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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0218

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41Q

Literatur

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Entwicklung zu erwarten berechtigt sind. Anstatt dessen
werden — der Verfasser geht ohne irgendeine einleitende
Bemerkung oder Erklärung von Absicht und Plan sogleich
in medias res — lediglich die schwäbischen Skulpturen
nacheinander beschrieben, im ersten Teil die »größeren
Kompositionen«, im zweiten die »Einzeldarstellungen«.
Der Titel hätte also wohl richtiger »Die Denkmäler der
romanischen Steinplastik in Schwaben« lauten müssen.

Aber auch so würde der Begriff »Schwaben«, »schwä-
bisch« ohne weitere Erklärung leicht mißverständlich ge-
blieben sein. Um das spezifisch Alemannische in der
romanischen Steinplastik Württembergs, des bayerischen
Schwaben, Badens, des Elsaß usw. herauszuheben und zu
behandeln, wäre eine Feststellung der Kriterien alemanni-
scher Kunst und deren Abgrenzung gegen das fränkische,
bayerische usw. Kunstgebiet unerläßlich gewesen. Erst
einem vergleichenden und sondernden ersten Teil hätte in
einem zweiten Teil die Einzelbetrachtung folgen dürfen.
Da indessen nicht festgestellt ist, was der Verfasser unter
»schwäbisch« verstanden wissen wollte, so läßt sich auch
nicht sagen, ob mancherlei Auslassungen (Kapitäle der
Klosterkirche zu Lorch bei Schwäbisch-Omünd, Triptychon
über der Seitentür der Kirche zu Eichel, ornamentale Pla-
stik der Burg zu Oberschüpf, Steintafel an der Kirche zu
Boxthal, Qroßherzogtum Baden, u. s. f.) auf Absicht be-
ruhen oder als Manko vermerkt werden müssen.

Wie in der mangelhaften Durchdringung und Anord-
nung des Stoffes verrät sich der Anfänger, der sich an
eine seine Kräfte übersteigende Aufgabe gewagt, auch in
der Behandlung des Einzelnen, bei der die kunstgeschicht-
liche Betrachtung, auf die es doch wohl zunächst ange-
kommen wäre, von der ikonographischen stark in den
Hintergrund gedrängt wird. Der meist wohlgelungenen
Beschreibung eines jeden Denkmals folgt in der Regel
lediglich die ikonographische Erklärung und schließlich an
der Hand guter Literaturkenntnis die Zeitbestimmung.

Da die ikonographischen Ausführungen, auf die, wie
gesagt, der ganze Nachdruck gelegt ist, auf die ikono-
graphische Entwicklung vielfach zu wenig Bezug nehmen,
im wesentlichen aus dem Physiologus schöpfen und Ver-
gleichsmaterial aus der gleichzeitigen Kunst anderer Ge-
biete nur selten heranziehen, so mußte dem Verfasser
manche Beziehung dunkel bleiben, wie er denn anderer-
seits auch wohl zu allzu weit gehender Spintisiererei ver-
führt wird. Sollten z. B. die Belsener Figuren wirklich
etwas anderes bedeuten, als daß hier ein reicher Herden-
besitzer begraben liegt, sollten sie in der Tat auf allerlei
heidnische Vorstellungen zurückgeführt werden müssen?

Uber den Schwächen der Arbeit wollen wir aber ihre
Vorzüge nicht übersehen, den Fleiß, der auf die Beschrei-
bung und Erklärung der Denkmäler verwandt ist, die
mancherlei feinen Bemerkungen und willkommenen Auf-
schlüsse, die dabei abfallen, und die dem Buche in reicher
Fülle beigegebenen Abbildungen. Es sind dies zum Teil
Herübernahmen aus dem württembergischen Kunstinventar,
zum Teil auch Wiedergaben eigens für den vorliegenden
Zweck hergestellter Photographien und Reproduktionen
von zahlreichen Zeichnungen und Skizzen des Verfassers
selbst, die zwar gelegentlich etwas an prähistorische Höhlen-
malereien erinnern, aber als Notbehelfe doch gute Dienste
tun. So wird in Fastenaus Buche kaum ein Werk be-
sprochen, das nicht auch darin abgebildet wäre, und da-
durch die Kontrolle des Gesagten außerordentlich und in
dankenswertester Weise erleichtert. Theodor Hampe.

A. Mündt, Die Erztaufen Norddeutschlands von der Mitte
des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. (Kunstwissen-
schaftliche Studien, herausgeg. in Verbindung mit den

Monatsheften für Kunstwissenschaft III.) 82 S , gr. 8° u.
27Taf. Leipzig 1908. Klinkhardt & Biermann. M. 9.—.

Ein sehr glücklich gewählter Gegenstand. Die monu-
mentalen Anfänge des Bronzegusses haben in der Gotik
keine ebenbürtige Blüte gezeitigt. Handwerklich verflaut,
lebt er nur an (Glocken und) Taufkesseln fort und das
alte Sachsenland zwischen Harz, Weser und Warnow hat
zahlreiche derartige Gefäße. Der Verf. ordnet sie ganz
richtig nach der Art ihres Aufbaues und ihrer Träger in
gewisse Typen, Pokale, Kessel mit drei Beinen (Grapen),
mit Löwenreitern (nur in Bremen), mit drei oder vier
Männchen, die in einer besonders reichen und interessanten
Gruppe durch einen Bodenring festeren Halt bekommen,
während der Dekor des Kessels durch Inschrift- und Orna-
mentstreifen, Reliefabdrücke und schließlich durch gotische
Arkaturen belebt wird. Der Hildesheimer Typus mit
vier Paradiesflüssen hat nur einen Nachkömmling, die
Taufe in Rostock 1292. Einzelne Gießer bezeichnen sich
inschriftlich, ein Hermannus 1310 in Ebstorf, ein Eglert in
Estebrügge, ein Wilkinus 1343 in Wittenburg, 1365 in
Parchim, ein Ulricus mit Taufen in Marne und Borstel ist
1325 als Glockengießer bezeugt. Aber es zeigt sich auch
hier die Erscheinung, daß die Modelle und Gußformen
sich räumlich und zeitlich weithin vererben. Alle die
früheren Formen und Strömungen hat dann ein talent-
voller Meister, »Johannes van Sassenlant«, »mester Jan
van Halverstat« vereinigt, der 1327 den siebenarmigen
Leuchter in Kolberg, 1331 den Ratsscheffel in Rostock
goß, 1332—1344 in Lübeck ansässig die Taufe der Marien-
kirche 1337 und eine Duplik für Wismar, 1344 die Taufe
in Kiel goß, sein Leben und seine Arbeit in Halberstadt
beschloß (1350). — Der Verf., welcher in allem die tüchtige
Schule Goldschmidts verrät, hätte uns einen großen Dienst
durch Beigabe der faksimilierten Inschriften leisten können.
Das ist doch heutzutage so einfach und würde den Glocken-
forschern die Möglichkeit bieten, die Ergebnisse weiter-
auszubauen. Unangenehm berührt die Sucht, gewisse aus-
ländische, bald byzantinische (S. 25), bald belgische Ein-
flüsse (S. 23) zu konstatieren. Diese Voreingenommenheit
für »unser geliebtes Ausland« spricht sich S. 24 ganz naiv
dahin aus, daß »auch die Tragfiguren von solcher Güte
im Entwurf sind, daß sie allein schon uns an ihrer deut-
schen Herkunft stutzig machen müßten«. Die armen
Deutschen, die damals eben die ersten Plastiker der Welt
gestellt hatten! Text, Anmerkungen (mit den entschei-
denden Inschriften) und Abbildungen sind voneinander
getrennt, so daß man, um den jeweiligen Gegenstand
zu fassen, immer an drei verschiedenen Stellen lesen muß.
Das ist nicht die Schuld des Verfassers. Er schreibt
S. 43 »oben in der Anmerkung«. Diese Anmerkung darf
man sich unten S. 77 suchen. Bergiier.

Max Geisberg, Die Anfänge des Deutschen Kupferstiches
und der Meister E S (Meister der Graphik, Bd. II).
Leipzig, Klinkhardt & Biermann, gr. 8°, 1909.

Aus der fließend und höchst fesselnd geschriebenen
Einleitung dieses Buches kann der Laie einen sehr großen
Gewinn haben. Sie bietet ihm nicht nur eine enzyklopä-
dische Beleuchtung des Kupferstichs im 15. Jahrhundert,
die äußerst belehrend ist, sondern eine, — was noch viel
mehr wert ist, — die in ihm sicher die Lust erwecken
wird, sich weiter mit diesem Stoff zu beschäftigen. Sie
kann in der Tat sehr gut als Einführung in die Beschäftigung
mit dem Kupferstich überhaupt gelten. Man wird orientiert
über den Ursprung und die Entstehung des Materials
sowie über den Bestand und die Beschaffenheit des Stiches,
über dessen Verteilung in der Welt, und endlich über die
 
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