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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Trenkwald, Hermann von: Schriften der Giesserei Gebr. Klingspor in Offenbach a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0059

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ssssss SCHRIFTEN DER GIESSEREI sssssä
GEBR. KLINGSPOR IN OFFENBACH a. M.

Es ist charakteristisch für die neuzeitige kunstgewerb-
liche Bewegung, daß sie gleich bei ihren Anfängen
aufs große Ganze ging und ihre Aufgaben im wei-
testen Sinne umspannte. Nur wenige künstlerisch-eigen-
artige Sonderarbeiten traten wie Vorboten der Bewegung
auf; dann aber ward gleich eine umfassende neue Raum-
kunst das Ziel der Künstler.

Auch beim graphischen Gewerbe erstreckten sich die
Bestrebungen über das ganze Gebiet. Das Buch, der
Akzidenzdruck, vor allem das Plakat wurden mit einbe-
zogen. Betreffs des Buches wiederum blieb es nicht etwa
bloß beim ornamentalenSchmuck und bei der Illustration,
auch Type und Schriftsatz sollten mit neuem, künstle-

Behrens-Antiqua von Gebr. Klingspor, Offenbach am Main.

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DERVOGELWEIDE

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rischem Geiste belebt werden, so daß das ganze Buch,
als ein Kunstwerk erfaßt, einheitliches Gepräge erhalte.
Die Engländer waren uns hierin vorangegangen.
William Morris, Cobden-Sanderson und Walter Crane
sind die kennzeichnendstenVertreter jener Bestrebungen,
welche auf Veredelung des Buchdruckes und der Illu-
stration abzielten. Ihre dem Geiste alter Druckschriften
entnommenen Lehren fanden Widerhall in Deutschland.
Dennoch gerieten wir nicht völlig ins englische Fahr-
wasser. Ein ausgesprochener Subjektivismus in der Kunst
hielt uns davon zurück.

Seit etwa einem Dezennium haben wir eine ganze
Reihe selbständiger Neuschöpfungen in Type und Buch-
verzierung. Am konsequentesten und
eindringlichsten beschritt die ehemals
Rudhardsche Gießerei in Offenbach neue
Bahnen. Wenn wir ihre Anzeigen und
Probehefte durchblättern, werden wir
gewahr, daß der neue Weg nicht sofort
gefunden wurde. Auch diese Firma
mußte sich aus den Niederungen eines
unglücklichen »Jugendstiles« empor-
heben; sie gelangte aber nach kurzer
Zeit zu Leistungen, welche in solche
Höhe aufragen, daß die Gießerei heute
führend erscheint. Es war ein zähes, un-
erschrockenes Emporarbeiten. Was aber
dieschaffendenKünstlerderEnergie,dem
Enthusiasmus und vor allem der tech-
nischen Erfahrung der Firma-Inhaber zu
verdanken haben, ist von ihnen mehr als
einmal anerkannt worden.

In den folgenden Zeilen soll nicht von
sämtlichen Schriften der Klingsporschen
Gießerei die Rede sein. Ich wähle die
markantesten und erfolgreichsten.

Man kann die ECKMANN-SCHRIFT,
die 1900 erschien, als die moderne
schlechthin bezeichnen. Sie geht bis an
die für eine künstlerische Schrifterneue-
rung mögliche Grenze. Kann es sich
doch bei einer guten Neuschöpfung nur
darum handeln, gegebene Grundformen
einer Schrift mit dem Formensinn einer
neuen Zeit zu durchdringen. Dies aber
hat der Künstler im vollsten Maße getan.
Eine Type wird nicht dadurch schön, daß
man ihre Form verschnörkelt oder sie, im
[Gegensatz hierzu, zu einer gehaltlosen
verfeinerten »Normaltype« umwandelt.
Eckmanns Type hat eine wohldurchge-
arbeitete und doch einfache Form, sie
liefert ein sattes, volles Druckbild, wie
 
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