gefunden sein, slawisch sind sie nicht, oder sie würden nicht in War-
wickshire gefunden sein: nur ein Volkstum bleibt übrig — sie sind
an der einen wie anderen Stelle sächsisch."
Vermutlich sind Sie erstaunt gewesen, daß Kemble hier von der
Lüneburger Gegend spricht, in der die Urnen gefunden wurden,
die nicht keltisch sein können. Das ist kein „geographisches" Ver-
sehen von Kemble. Er kannte Niedersachsen genau und hätte nicht
fälschlich Stade in die Lüneburger Gegend versetzt. Es handelt sich
hier um einen — sagen wir mal — Schönheitsfehler in der Beweis-
führung, der durch den allgemeinen Stand der damaligen Forschung
bedingt ist. Ich will darauf hier nicht eingehen, ebenso nicht darauf,
daß Kemble die Perlberger Funde zu spät datierte.
Trotz dieses Schönheitsfehlers und der unrichtigen Datierung aber
glaube ich behaupten zu dürfen: Mit den eben verlesenen Sätzen hat
Kemble die archäologische Betrachtung der sächsischen Uberwande-
rung nach England sozusagen in den Sattel gehoben.
Und somit sind wir als Sachsenforscher ihm zu besonderem Dank
verpflichtet.
Wir sind es aber noch aus einem anderen Grunde. Wenige Wochen,
bevor Kemble in Dublin bei Vorarbeiten für eine Ausstellung kelti-
scher und römischer Altertümer am 26. März 1857 einer Lungenent-
zündung erlag, hatte er dort (am 9. Februar) in der Irischen Akademie
einen Vortrag gehalten, der nach seinem Tode gedruckt wurde. Er
schließt so: „ ... wenn unsere Studien zu mehr als einem arbeits-
reichen, aber nutzlosen Zeitvertreib werden sollen, ist es notwendig,
daß wir uns ernstlich als alle auf ein Ziel in einem Geiste hin-
arbeitend begreifen, daß wir untereinander wechselseitige Verbin-
dung haben müssen —■ und nicht glauben, daß die Arbeitsergebnisse
unseres eigenen Landes das große Gebiet des archäologischen Stu-
diums ausschöpfen könnten, sondern daß jedes Land seinen ihm
zukommenden Beitrag zu dem gemeinsamen Werk zu liefern hat; und
daß davon, wie sorgfältig jeder seine eigene Sammlung bearbeitet,
die Schönheit und Festigkeit des gemeinsam zu errichtenden Baues
abhängt."
Literatur
Gummel, Hans: John Mitchell Kemble in seiner Bedeutung für die
niedersächsische Urgeschichtsforschung; Nachrichten aus Niedersachsens
Urgeschichte 20, 1951, S. 3—54.
Ur- und Frühgeschichte in Wort und Bild
Heimatatlas des Kreises Alfeld, 1. Teil von Wilhelm Barner
= Schriftenreihe des Heimatmuseums Alfeld Nr. 5; Alfeld 1957
Von M. Claus
Heimatforschung und Heimatpflege haben nur dann ihren Zweck
erfüllt, wenn es gelingt, weiten Kreisen der Bevölkerung die Ergeb-
nisse ernster, objektiver Forschungsarbeit in allgemeinverständlicher
Form darzubringen und sie damit zu tätiger Anteilnahme anzuregen.
Diese Aufgabe ist nicht leicht; daß sie aber durchgeführt werden
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wickshire gefunden sein: nur ein Volkstum bleibt übrig — sie sind
an der einen wie anderen Stelle sächsisch."
Vermutlich sind Sie erstaunt gewesen, daß Kemble hier von der
Lüneburger Gegend spricht, in der die Urnen gefunden wurden,
die nicht keltisch sein können. Das ist kein „geographisches" Ver-
sehen von Kemble. Er kannte Niedersachsen genau und hätte nicht
fälschlich Stade in die Lüneburger Gegend versetzt. Es handelt sich
hier um einen — sagen wir mal — Schönheitsfehler in der Beweis-
führung, der durch den allgemeinen Stand der damaligen Forschung
bedingt ist. Ich will darauf hier nicht eingehen, ebenso nicht darauf,
daß Kemble die Perlberger Funde zu spät datierte.
Trotz dieses Schönheitsfehlers und der unrichtigen Datierung aber
glaube ich behaupten zu dürfen: Mit den eben verlesenen Sätzen hat
Kemble die archäologische Betrachtung der sächsischen Uberwande-
rung nach England sozusagen in den Sattel gehoben.
Und somit sind wir als Sachsenforscher ihm zu besonderem Dank
verpflichtet.
Wir sind es aber noch aus einem anderen Grunde. Wenige Wochen,
bevor Kemble in Dublin bei Vorarbeiten für eine Ausstellung kelti-
scher und römischer Altertümer am 26. März 1857 einer Lungenent-
zündung erlag, hatte er dort (am 9. Februar) in der Irischen Akademie
einen Vortrag gehalten, der nach seinem Tode gedruckt wurde. Er
schließt so: „ ... wenn unsere Studien zu mehr als einem arbeits-
reichen, aber nutzlosen Zeitvertreib werden sollen, ist es notwendig,
daß wir uns ernstlich als alle auf ein Ziel in einem Geiste hin-
arbeitend begreifen, daß wir untereinander wechselseitige Verbin-
dung haben müssen —■ und nicht glauben, daß die Arbeitsergebnisse
unseres eigenen Landes das große Gebiet des archäologischen Stu-
diums ausschöpfen könnten, sondern daß jedes Land seinen ihm
zukommenden Beitrag zu dem gemeinsamen Werk zu liefern hat; und
daß davon, wie sorgfältig jeder seine eigene Sammlung bearbeitet,
die Schönheit und Festigkeit des gemeinsam zu errichtenden Baues
abhängt."
Literatur
Gummel, Hans: John Mitchell Kemble in seiner Bedeutung für die
niedersächsische Urgeschichtsforschung; Nachrichten aus Niedersachsens
Urgeschichte 20, 1951, S. 3—54.
Ur- und Frühgeschichte in Wort und Bild
Heimatatlas des Kreises Alfeld, 1. Teil von Wilhelm Barner
= Schriftenreihe des Heimatmuseums Alfeld Nr. 5; Alfeld 1957
Von M. Claus
Heimatforschung und Heimatpflege haben nur dann ihren Zweck
erfüllt, wenn es gelingt, weiten Kreisen der Bevölkerung die Ergeb-
nisse ernster, objektiver Forschungsarbeit in allgemeinverständlicher
Form darzubringen und sie damit zu tätiger Anteilnahme anzuregen.
Diese Aufgabe ist nicht leicht; daß sie aber durchgeführt werden
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