Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0325

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
633

Ausstellungen

634

rischen Hauptstadt weilte und Frantz Jourdain, der Präsident
des Herbstsalons, der sich unter den Gästen befand, ge-
legentlich einer Ansprache die Einladung an die Münchener
Künstlerschaft richtete, ihre Leistungen auch einmal in
Paris vorzuführen. Diese Einladung wurde dann im folgen-
den Frühjahr wiederholt durch ein offizielles Schreiben
Jourdains an die »Münchener Vereinigung für angewandte
Kunst«. Den deutschen Künstlern ist für die geplante Aus-
stellung ein ansehnlicher Teil des dem Pariser Herbstsalon
zustehenden Platzes im Grand Palais zur Verfügung ge-
stellt. Man sieht der Veranstaltung in Deutschland wie in
Frankreich mit gleich großem Interesse entgegen; denn es
ist das erstemal seit der Weltausstellung von 1900, daß
das deutsche Kunstgewerbe in Paris repräsentativ auftritt.

Kassel. Im Hofe der alten Kunstakademie hat zurzeit
eine von der Kasseler Gewerbehalle veranstaltete Aus-
stellung für Friedhofskunst Platz gefunden. Aus der
richtigen Erwägung heraus, daß die Einführung einzelner
künstlerischer Grabmäler von auswärts wenig nützt, wenn
nicht die ortsansässigen Handwerksmeister unter Leitung
tüchtiger Künstler zur Mithilfe herangezogen werden, haben
Kasseler Künstler die Mehrzahl der Denkmäler entworfen
und von Kasseler Handwerksmeistern ausführen lassen.
Als Material ist hessischer Sandstein bevorzugt worden.
Zu erwähnen sind namentlich die Arbeiten des Lehrers an
der Kgl. Kunstgewerbeschule, Sautter, der auch den stim-
mungsvollen, in raumkünstlerischer Beziehung bemerkens-
werten Rahmen der Ausstellung entworfen hat.

Die Japanische Ausstellung in London ist, wie wir
hören, früher als es beabsichtigt war, geschlossen worden
und zwar in den ersten Septembertagen. Diese Gelegen-
heit sei benutzt, einen Druckfehler in dem Aufsatze des
Herrn Dr. Kümmel »Ostasiatische Malerei im British Mu-
seum« in der letzten Nummer zu berichtigen: Aufspalte 613,
Absatz 3, Zeile 8 von unten muß es statt Chionin heißen
Chionji.

Wien. Albertina. XVI. Ausstellung. Wie alljähr-
lich bietet auch heuer die Herbstausstellung der Albertina
eine Übersicht über die im letzten Jahre erworbenen Kunst-
werke, die in einer Auswahl vorgeführt werden. An erster
Stelle sei da genannt eine Gewandstudie, eine weiß ge-
höhte Zeichnung auf grünem Papier; das ganz prächtige,
fast dürerartig anmutende Blatt ist das Werk eines unbe-
kannten venezianischen Meisters des 16. Jahrhunderts.
Blätter von Lodovico Mazzolini, Oiovanni Franca und eine
Verkündigung des Cavaliere d'Arpino schließen sich würdig
an. Vom Geiste großzügiger Formensprache ist eine
Bisterskizze Parmigianinos (Heimsuchung) erfüllt. Giulio
Romano, Luca Cambiaso und Carlo Maratta sind mit
guten Zeichnungen vertreten; eine Schindung des Marsyas
von Paolo Farinati verdient Erwähnung, desgleichen eine
feine Federzeichnung von Stefano della Bella. Ein Blatt
von Salvator Rosa muß als besonders glückliche Erwerbung
genannt werden; es stellt den Künstler selbst dar in Ge-
meinschaft mit seinem Freunde auf dem Lande. Auf der
Rückseite der Zeichnung befindet sich ein Schreiben, ge-
richtet an den »Ritter von der Feder«. Wer damit gemeint
ist, ist nicht ersichtlich, da Beschädigungen des Blattes die
Adresse vernichtet haben. Ohne Zweifel ist dem Ganzen
aber zu entnehmen, daß, wie Leandro Ozzola (Cicerone I,
S. 691) anführt, das Blatt von der Hand Salvator Rosas
herrührt und ihn selbst mit einem Freunde darstellt, wie
sie auf dem Lande als Einsiedler leben und sich an Natur-
genuß, Poesie und Malerei erfreuen. Von den Italienern,
die diesmal in recht reicher Zahl Eingang fanden, sind

nebst einer Verehrung Mariens von Pietro de Pietri und
Blättern von der Hand Ouercinos noch zwei Rötelzeich-
nungen von G. Piranesi zu erwähnen; es sind Skizzen für
seine Vedute di Roma. — Die holländische Schule ist mit
einer Silberstiftzeichnung von Qoltzius (Damenbildnis), einer
Gruppe aus der Sippe Christi eines niederländischen Mei-
sters des 16. Jahrhunderts und einer wirksamen Studie
»Saul und David in der Höhle von Engaddi« in der Art
des Aert de Gelder vertreten. — Die besten Blätter der alt-
deutschen Schule sind anonym. Zu nennen sind in erster
Linie ein Christus am Kreuze und eine hl. Magdalena aus
dem 15. Jahrhundert; aus derselben Zeit stammt die Zeich-
nung »Salome vor Herodes« von einem Baseler Meister.
Der ältere und jüngere Breu sind durch vorzügliche Blätter
vertreten, und Wächtlins Federzeichnung eines Bogen-
schützen läßt die vollendete Kunst des Straßburger Meisters
bewundern. Zu nennen wären noch Blätter von Cristoph
Amberger, eine mythologische Szene Georg Pehams und
ein anonymes Blatt eines oberdeutschen Meisters des
16. Jahrhunderts (Parisurteil). Einige recht gute Feder-
zeichnungen des Tirolers Troger und zwei anonyme Por-
trätminiaturen auf Pergament (die Kaiserin Maria Theresia
und die Kaiserin Katharina von Rußland) leiten zur Gruppe
moderner Blätter über.

Johann Höchtes Schlachtenbilder wirken durch die
Unmittelbarkeit ihrer Darstellungsweise gegenständlich.
Eine Skizze von der Schlacht bei Aspern gewinnt noch
besondere Bedeutung, da eine handschriftliche Beglaubigung
von Ant. Gräffer erhärtet, daß der Künstler unter Gefahr
für sein Leben die Skizze am Schlachtfelde nach der Natur
gezeichnet habe. Sie dürfte wohl die einzig existierende
authentische bildliche Darstellung der Schlacht sein. Der
modernen Kunst ist ein ziemlich breiter Raum eingeräumt.
An dem- Altmeister W. Busch wurde eine Ehrenschuld ge-
tilgt, indem die köstliche Serie »Das warme Bad« (ver-
öffentlicht in den Münchener Bilderbogen Nr. 412) für die
Sammlung erworben wurde. Max Klingers Studie zu einer
der Frauengestalten auf dem Leipziger Aulabilde (signiert
1906) weist alle Vorzüge des großen Meisters auf. William
Ungers Bleistiftskizze zu einem Porträt des alten Malers
Lichtenfels und M. Slevogts Selbstporträt sind flott hin-
gestrichene Bildnisse. O. Gulbransson fand mit einer
lustigen Satire auf Gerhard Hauptmann (veröffentlicht im
»Simplizissimus«) Eingang in die Albertina. Der Rhein-
länder Hollenberg lieferte eine prächtige Gouachelandschaft,
O. Greiner eine stilistisch interessante allegorische Dar-
stellung für eine Umrahmung. Der Münchener Edmund
Steppes, dessen Kunst immer weitere Kreise zu interessieren
beginnt, brachte eine Bleistiftzeichnung, die in einer ganz
eigenartig-duftigen Technik eine Fülle von Naturstimmung
ausströmt. Von C. A. Reichel, der von der »Wiener Kunst-
schau« her als Künstler von der äußersten Linken in Er-
innerung ist, wurden zwei Blätter erworben; ein Holz-
schnitt und eine Rötelzeichnung (Frauenakt). Sie geben
den erfreulichen Beweis, daß der junge Künstler nach
manchen extravaganten Abwegen sich nunmehr selbst ge-
funden hat; namentlich der Holzschnitt birgt eminent de-
korative Werte.

Von den graphischen Blättern, die in großer Anzahl
erworben wurden, seien nur einzelne genannt. Am zahl-
reichsten vertreten ist wohl der Wiener Ferdinand Schmutzer.
Francisque Raffaelli, Hans Thoma, Maurice Dumont (Glypto-
graphie), Max Klinger, J. Penneil, Fantin-Latour, Herkomer,
Leibi, Rodin, A. Zorn seien hervorgehoben. — Nicht un-
erwähnt bleibe eine Reihe von japanischen Pinselzeich-
nungen (Kuniyoshi, Hokusai und Kiosai), die die Samm-
lung auf dem Gebiete ostasiatischer Kunst in erfreulicher
Weise bereichern. Ant. Reichel.
 
Annotationen