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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0280

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543

Vermischfes — Forschungen — Literatur

544

Pick (Gotha) wies auf die Wichtigkeit der Lehrstühle für
Münzenkunde an den Hochschulen hin. Ein Besuch des
Königlichen Münzenkabinetts seitens des Kongresses war
besonders lehrreich. Das Kabinett verfügt heute über drei
vollständig eingerichtete Säle, deren erster die modernen
Medaillenkünstler Belgiens, von Wiener angefangen, deren
zweiter die Hirschschen Sammlungen, schöne Tanagra und
griechische Münzen, und deren dritter Saal Medaillen der
Renaissance und anderer klassischer Zeitläufe beherbergt.
Nicht geordnet bleiben an 70000 Münzen, darunter die der
Niederlande, 4000 griechische von hervorragender Schönheit,
deren Mehrzahl ebenfalls vom Hirschschen Nachlasse
stammt, 4000 Papstmünzen und die vollständigste Samm-
lung niederländischer Spielmünzen, die man heutzutage
kennt. Der Kongreß faßte dann noch eine ganze Reihe
wichtiger Beschlüsse zugunsten der Ausbreitung der Mün-
.zenkunde und ihrer Technik. a. r.

VERMISCHTES
0 Der Ankauf eines Hugo van der Goes für das

Berliner Kaiser-Friedrich-Museum, über den mehrfach wider-
sprechende Nachrichten in derTagespresse verbreitet wurden,
begegnet in der Tat ungeahnten Schwierigkeiten. Es handelt
sich um ein Altarbild, darstellend die Anbetung der Könige,
an Bedeutung dem Portinari-Altar in Florenz vergleichbar,
an Erhaltung ihm noch überlegen, das in der Jesuiten-
kirche von Monforte bisher so gut wie unbeachtet ge-
standen hatte. Dem Berliner Museum war es gelungen,
das Werk für etwa 800000 Mark zu erwerben, als zur un-
rechten Zeit der Wechsel im Ministerium erfolgte. Der
neue Unterrichtsminister sucht sich mit allen Mitteln der
Ausfuhr des Bildes zu widersetzen. Hoffentlich gelingt es
ihm nicht, den bereits seitMonaten rechtmäßig geschlossenen
Kaufvertrag rückgängig zu machen, und wir dürfen das
Werk bald im Berliner Museum bewundern. Denn andern-
falls würde es doch wohl über kurz oder lang den Weg
nach Amerika gehen, den schon so manches Kunstwerk
aus Spanien hat gehen müssen.

Pisa. Der Campanile. Durch die Zeitungen geht
die Nachricht, daß der berühmte schiefe Glockenturm bau-
fällig geworden ist, und man geht so weit, für ihn ein
ähnliches Ende wie für den Glockenturm von San Marco
in Venedig in nächster Zeit zu prophezeihen. Nun stehen
die Sachen zum Glück nicht so, und es wird den Lesern
der Kunstchronik angenehm sein, zu erfahren, was die vom
Unterrichtsminister zusammenberufene Kommission erklärt
hat. Jede nahe Gefahr ist ausgeschlossen, aber es ist not-
wendig, für den berühmten Bau zu sorgen, weil sonst die
Zukunft uns böse Überraschungen bereiten könnte.

Der Alarm erwuchs daraus, daß man nach genauen
Messungen vor der Tatsache steht, daß während der letzten
achtzig Jahre die Neigung des Campanile größer geworden
ist. Nach den Messungen, welche Creusy und Taylor im
Jahre 1829 vornahmen, betrug die Neigung in dem Jahre
86,5 mm für jeden Meter Höhe, und jetzt ist sie bis zu
92 mm pro Meter gestiegen. Also hat sich der Turm ge-
senkt und bei seiner Höhe ist für die Zukunft Gefahr vor-
handen. Die Kommissare haben die Fundamente geprüft
und haben diese ungenügend befunden. Sie bestehen bloß
aus einem Kreis von nur drei Meter Höhe. Man wird dafür
sorgen müssen, sie zu verstärken und dadurch der fort-
schreitenden Senkung Einhalt tun. Kardinal Maffi, Erz-

bischof von Pisa, hat Befehl gegeben, die beiden größeren
Glocken des Turmes, welche zusammen vier Tonnen wie-
gen, nicht mehr zu läuten. Man ist der Meinung, daß die
Ausgrabungen, die man im Jahre 1835 vornahm, um die
unteren Säulen des Campanile bloßzulegen, dem Monumen-
talbau geschadet haben. Fid. ff.

Wien. Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften
hat dem außerordentlichen Professor an der Technischen
Hochschule in Wien, Dr. Hermann Egger, eine Sub-
vention zur Herausgabe von »Ansichten der Stadt Rom
in Handzeichnungen aus dem 15.—18. Jahrhundert« be-
willigt. Der erste Band dieses auf 220 Lichtdrucktafeln
berechneten Werkes wird voraussichtlich zu Weihnachten
dieses Jahres erscheinen.

FORSCHUNGEN

© Ein lebensgroßes Bildnis der Catherine Ho-
ward, der unglücklichen fünften Gemahlin König Hein-
richs VIII., von der Hand Hans Holbeins des Jüngeren, ist
vor etwa einem Jahre in englischem Privatbesitz gefunden
worden und wird im Burlington Magazine (Juliheft) zum
erstenmal veröffentlicht. Das Bild, das bisher nur in einer
Kopie, die die National Portrait Gallery 1898 erwarb, be-
kannt war, ist ein sicheres Werk Holbeins, nach dem
Alter der Dargestellten im Jahre 1541 entstanden. Die
Züge der Königin sind durch eine Miniatur Holbeins in
Windsor bekannt. Eine Replik, jetzt beim Duke of Buccleuch,
wurde 1646 von Wenzel Hollar in der Arundel-Sammlung
gestochen. Auch eine Porträtzeichnung Holbeins ist in
Windsor erhalten. Besonders interessant ist es, daß die
Königin auf dem neuen Bilde ein Schmuckstück mit der
Flucht Loths trägt, das ebenfalls von Holbein herrührt.
Der Entwurf befindet sich im British Museum.

LITERATUR

B. Haendcke, Deutsche Kunst im täglichen Leben. (Aus
Natur- und Geisteswelt 198). 150 S.-kl. 8° mit 63 Ab-
bildungen im Text. B. G. Teubner, Leipzig 1908. Geb.
M. 1.20.

Dieses Bändchen ist eine deutsche Kunstarchäologie
im Kleinen, auf gedrängtem Raum erstaunlich reich an In-
halt und ohne viel Phrasen lehrhaft im besten Sinne. Das
Haus in allen Abwandlungen von der Hütte bis zum
Schloß, die Ausstattung, Möbel, Geräte, Waffen, Tracht
usw. werden nach dem Wechsel der Mode und der Stil-
formen nach besten Quellen und Vorarbeiten beschrieben,
doch so, daß auch der Fachmann überall neue und feine
Beobachtungen finden wird. Nur die Einteilung ist so
unlogisch und unpraktisch \yie möglich: 1. Die romanische
Zeit; 2. Das Bauern- und Bürgerhaus: 3. Das Schloß und
der Palast; 4. Die bürgerliche Wohnung, insofern unter
diesen Titeln die großen Hauptepochen der Stilformen und
zugleich gewisse Materien abgehandelt werden wie gleich
unter l, S. 20, die Plattnerei bis zur Renaissance. Das gibt
ein verwirrendes Durcheinander. Mag es vom Standpunkt
der Kulturgeschichte nützlich und belehrend sein, einzelne
Zeitabschnitte und Lebenskreise mit ihrem gesamten Kultur-
besitz herauszuschälen, für die kunstgeschichtliche Betrach-
tung der bürgerlichen Altertümer bleibt nur die streng
sachliche Aufteilung in Gruppen gangbar, wie ich sie in
meinem Handbuch versucht habe. Dr. Bergner.

Inhalt: Brüsseler Brief. Von A. Ruhemann. — Neues aus Amerika und England. — Hubert Salentin f. — Personalien. — Monumentalbrunnen in
Buenos Aires; Ideenwettbewerb unter Berliner Architekten; Wettbewerb für eine Zehlendorfer Oberrealschule. — Tuaillons Denkmal Kaiser
Wilhelms II. — Masperos Bericht über ägyptische Ausgrabungen. — Ausstellungen in Elberfeld, Bromberg, Dresden, Weimar, Hagen,
Düsseldorf, Leipzig; Sperl-Ausstellungen, Ausstellung französischer Kunst bei Kleykamp im Haag; Die Steinmetz-Sammlung; Ausstellung
von Gemälden Paul Frh. v. Schlippenbachs in Riga. — Neuerwerbungen des Berliner Kunstgewerbemuseums; Geschenk für das Museum in
Elberfeld ; Neuerworbene Perserteppiche im Metropolitan-Museum in New York; Erwerbung des Kaiser-Wilhelm-Museums in Krefeld. —
Der internationale Kongreß für Münzenkunde in Brüssel. — Vermischtes. — Forschungen. — Literatur.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. G.m.b.H. Leipzig
 
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