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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0290

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563

Literatur

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literarischen und kunsthistorischen Abschnitte einander
folgen. Diese Anordnung des Stoffes hat indes der Dar-
stellung nicht zum Vorteil gereicht; richtiger wäre es wohl
gewesen, die beiden Teile des Inhaltes nacheinander ab-
zuhandeln. Uber die religionsgeschichtliche Auffassung
B.s mögen Berufene urteilen. Dem kunstgeschichtlichen
Materiale werden neue Seiten nicht abgewonnen. Die
Darstellung der Entwicklung des Marienbildes ist im
wesentlichen eine Aufzählung und Beschreibung des Denk-
mälervorrates, also ikonographische Statistik. Trotzdem
aber, oder eher deswegen wird das Buch für den Kunst-
historiker ein wertvolles Nachschlagewerk werden. Die
zahlreichen Illustrationen sind zum großen Teile brauch-
bar. Der Abdruck der alten, nach Oarruccis Stichen an-
gefertigten Strichätzungen sollte aber endlich einmal auf-
hören. Otto Pelka.

Joachim von Sandrart als Künstler. Nebst Versuch
eines Kataloges seiner noch vorhandenen Arbeiten. Von
Paul Kutter. Mit 7 Lichtdrucktafeln. Straßburg, 1907.
J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel). XI u. 148 S. 8°. M. 8.-.
(Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 83. Heft.)
Es war ohne Zweifel ein sehr glücklicher Griff, gerade
die künstlerische Persönlichkeit Joachim von Sandrarts zum
Gegenstand einer besonderen Monographie zu machen.
Denn einmal darf Sandrart als der Prototyp der »besseren«
deutschen Künstler seiner Zeit, die kunstgeschichtlich noch
so wenig erforscht ist, gelten, sodann ist er als Kunst-
schriftsteller etwa von der gleichen, nicht geringen Be-
deutung wie als vielseitiger und fruchtbarer Künstler, und
endlich existieren über ihn namentlich in dem ausgezeich-
neten Buche von Sponsel über >Sandrarts Teutsche Aca-
demie, kritisch gesichtet« und in dem Aufsatz von Ivo
Striedinger »Sandrart in Altbayern« (in den »Forschungen
zur Kultur- und Literaturgeschichte Bayerns«, 1895) so gute
Vorarbeiten, daß das Unternehmen auch für einen Anfänger
— die vorliegende Studie ist aus einer Doktordissertation
hervorgegangen — nicht allzu gewagt erscheinen mußte.

Wesentlich als eine Ergänzung zu Sponsels Buch ist
Kutters Arbeit aufzufassen. Sandrarts Ansichten über die
Kunst und den Beruf und die Stellung des Künstlers, denen
Sponsel nur ein kurzes Kapitel (IX. »Sandrarts Kunsturteile«)
hatte widmen können, bilden ihren Hauptinhalt. Anderer-
seits werden gleichsam als Ergänzung der von Sponsel
gegebenen Verzeichnisse der Kupferstiche des ersten und
des zweiten Hauptteils, sowie der lateinischen Ausgabe der
»Teutschen Academie« in der zweiten Hälfte der Mono-
graphie ein chronologisches Verzeichnis der datierten Werke
Sandrarts, ein Verzeichnis der Zeichnungen des Künstlers
in dessen Zeichenbuch von 1621/23, das sich im Besitze
des Geb. Hofrats Marc Rosenberg in Karlsruhe befindet,
ein Verzeichnis der Gemälde Sandrarts, seiner Handzeich-
nungen und endlich von Kupferstichen nach verlorenen
Werken Sandrarts dargeboten.

Dem ersten Teile, in dem von dem eigentlichen Bio-
graphischen fast völlig abgesehen wird, hätten wir wohl
etwas mehr Geschlossenheit und eine straffere Disposition
wünschen mögen. Er flattert in einzelnen Abschnitten gar
zu aphoristisch auseinander und gewährt daher zum Schlüsse
nicht ganz das klare Bild von Sandrarts Kunstanschau-
ungen, das bei planvollerer Anordnung des Stoffes wohl
zu gewinnen und zu erbringen gewesen wäre. Immerhin
müssen wir dem Verfasser dankbar sein für das Gebotene,
das manchen interessanten Einblick in das Geistesleben
des 17. Jahrhunderts und namentlich in die Ästhetik jenes
Zeitabschnitts tun läßt, die den heutigen Ansichten von
der Kunst und ihren Aufgaben fast diametral entgegen-
gesetzt war. Allerdings hat auch Sandrart in der Praxis

seine eigenen theoretischen Vorschriften nur zum kleineren
Teile befolgt.

Sehr dankenswert sind auch die Oeuvre-Zusammen-
stellungen des zweiten Teils, wenn freilich auch hier noch
vieles zu wünschen übrig bleibt, eine Auseinandersetzung
über die Kriterien der Kunst des »teutschen Apelles« z. B.
in dem ganzen Buch überhaupt vermißt wird, das Ver-
zeichnis, insbesondere der Gemälde, sich so gut wie aus-
schließlich auf Sandrarts eigene ausführliche Mitteilungen
hierüber stützt, von irgendwelcher Stilkritik fast ganz ab-
gesehen, den verschollenen Bildern nicht weiter nachgespürt
ist, auch so manche in Museen und Privatbesitz Sandrart
zugeschriebene Gemälde keinerlei Beachtung und Behand-
lung gefunden haben.

Die sieben guten, dem Buche beigegebenen Lichtdruck-
tafeln sind vortrefflich ausgewählt, um das vielseitige
Können Joachim von Sandrarts zu verdeutlichen, wenn sie
natürlich auch von dem »lebhaften, überaus warmen Ko-
lorit«, das der Verfasser mit Recht als die stärkste Seite
seines Künstlers preist, keinen Begriff zu geben vermögen.

Theodor Hampe.

August Mau, Pompeji in Leben und Kunst. Zweite ver-
besserte und vermehrte Auflage mit einem Kapitel über
Herkulaneum. Mit 304 Abbildungen im Text, 14 Tafeln
und 6 Plänen. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann.
August Maus »Pompeji in Leben und Kunst« zu loben
ist eigentlich eine müßige Aufgabe. In diesem Buch ist
das Lebenswerk eines Mannes zusammengefaßt, der zweifel-
los der erste und beste Kenner der Stadt war; und so
haben auch die Vertreter des italienischen Unterrichts-
ministeriums, der Direttore degli Scavi und sein Stab, sich
für Ausgrabungen und Erhaltung der Denkmäler meist an
Mau gehalten, dessen gewichtiges Wort stets gehört
wurde. —

Die neue Ausgabe von »Pompeji in Leben und Kunst«
ist wesentlich erweitert und verbessert. Neue Forschungen
haben es verlangt, daß auch die Baugeschichte der Stadt,
namentlich in ältester Zeit (Kap. VI) ausführlicher behandelt
wurde. Sechs Perioden unterscheidet der Gelehrte: 1. die
älteste Zeit, der nur der dorische Tempel auf dem Forum
trianguläre und eine alte Säule im Hause der Insula VI, 5
zuzuweisen ist; 2. die Zeit der Kalksteinatrien; 3. die
Tuffperiode; 4. die erste Zeit der römischen Kolonie von
ungefähr 80 v. Chr. an; 5. die lange Periode bis zu dem
Erdbeben des Jahres 63 n. Chr., von den späteren Zeiten
der römischen Republik an und 6. die Zeit nach dem Erd-
beben des Jahres 63 n. Chr. — Auch das Kapitel XVIII
über den Tempel der Venus Pompejana kann jetzt eine
klare Baugeschichte der drei Perioden bringen, deren erste
durch die republikanische Zeit bis nach 80 v. Chr. dauert;
die zweite Periode, über die wir am besten unterrichtet
sind, läßt die Geschichte des Tempels von der Kaiserzeit
bis 63 n. Chr. erkennen; für die dritte Periode sind die
Versuche der Wiederherstellung des im Erdbeben zu-
sammengestürzten Prachtbaues zu erwähnen, der nie mehr
fertig geworden ist. — Von größter Wichtigkeit sind die
neuen Untersuchungen Maus über das große Theater, dessen
ursprünglicher griechischer Grundriß festgestellt ist. Über
die noch immer herrschende Streitfrage, ob in dem grie-
chischen Theater oben auf einer Bühne oder unten in der
Orchestra gespielt worden ist, müssen Maus Ergebnisse —
allerdings nur in isolierter Betrachtung des Pompejanischen
Theaters, ohne Rücksicht auf andere Theater — beachtet
werden: »Unwahrscheinlich ist das Spiel in der Orchestra,
wahrscheinlich das Spiel in dem schiefwinkeligen Raum
zwischen den Paraskenien, unwahrscheinlich das Spiel auch
ebenda auf einer von einem Proskenion getragenen Bühne.
Es bleibt also nichts anderes übrig, als das Spiel in eben
 
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