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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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4«5

Denkmalpflege — Denkmäler

- - Funde — Ausstellungen

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Croce Bedenken mit, welche unwahrscheinlich erscheinen
lassen, daß sie in ihrer farbigen Erscheinung aus Luca
della Robbias Hand hervorgegangen seien. Die natura-
listische Bemalung auch der Haut und des Haares, die
Verwendung von Oelb statt Gold und die ganze Farben-
zusammenstellung (grün, violett, blau, gelb) wiesen auf
spätere Zeit hin. h. b.

DENKMALPFLEGE
Die Ausmalung der frührotnanischen Michaels-
kirche in Hildesheim ist jetzt nach den Entwürfen von
Professor Schaper in Hannover vollendet worden. Die Be-
malung geschah im Zusammenhang mit den Instandsetzungs-
arbeiten, die seit zwei Jahren an dem Bau ausgeführt werden
und die sich besonders um die Wiederaufrichtung des im
17. Jahrhundert eingestürzten südwestlichen Querschiffes
und des vorgelegten Treppenturmes drehten.

An der St. Stephanskirche in Mainz sind eine Reihe
von Wiederherstellungsarbeiten in Aussicht genommen.
Sie betreffen den Kreuzgang, den Westchor und die ÖI-
bergkapelle der alten Stephanskirche. Der Voranschlag
nennt eine Bausumme von 86000 Mark. Die Arbeiten sollen
der Leitung von Professor L. Becker in Mainz unterstellt
werden.

DENKMÄLER

In Wien wurde auf dem Zentralfriedhof über dem
Ehrengrab des Dichters J. J. David ein von Bildhauer
J. Kflssin geschaffenes Denkmal enthüllt.

Ein Shakespeare-Denkmal in Verona. In San Zeno
in Verona ist jetzt bei der angeblichen Oruft von Romeo
und Julia ein Shakespeare-Denkmal errichtet worden. Es
ist ein Standbild; am Sockel sind die Figuren der Haupt-
personen aus Shakespeares Dramen angebracht. Das Ganze
ist ein Werk des Bildhauers Renato Cattani in Verona.

FUNDE

Rom. Bei einigen Ausgrabungsarbeiten, die zum Bau
eines neuen Hauses in via Labicana, also unweit vom
Kolosseum vorgenommen worden sind, ist eine große Sta-
tue des Kaisers Augustus, in opfernder Handlung darge-
stellt, zum Vorschein gekommen. Die Statue ist aus pari-
schem Marmor mit ganz unversehrtem Kopfe und gehört
dem goldenen Zeitalter der römischen Skulptur an. Sie ist
in das Thermenmuseum gebracht worden. Fed. h.

AUSSTELLUNGEN

Die diesjährige Ausstellung des Deutschen
Künstlerbundes in Darmstadt (Malerei und Plastik).

Als der Deutsche Künstlerbund zu »Schutz und Trutz« ins
Leben trat, galt es zu zeigen, daß es noch heute mög-
lich sei, eine lebendige Kunst zu schaffen, stark genug,
um das überlastete Konto der künstlerischen Passiva durch
Eintragungen auf Seiten der Aktiva wieder auszugleichen.
Was haben uns die Probejahre an Gewinn gegeben? Hat
solche Rechnungsrevison unseres »Soll und Haben« auch eine
gründliche Sanierung schon herbeigeführt? Eine Gewissens-
frage, die sich nur sehr bedingt mit Ja! beantworten läßt.
Die Hoffnungen, die sich an die Gründung des Deutschen
Künstlerbundes, des Deutschen Werkbundes und anderer
künstlerischer Organisationen knüpften, konnten bisher nur
teilweise verwirklicht werden. Der Deutsche Künstlerbund
hat geweckt und gewirkt, wo er konnte. Das Freiwerden
und Sichfinden künstlerischer und gewerblicher Kräfte, die
durch Anschluß an ein Ganzes erstarken sollen, ist zweifel-
los erfreulich. Die nächste und wichtigste Frage aber ist

doch die, ob solche Entfaltung latenter Kräfte, die bisher
ein Freiwerden war, uns zu einer höheren Gebundenheit
führen wird, die mit Stil identisch ist. Ohne sie ist keine
hohe Kulturblüte denkbar. Heute ist das noch nicht so.
Es herrscht jetzt über nichts Übereinstimmung. Und doch:
Wer sich nicht vom Scheine verwirren läßt, wer die schein-
bar weit auseinander gehenden Linien nachtastend verfolgt,
kann Merkmale der Gemeinsamkeit, eine Hauptrichtung
erkennen, in der die große Einheit der modernen Kunst, von
der Mitte des 19. Jahrhunderts an gerechnet, uns zum Be-
wußtsein kommt. Es ist richtig, wenn Graf Kessler in der
Einleitung zum Katalog der Darmstädter Ausstellung schreibt,
daß das von Frankreich ausgehende malerische Schauen
unserer Zeit uns eine Fülle von neuen Kenntnissen und
Einsichten gebracht hat, wie sie in keiner früheren Epoche
den Künstlern zur Verfügung gestanden haben. Vielleicht
liegt in diesen Kenntnissen aber zugleich die Erklärung für
die schwache Seite der heutigen Kunst. Zuviel Wissen
schwächt — es zieht die Kristallisation eines gemeinsamen
einheitlichen Stiles hinaus. Doch ein Wille zum Stil ist
jetzt da. Jede starke Persönlichkeit, die sich unbekümmert
um Vorurteile und Vorschriften mit dem Problem und den
Gesetzen der Kunst auseinandersetzt, muß, von der Macht
des Stromes getragen, dem Ziele näher kommen . .. Denn
es gibt innere Gesetze der Kunst, die ewig sind; wer sie
erkennt, weiß, daß es nur zwei Wesensunterschiede gibt,
die so verblüffend einfach sind, fast »banal«: nicht alt oder
neu, antik oder modern, sondern gute und schlechte Kunst.
Gutes Bauen und schlechtes Bauen. Gutes oder schlechtes
Malen. Können oder Nichtkönnen. Mit diesen untrüglichen
Maßstäben läßt sich ein Kunstwerk von heute so genau
messen, wie eines vor 6000 Jahren. Messen wir mit diesem
Maße die Erscheinungen unserer Zeit, so erkennen wir
zwar noch einen merkbaren Mangel an Ganzheit, an Willens-
einheit auf allen Gebieten der Kunst. Fast nirgendwo
zeigt sich Gemeinsamkeit, Übereinkunft, Stil. Fast nirgends
ein monumentaler Zug. Dafür aber zahllose Einzelkräfte
voll Beweglichkeit und Kühnheit, Potenzen, deren Summe
vielleicht doch noch stilbildend würde, wenn diese Riesel-
felder befruchtenden Lebens zu einem Hauptstrom einge-
dämmt werden können. Je mehr die führenden Künstler
unserer Zeit die alten akademischen Verbote und Regeln
aus dem 19. Jahrhundert abstreifen, desto eifriger bemühen
sie sich um die inneren und ewigen Gesetze der Kunst.
In dieser tiefen Erkenntnis können wir getrost ihre Weiter-
entwickelung abwarten.

Die diesjährige Heerschau über Malerei und Plastik
in Darmstadt bietet einen weit erfreulicheren Anblick, als
seinerzeit die in Weimar 1906. Damals schrieb ich an
anderer Stelle eine Philippika gegen die Ausstellungswut,
durch die der Künstlerbund sich mehr schaden als nützen
würde. Diesmal sind zwar auch noch einige Schwächen
durch die Schranken einer milden Jury geschlüpft, doch
der überwiegend frische Eindruck des Ganzen entschädigt
reichlich dafür. Eine Ansammlung von fast 900 Bildern
zu beschreiben, ist mißlich. Hier also nur wenige Hin-
weise. Werke wie Carl Bantzers Familienbild (Nr. 7),
eine Sonnen-Symphonie von jubelnder Frische, lauter Licht-
freude, rein episch im erzählenden Ton, ohne flach anek-
dotisches »Genre«, herrlich komponiert, ohne komponiert
zu erscheinen — oder Julius Bergmanns »Kühe im Wald-
bach«, feucht und frisch, malerisch breit, wundervoll im
klingenden Farbenakkord, das sind Arbeiten, die jede Aus-
stellung auf ein höheres Niveau heben. Dafür enttäuschte
mich Beckmann diesmal gründlich, weil er mit Wildheit
kokettiert, an die er selbst nicht glaubt. Wenn wir manchen
dieser jüngsten »Wilden« nach Wert einkauften und ihn
zum Selbstschätzungspreis wieder verkaufen könnten, welch
 
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