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Die Kunde — N.F.8.1957

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Heft 3-4
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Schwantes, G.: Köllmanns Heide bei Sasendorf, Kreis Uelzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.71125#0179

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der genannte Onkel Wilhelm, erklärter Liebling von uns Kindern,
als Werkführer mitsamt einigen Arbeitsleuten.
überschritt man Onkels Heide in der Richtung nach Barum zu,
folgten die Heidstücke der anderen Sasendorfer Besitzer; unter ihnen
war „Köllmanns Heide", ein Gelände, das für mich bedeutsam werden
sollte.
Zum Bereich der Wellenberge gehört auch das nordöstlich vom
Chausseehaus Wellenberg hart am Wege ansteigende Gelände des
„Schweizerhofes", eines Abbaus des Hofes von Onkel Georg in See-
dorf, auf dem Ackersleute von Onkel Carl Meyer, der den Schweizer-
hof gepachtet hatte, vor Jahren beim Pflügen eine Urne fanden und
damit den Friedhof der letzten vorrömischen Eisenzeit, nach dem ich
diese Seedorf-Stufe benannt habe. Als Onkel Carl mir die Urne zeigte,
legte er mir auch eine Feuersteinklinge vor, die er als Messer be-
zeichnete. Das was das erste derartige Fundstück dieser Art, das ich
in meiner Heimat erblickte.
Die Auffindung des Urnenfriedhofs veranlaßte mich, nach weiteren
Grabplätzen solcher Art zu suchen. Man wird verstehen, daß ich auf
der mir so gut bekannten Sasendorfer Heide damit begann. Hier war
der Heideumbruch noch in vollem Gange, und man konnte gegebenen-
falls mit noch wenig gestörten Fundplätzen rechnen. Auf Köllmanns
Heide, die sich wie sämtliche anderen Anteilstücke der Sasendorfer
Besitzer an der „Heide" vom Sasendorf—Barumer Weg bis an die
Geller Chaussee mit ihren Pyramidenpappeln noch aus Napoleons
Tagen erstreckte, war ein Feld, das noch ganz in Heide lag. Das
daran angrenzende gepflügte Gelände war mit meist sehr dickwan-
digen vorgeschichtlichen Scherben mit starkem Gesteinszuschlag im
Ton übersät. Trotzdem diese erheblich anders aussahen als die Urnen-
scherben vom Schweizerhof oder von der Seedorfer Sandgrube am
Weg von Seedorf nach Golste, wo ich 1896 zum erstenmal eine Grab-
urne fand (Jastorf a), hoffte ich natürlich, einen neuen überpflügten
Urnenfriedhof entdeckt zu haben. Meine Nachgrabungen stießen je-
doch zu meiner Verwunderung an keiner Stelle auf abgepflügte
Urnenreste, wie ich erwartet hatte; es blieb bei den in der Acker-
krume verstreuten Scherben. Meine vergeblich spähenden Augen er-
faßten jedoch bald ganz andere Dinge, die mein Interesse aufs leb-
hafteste fesselten: einige Feuersteinmesser der Art, wie ich eines auf
dem Schweizerhof gesehen hatte, daneben aber noch in großer Zahl
andere, offenbar bearbeitete Flintstücke. Als ich sie Dr. Carl Hagen,
der damals die völkerkundliche und urgeschichtliche Sammlung im
Museum für Naturkunde am Schweinemarkt in Hamburg betreute,
vorlegte, griff er sofort nach einigen kreisrunden Flintstücken, zeigte
mir ihren fein bearbeiteten Rand und rief: „Da haben wir ja zu den
Messern auch die Schaber," Mit Eifer studierte ich ein Heft von
Meyers Volksbüchern, das einen Auszug aus dem damals führenden
Werk von Johannes Rancke „Der Mensch" enthielt und in dem in
seinerzeit einzigartiger Weise die Technik der Flintgeräte behandelt
wurde. Aus dieser Schrift lernte ich alles, was zum Verstehen der
vielfachen Steinsachen, wie ich sie in Köllmanns Heide fand, nötig
war. Das Ergebnis war die Erkenntnis, daß ich zwar keinen Urnen-
friedhof, wohl aber eine steinzeitliche Wohnstätte entdeckt hatte.

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