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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0204

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391

Sammlungen

392

Periode zwischen dem Stein- und dem Bronzezeitalter.
— An diese Ausgrabungen lassen sich eine Reihe hoch-
wichtiger Schlüsse anfügen, die zwar für die Kunstarchäo-
logie von fast gar keiner Bedeutung sind, aber desto mehr
zur Kenntnis des Ursprunges der Hellenen beitragen.
1. Da die unterste Schicht neolithisch ist und Töpfereien
geborgen hat, welche rote Malerei auf weißem Grunde
aufweisen — die gleiche kommt, wenn auch mit etwas
verschiedener Dekoration, in Chäronea und Orchomenos
vor, während sie auf dem Peleponnes und den Inseln des
ägäischen Meeres fehlt — so kann man für diese Zeit
von ungefähr 2500 v. Chr. annehmen, daß die Bevölkerung
des nördlichen Griechenlands damals in fast gar keiner
Weise Verkehr mit den Bewohnern des südlichen Griechen-
lands, Kretas und der Zykladen gepflogen hat, bei denen
damals eine Bronzekultur, die sogenannte zweite minoische,
blühte. — 2. Die Urfirnisschicht muß, da sich derartige
Töpfereien auch in Orchomenos und Tiryns, und zwar
gleichzeitig mit dem vormykenischen Ovalbauten finden,
aus dem Süden stammen. Ob eine Eroberung, die Ge-
winnung des Marktes oder eine Geschmacksveränderung
die Ursache dieses Vorkommens im Süden entstandener
Topfwaren gewesen ist, läßt sich nicht sagen; jedenfalls
ist aber im Beginn des zweiten Jahrtausends v. Chr. die
Barriere zwischen den Erfindern des Urfirnis im Süden
und den nördlichen griechischen Stämmen gebrochen. —
3. In der obersten Schicht gewinnt der Norden aber wieder
seine Unabhängigkeit. Urfirnis verschwindet vollständig
und eine geometrische Keramik mit Dreiecken, Kreisen,
Spiralen findet sich zu Lianoklädhi neben der grauen
Minyschen Ware. Die mykenische fehlt vollständig. So
muß im Laufe des zweiten Jahrtausends der Einfluß von
Tiryns aufgehört haben und zwar wahrscheinlich, weil ein
neues Volk, das vom Balkan über die Tymphrestospässe
herunterkam, seine industriellen Hantierungen und seinen
Geschmack einführte. In dieser obersten eneolithischen
Schicht hat man auch ein Haus mit drei Räumen, vielleicht
ursprünglich drei Hütten, aufgedeckt, in dem große Krüge
noch in situ aufgefunden worden sind. Ferner kam ein
Grab mit einem Skelett in Hockerstellung zutage. In der
mykenischen Periode scheint der Tumulus von Lianoklädhi
nicht mehr bewohnt gewesen zu sein. In Zerelia haben
sich in höheren Schichten erst Scherben gefunden, die
eine neue Verbindung Thessaliens mit der ägäischen Welt
vermuten lassen. — Mit Sicherheit darf man aber an-
nehmen, daß in der spätmykenischen Periode das ägäische
und das nördliche Griechenland, in dem das neolithische
Zeitalter viel länger andauerte als im übrigen Hellas, nichts
miteinander zu tun hatten, ein Umstand, der für die Homer-
forschung von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit sein
wird (s. auch Allen, »Argos in Homer« in »The classical
Quarterly« 190g, 2). Mit dieser vollständigen Unabhängig-
keit der nordgriechischen Aera muß auch der Einfluß der
ägäischen Kultur auf Serbien, den Vassits angenommen
hat, abgelehnt werden (s. darüber Dawkins im Journal of
Hellenic Studies, 1909, S. 359-60; Wace u. Thompson in den
Annais of Archaeology and Anthropology, Liverpool 1909,
Vol. II, 4, und Charles Dugas im Bulletin de l'art ancien
et moderne vom 19. März 1910). m.

SAMMLUNGEN

-f- Hugo von Tschudi hat, wie schon gemeldet, die
Absicht, eine Anzahl von Bildern, die vom bayerischen
Staat bisher leihweise dem Germanischen Museum in Nürn-
berg überlassen worden waren, in die Alte Pinakothek zu
München zu versetzen, wofür das Germanische Museum
durch eine weit größere Anzahl altdeutscher Gemälde ent-

schädigt werden soll. Die Angelegenheit wirbelt in Nürn-
berg viel Staub auf und die fränkischen Blätter ergehen
sich in heftigen Angriffen gegen den neuen Leiter der
bayrischen Galerien. Nun veröffentlichen die >Münchner
Neuesten Nachrichten« in Nr. 185 »auf Grund von Informa-
tionen an maßgebender Stelle einiges über die Absichten
v. Tschudis«, was wir des allgemeinen Interesses halber
hier folgen lassen:

»Herr v. Tschudi will etwa 30 Gemälde, im wesent-
lichen niederländische Meister, des Germanischen Museums
gegen 50 altdeutsche Gemälde der Alten Pinakothek ein-
tauschen. Er verfolgt dabei nur eine Aufgabe, die er sich
bei seiner Berufung zum Direktor der staatlichen Gemälde-
sammlungen gesteckt hat: soweit als möglich innerhalb
der ihm zur Verfügung stehenden Bestände unserer staat-
lichen Sammlungen jede einzelne zu einem einheitlichen
Ganzen auszugestalten, zwischen den einzelnen Sammlungen
Austausche von Gemälden vorzunehmen, die vielleicht in
den Rahmen der einzelnen Sammlungen gar nicht passen
und aus ihr ganz herausgerissen sind, für die andere aber
eine sehr wesentliche Bereicherung bedeuten würden. Das
war der Grund für den Augsburger, das ist der Grund
für den Nürnberger Austausch. Bei Nürnberg kommt
weiter noch in Betracht, daß die in Frage kommenden
wertvollen Meister zum Teil sehr ungünstig untergebracht
sind und in feuchten, ja sogar feuergefährlichen Räumen
sich befinden. Man kann deshalb dem neuen Direktor
durchaus keinen Vorwurf machen, wenn er gerade im
Interesse jeder Sammlung seiner Aufgabe gerecht werden
und innerhalb des vorhandenen Bestandes an Gemälden
für jede Sammlung eine möglichst organisch geschlossene
Einheitlichkeit schaffen will.

Nürnberg hat nun einmal eine Filiale, die dort befind-
lichen Bilder wurden leihweise gegeben, und Herr v. Tschudi
besitzt ein Recht darauf, sie zurückzuverlangen, wenn er
es für notwendig findet. Das aber um so mehr, wenn er,
wie das wirklich der Fall ist, reichlicher und mehr geben
will, als er von dort bekommt. Daß mit diesen Worten
nicht zu viel gesagt ist, beweist schon allein der Umstand,
daß auch Herr Direktor von Betzold, der Leiter des Ger-
manischen Museums in Nürnberg, als Herr v. Tschudi mit
dem Vorschlag des Austausches an ihn herantrat, nicht
nur nichts dagegen einzuwenden hatte, sondern vollkommen
damit einverstanden war, ja noch mehr, den Eintausch
verschiedener angebotener Bilder als Ergänzung zu den im
Germanischen Museum schon vorhandenen Beständen als
einen äußerst willkommenen und in die Augen springenden
Gewinn bezeichnete und sich anheischig machte, die Ver-
antwortung für den Austausch vollkommen tragen zu
wollen. Herr v. Tschudi hat absolut nicht die Absicht, die
Provinz zugunsten der Münchner Zentralsammlung »aus-
zuräubern« — man könnte fast eher vom Gegenteil sprechen
— er will nur die vorhandenen Werte sammeln und so
eine erhöhte Wirkung erzielen, die infolge der bis jetzt
bestehenden Zerrissenheit bisher nicht erzielt worden ist.
Das aber wird man ihm nur danken können, statt täglich
giftige Pfeile auf ihn zu schießen und ihm böse Absichten
zu unterstellen.

Wie unüberlegt übrigens der Kampf geführt wird, geht
schon daraus hervor, daß man Herrn v. Tschudi Heimlich-
keit bei seinem Vorgehen vorwirft. Wie schon gesagt,
hat er mit dem Leiter des Germanischen Museums
Direktor v. Bezold Rücksprache genommen wegen des
beabsichtigten Austausches und dort das erwartete
Entgegenkommen gefunden; man wird aber von dem der-
zeitigen Leiter unserer staatlichen Galerien nicht verlangen
können, daß er eine Sache der Öffentlichkeit anheimgibt,
die erst ein ganz unmaßgeblicher Vorschlag von ihm ist,
 
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