondern vor allem auch erstmals ein Beleg dafür erbracht, daß es be-
reits vor der Spätlatenezeit eine Festlandsperiode gab, in der
Menschen ohne Sturmflutgefährdung das Küstengebiet bewohnen
konnten. Diese neue Erkenntnis ist sowohl für die Entwicklungs-
geschichte der südlichen Nordsee als auch für die Siedlungsgeschichte
des Landstreifens am Saume der Nordsee, der durch den Angriff der
Tideströmungen und Sturmfluten einer ständigen Umformung unter-
worfen ist, von unschätzbarem Wert. Die Niedersächsische Landes-
stelle versuchte daher, den Fundplatz durch eine umgehend einge-
leitete Grabung zu erschließen. Leider waren die aus dem laufenden
Etat zur Verfügung stehenden Mittel gering, so daß nur ein kleiner
Teil der Siedlungsfläche untersucht werden konnte. Erst im Frühjahr
des Jahres 1954 war es möglich, durch Unterstützung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft mit einer planmäßigen Untersuchung und
der Abdeckung des vom Bagger angeschnittenen Teilabschnitts der
Siedlung zu beginnen.
Im Jahre 1953 übernahm Herr Dr. Marschalleck die örtliche Gra-
bungsleitung. Herr Dr. G. Jacob-Friesen wurde vorübergehend mit
seinen Hilfskräften von der Grabung Emden hinzugezogen, um die
Aufnahme der Fundergebnisse wegen der schlechten Witterung und
des ansteigenden Grundwassers zu beschleunigen. Weiterhin erwarb
sich Herr Lehrer Strycker, Jemgum, um die Grabung Verdienste. Er
beaufsichtigte im Jahre 1953 die Bagger in der Ziegeleifläche, barg
die Funde und übernahm während der Grabung im Jahre 1954 die

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