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Die Kunde — N.F.8.1957

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Heft 3-4
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Pfaffenberg, K.: Ein Eibenholzpfeil aus dem Wietingsmoor
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https://doi.org/10.11588/diglit.71125#0215

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Ein Eibenholzpfeil aus dem Wietingsmoor
Von K. Pfaffenberg, Sulingen
Mit 2 Abbildungen
Torfgräber fanden im Mai des Jahres 1952 im Wietingsmoor (Kr.
Diepholz) auf dem Moorgrundstück der Schule in Wehrbleck einen
Pfeil. Hauptlehrer Böninghausen erkannte die große Bedeutung des
Fundes und überließ ihn dem Landesmuseum in Hannover. Inzwischen
ist über den Pfeil in der Kunde eine kurze Mitteilung und auch
eine Abbildung erschienen (Pfafienberg, 1955). Der Pfeil hat eine
Länge von 47 cm. Leider ist er in 3 Teile zersprungen, aber er ist
vollständig und läßt sich nach den Bruchstellen ohne Mühe wieder
zusammensetzen. Gut erhalten ist auch am oberen Ende der Spalt,
der die Feuersteinspitze aufgenommen hat. Am Pfeil sind noch die
Spuren der Sehne zu sehen, die die Pfeilspitze gehalten hat. Die
Spitze fehlt jetzt; aber es ist wohl nicht anzunehmen, daß der Pfeil
ohne Spitze verschossen wurde. Die Sehne, die die Pfeilspitze fest-
hielt, wurde offenbar durch die Torfsäure aufgeweicht und im Laufe
von 4 Jahrtausenden aufgelöst. Als der Pfeil ausgegraben wurde,
löste sich offenbar die Pfeilspitze und wurde leider nicht gefunden.
Vom unteren Ende des Pfeils schnitt ich einen dünnen Span ab.
Unter dem Mikroskop zeigten sich in den Zellen die für die Eibe
(Taxus baccata) charakteristischen spiraligen Verdickungsleisten der
Tracheiden (Fasern) und die großen Hoftüpfel. Das sehr dichte, harte
und zähe Eibenholz war schon seit der Steinzeit ein wichtiger Werk-
stoff. Wegen seiner hohen Elastizität und Härte war das Eibenholz
besonders als Material für Pfeil und Bogen geschätzt. Der hohe Ver-
brauch an Eibenholz soll den starken Rückgang dieses Baumes ver-
ursacht haben, da bei der sehr langsamwüchsigen Eibe die Nachzucht
versäumt wurde. Jetzt gehört sie in unseren Forsten zu den größten
Seltenheiten. Daß sie aber früher mehr verbreitet war, beweist das
Vorkommen von Eibenstubben in einigen Mooren, so im Warm-
büchener Moor bei Hannover und im Ihorster Moor bei Westerstede
in Oldenburg. Bei der Untersuchung des Ihorster Moores fand ich
Eibenholzstämme von 30 cm Dicke und 3,5 m Länge. Sie zeigten deut-
liche Hiebspuren, die von einem Beil herrühren. Da die Stämme aus
einem ungestörten Moor freigelegt wurden, so kann nur der vor-
geschichtliche Mensch als Bearbeiter dieser Hölzer in Frage kommen.
Die Hiebbreite beträgt 65—67 mm. Die Bäume sind also nicht mit
einem schmalen Bronzebeil, sondern mit einem Steinbeil bearbeitet
worden (Pfafienberg 1939).
Runge vertritt die Ansicht, daß die Eibe nicht allein wegen ihrer
starken Nutzung, sondern auch aus klimatischen Gründen zurückge-
gangen sei, da sie aus „wärmeren Zeitepochen" stammt. Nun ist aber
die Eibe nach ihrem Verbreitungsgebiet ein Baum ozeanischen Klimas,
dessen immergrüne Nadeln keine tiefen Wintertemperaturen ertra-
gen. Mithin kann die Eibe nicht zurückgegangen sein, weil das Klima
in Nordwestdeutschland seit der Jüngeren Moostorfzeit (700 v. Chr.)

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