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Die Kunde — N.F.8.1957

DOI issue:
Heft 3-4
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Niquet, F.: Eine Fibel mit Runen aus einem merowingerzeitlichen Frauengrab von Beuchte, Kreis Goslar
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.71125#0345

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Von den übrigen Beigaben verdienen die Schlüssel und das Gefäß
besondere Aufmerksamkeit. Die Schlüssel waren nicht mehr zum
Gebrauch bestimmt, sondern wurden von der Hausfrau, vielleicht
an den beiden Ringen, am Gürtel zum Zeichen ihrer Schlüssel-
gewalt getragen. Das Gefäß mit seiner ausgeprägten Form weist
gewisse Beziehungen zu Schleswig-Holstein und dem Niederelbegebiet
auf. Es könnte die Vermutung stützen, daß auch im westlichen Nord-
harzvorland Angeln gesessen haben. Auch die runologische Unter-
suchung ergab, daß eine Herkunft des Runenritzers aus dem Norden
anzunehmen ist. „Was nun den Runenritzer Buirso anlangt, so kann
man auf Grund des runologischen Befundes nur feststellen, daß er
wahrscheinlich weder zu den Langobarden noch zu den Franken ge-
hörte. Die Form der j-Rune von Beuchte wies vielmehr auf enge
Beziehungen zu den skandinavischen Gebieten. Ebenso spricht die
Namenform Buriso mit dem Suffix ,so' eher für eine nördliche Her-
kunft ihres Trägers. Dieser Buriso mag also ein Sachse oder Angel
gewesen sein."
Mit dem kleinen Körpergräberfriedhof von Beuchte besitzen wir
im Braunschweigischen die erste Gräbergruppe aus dem 6. Jahrhun-
dert. In dieser Zeit haben die Sachsen auch das Nordharzvorland
westlich der oberen Aller in Besitz genommen. Man kann dieses
Gebiet zum Thüringer Reich in Mitteldeutschland rechnen, obwohl
bisher Bodenfunde fast fehlten, die diese Annahme stützen9 10).
Die Beuchter Funde zeigen eine enge kulturelle Verbindung mit
Mitteldeutschland, sie zeigen andererseits auch Beziehungen zu Nie-
derdeutschland und betonen damit die Zwischenstellung, die das
Nordharzvorland in der vor- und frühgeschichtlichen Kultur- und
Besiedlungsgeschichte zwischen den beiden genannten Gebieten ein-
genommen hat. Gleichzeitig gewinnt das braunschweigische Nord-
harzvorland Bedeutung für die Sachsenforschung, die es bisher nicht
gehabt hat n).
Foto Volksen: Taf. I, 2, 11,3, 111,1—3, IV. Foto Niquet: Taf. I, 1, 11,1. Foto
Rennau: Taf. II, 2. Zeichnungen R. Fricke.

9) Germania XIV, 1930, 171, Abb. 3.
10) Zu den wenigen Funden gehört das Grab einer Frau mit deformiertem
Schädel und einer Kumme als Beigabe. (Thaerigen, G.: Die Nordharzgruppe
der Elbgermanen, 1939, Taf. zw. S. 80—81, Abb. 54.)
Die Annahme, daß die Nordwestgrenze des Thüringer Reiches am Salz-
gitterschen Höhenzug verlief, wird durch die Feststellung gestützt, daß kraft-
volle mitteldeutsche Kulturen in der Regel um den Nordharz herumgegriffen
haben, über die Oker hinaus. Das zeigen die Verbreitungskarten bei W.
Schulz. Vor- und Frühgeschichte von Mitteldeutschland, 1939. S. 66 und 94, in
aller Deutlichkeit und im einzelnen die Ausgrabungen der letzten Jahre im
Kreis Goslar. (Niquet, F.: Ausgrabungen, Fundbergungen und Einzelfunde im
Arbeitsbereich des Braunschw. Landesm., Braunschw. Heimat, 1954—57.) Auf-
fallend bleibt jedoch die Fundarmut gegenüber Mitteldeutschland im 5. u. 6.
Jahrhundert, also der Blütezeit der Thüringen Kultur. Diese Fundarmut in un-
serem Gebiet im 5. u. 6. Jahrhundert wird jedoch gemildert durch einfache
Urnengräber, in denen spärliche oder keine Beigaben zu finden sind, und
durch bisher nicht erkannte Knochenhaufen. Jedenfalls hebt sich durch diese
Verhältnisse das braunschweigische Nordharzvorland gegen das Elb-Saale-
Gebiet und ebenfalls gegen Niederdeutschland ab.
n) Tischler, F.: Der Stand der Sachsenforschung archäologisch gesehen.
Ber. d. R.-G. K„ 35, 1954 (1956), 192.

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