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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Dresdener Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0330

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Dresdener Ausstellungen

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die Farbenwirkung ist die große Studie zu einem
Fresko, einen Stier von zwei Männern geführt dar-
stellend, von Paul Rößler. Gegenüber dieser selb-
ständigen Arbeit erinnert der sonst tüchtige farbige
Karton zweier Männer, der eine im gelben Rocke,
von Karl Schulz einigermaßen an S. Schneider. Eine
eigene Größe und Ruhe der Auffassung liegt im Bilde
einer Frau mit Kind von Anton Pepino. Als neue
Erscheinungen von viel Können und ernstem Streben
zeigen sich im Figürlichen Georg Gelbke mit einem
sehr herben Mädchenakt, Paul Schönfeld mit einem
strengen tonfeinen Mädchenbildnis, G. Meyer-Buch-
wald mit einem etwas dünn gemalten lebensgroßen
Mann auf der Heide (Wanderer), Paul Perks mit zwei
altertümlich kostümierten Kriegern und einem viel
frischeren Blumenbeet aus dem großen Garten, Al-
fred Borsdorf mit dem etwas anspruchsvoll gegebenen
Alten im weißen Korbstuhl, Alexander Gerwig mit
seinen zeichnerisch sehr gründlichen Streikarbeitern,
E. v. Gerliczy mit einem breitgemalten Bildnis, ferner
Reinh. M. Kuntze mit einem fast zu weichen Damen-
porträt, Joh. Johansson mit dem stark auf Silhouetten-
wirkung abzielenden Bildnis des Malers Claus und
Paul Wilhelm mit einem Damenbildnis ähnlicher Art.
Im Tierbild im nahen Zusammenhange mit der Land-
schaft bringt E. Hegenbarth wieder mehrere ausge-
zeichnete Gemälde, die Sandfuhre, die Viehherde und
die Fähre, jedes apart in seiner Art. Neben ihm ist
Willi Thurm mit einem recht gut und kräftig erfaßten
Gespann heimkehrender Rinder zu nennen. Reich
ist auch das Gebiet der Landschaft. Wirksame große
und kleine Bilder von elegantem Farbengeschmack
bringt Eugen Bracht. Feine Stimmungen zeigen
Georg Hänel mit dem Pflüger auf kargem Boden,
Wilh. Claus mit der in silbrigem Grau und wirksam
in den Maßen gehaltenen alten Allee bei Dresden,
Siegfried Berndt mit der Elbe bei Altona, das Früh-
lingsbild von Otto Fischer, wogegen seine Landschaft
mit den Schneebergen (Disentis) kräftigere Wirkungen
erzielt, sodann die fränkische Stadt im Frühling von
Franz Kunz, die blumige Wiese mit dem Forellen-
bach von G. W. Ritter. Kräftige Wirkungen und
einen besonderen Zauber gibt A. Bendrat in dem
Bilde auf den Zinnen von Schloß Helsingfors, in dem
Blick über grüne Dächer und die See und mit dem
freundlichen Schloßteich in Oliva. Sehr wirksam ist
auch Fritz Beckerts Bild am Zwinger mit den grell
beleuchteten gelben und roten elektrischen Bahnen
herausgearbeitet, während seine Partie hinter der
Frauenkirche in grau zusammengeht. Recht flott,
breit und sicher und tonlich geschlossen sind ferner
das Hellerwäldchen im Herbst und der Birkenwald
von Otto Altenkirch. Stärker, doch fein abgestimmt,
geht Helene Funke mit dem Kai in Paris in die
Farben. Weicher, obwohl nicht minder lebendig ist
die Szene der Straße mit den Landarbeitern am Arno
von Rudolf Siegmund (Weimar). Nichts kommt je-
doch gegen die Farbenorgien auf, die, immerhin um
vieles gerundeter und annehmbarer als in der Brücken-
ausstellung zu sehen ist, Pechstein mit den Bildern
vom Kurischen Haff, Heckel mit der italienischen Land-

schaft und vollends Kirchner mit seinem Strandbilde
verüben. Wie verständig sich das vorgesetzte Farben-
und Formenproblem ausdrücken läßt, zeigt das Klare,
tüchtige Stilleben von Pechstein. — Von graphischen
Werken mögen unter anderen die Radierungen von
Georg Erter, Zeichnungen von G. Gelbke, Rehn, Or-
lik (Gerh. Hauptmann, Rad.), Bohle, M. Klinger (Vom
Tode, Rad.) hervorgehoben werden; von Werken der
Architektur die Modelle der Synagoge für Görlitz
mit hohem Mittelbau von Lossow und Kühne, Teile
von der prächtigen neuen Universität München von
G. Bestelmeyer, das stolze Festsaaltheater Lübeck von
M. Dülfer, das Warenhaus L. Tietz, Elberfeld von
W. Kreis und das ruhig machtvolle Theater Hagen
i. W. (Prospekt) von Schilling und Graebner. — Eine
stattliche Anzahl plastischer Werke ist durch die Säle
verteilt. Obenan steht Wrba mit einer imposanten
Büste des Königs Friedrich August und einer weib-
lichen Brunnenfigur. Von K Groß ist ein reizender
Kinderbrunnen da und von Otto Pilz ein vorzüglicher
Bärenbrunnen. Arthur Lange zeichnet sich durch
groß und edel einfach aufgefaßte weibliche Gestalten
und eine schöne Gruppe Jüngling und Mädchen,
Schreitmüller durch einen imposanten, wiewohl ein
wenig posierenden Charon aus. Von Rob. Diez sieht
man eine wuchtige Gutenbergbüste (für das deutsche
Museum München) und einen Engel, das Bruchstück
eines Grabmals, ferner teils scharf charakterisierte, teils
zart gebildete Bildnisbüsten von Wrba, Pöppelmann,
Werner, Kramer, Bauch, Sintenis, und Tierstücke von
Fritz Pilz. — Viel Eigenartiges verschiedener Art an
Werken des Kunstgewerbes enthalten die Kästen und
Schränke, darunter vornehmlich schöne Goldschmiede-
arbeiten von Karl Oroß. — Von auswärtigen Künst-
lern ist M. Liebermann mit flotten Zeichnungen zu
nennen. Hervorragend sind Corinth (Homerisches
Gelächter; weiblicher Akt), Slevogt (Kleopatra, eine
Bildnisskizze), Hettner (Männer in der Barke), Arthur
Kampf (Artist) vertreten. Farbenfunkelnde Bilder zeigen
Beckmann (David und Batseba) und Meid (Tannhäu-
ser), prägnanten Ausdruck v. Brockhusen, v. Haber-
mann, Samberger, Landenberger, Georgi sind mit Bild-
nissen, Orlik, Nissl und Pampel mit Akten, v. Bran-
dis mit einem sehr fein gestimmten Inneren mit einer
Dame vertreten, ebenso Graf Kalckreuth eigenartig mit
dem Mädchen mit Teebrett, Dill, Träbner, Pietsch und
andere mit Landschaften, Stremel und A. Sohn-Rethel
mit aparten Blumen, und mit Bronzen Gaul und Kolbe
(Ringende Kinder).

Gleichzeitig bringt die Galerie Ernst Arnold eine
höchst fesselnde Ausstellung von Werken von Paul
Gauguin (geb. 1845, gest. 1903), die vordem nur
noch in der modernen Galerie in München zu sehen
war. In der Reihe der radikalen Neuimpressionisten,
der Seurat und Signac mit ihrer Gefolgschaft und der
feurige van Gogh angehören, ist Paul Gauguin die
interessanteste Erscheinung. In der hier zusammen-
gestellten und sehr fein ausgewählten Gruppe seiner
Gemälde, die aus der zweiten Hälfte der achtziger
und der ersten Hälfte der neunziger Jahre stammt,
läßt sich recht gut seine eigentümliche Entwickelung
 
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