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Trenkwald, Hermann von: Schriften der Giesserei Gebr. Klingspor in Offenbach a. M.
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0061
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SCHRIFTEN DER GIESSEREI GEBR. KI.INGSPOR IN OFFENBACH A. M.
typographische Meisterleistung der Firma ist. Mit er-
lesenem Geschmack sind zahlreiche, zumeist mehrfarbige
Anwendungsbeispiele gegeben, die in ihrer Art unüber-
trefflich sind, Höhepunkte heutigen Akzidenzdruckes
darstellen. Das Ornament, aus Spiralen, Kreisen und
anderen geometrischen Formen bestehend, erscheint
dem Stcmpelschnitt angepaßt.
In jüngster Zeit ist die Klingsporsche Gießerei mit
einer neuen, ebenfalls von Professor PETER BEHRENS
entworfenen ANTICJUA hervorgetreten. Sie bietet uns
damit eine von englischen und amerikanischen Mustern
unabhängige Schritt. Gerade die Antiqua künstlerisch
neu zu gestalten, ist überaus schwierig. Man hat sich in
Deutsehland nicht so recht darangewagt. Allzu Persön-
liches verwischt den Charakter dieser Schrift, die sich
aus einlachen Strichelcmenten zusammensetzt und große
Klarheit sowie vornehme Ruhe aufweisen muß. Sic ver-
trägt in ihrer Gestaltung nur eine reife Schönheit.
Die neue Antiqua ist mit äußerster Sorglalt durch-
gebildet ! eine große Zahl von Versuchen muß hinler ihr
liegen. Größenverhältnisse, Strichstärke, Abstufung der
Grade das alles ist svohlerwogen. Man hat sofort den
Eindruck einer künstlerisch und technisch durchaus hoch-
stehenden Leistung. Das Probeheft gibt vornehme,
geradezu klassisch wirkende Satz- und Seitenbilder.
Behrens geht nicht von der Antiqua der italienischen
Renaissance aus, wie z. B. Morris bei seiner »Golden
Type«. Die Entwürfe lassen sich auf Antiquaformen des
frühen Mittelalters zurückführen, und manches zunächst
Befremdende ist den Unzialschriften entnommen. Der
Künstler hat sich in größerer stilistischer Freiheit bewegt
als bei seiner ersten Schrift. Wenn auch die Antiqua
deutlich als Federschritt gekennzeichnet ist, verwendet er
doch bei M und N zwei gleich breite senkrechte Grund-
striche und zeichnet bei N den Schrägstrich als Haar-
strich. Das widerspricht dem Charakter einer mit der
Feder gezeichneten Schrift. Diese Form ist Unzialschriften
entnommen; sie stört die Lesbarkeit nicht und schafft
in gewisser Hinsieht ein gleichmäßigeres Buchstabenbild
(M,N,H). Behrens gibt auch zwei Versal-E (EundC).
Damit hat der Setzer eine größere Freiheit bei rhythmi-
scher Durchbildung eines Wort- oder Satzbildes erhalten
(OT6RO GEORG). Am auffälligsten ist aber der
Wechsel von schmalen und breiten Formen einzelner
Versalbuchstaben. Den P und R stehen O U Q_G C
gegenüber. Was man bisher als unbedingtes Stilerforder-
nis bezeichnete, Gleichmäßigkeit in den Abmessungen,
ist verlassen zugunsten eines ungebundeneren Rhythmus.
Ist nun dieses freiere Vorgehen bloß Laune eines Künst-
lers oder Symptom einer allgemeineren Entwicklung?
Ich glaube, daß das letztere der Fall. Wenn verschiedene
Zeichen nicht trügen, so geht überhaupt die kunstgewerb-
liche Entwicklung von jener strengen Geschlossenheit,
welche das Einzelobjekt unter die Gesetze eines großen
dekorativen Ganzen, fast bis zur Aufgabe eigener In-
dividualität, unterordnet, zu einer freieren und liebe-
volleren Durchbildung des einzelnen. Ist der Formen-
ausdruck einer Zeit derart gefestigt und in das all-
gemeine Bewußtsein übergegangen, daß er ein stehendes
Schaffensniveau charakterisiert, dann kann und muß
das einzelne sich von der zwangvollen Unterordnung
befreien.
Die Ornamente zur Behrens-Antiqua gleichen im
Typus den zur Kursiv geschaffenen, so daß manches
Einzelstück hier wie dort verwendet werden könnte. Die
auch in diesem Punkte sieh äußernde größere Freiheit
steigert die Verantwortlichkeit des Setzers. Mit dem
Klingsporschen Probeheft aber besitzt er ein Musterbuch
im schönsten Sinne des Wortes.
Frankfurt a. M. II. v. Trenkwald.
RODONNATcV GAULOIS
TOULOUSE RUED'ULM
LIQUEURS ETCOGNACS
Behrens - Anti<|ii.i von Oebr, Klingspor, Otfenhacli am Main.
SCHRIFTEN DER GIESSEREI GEBR. KI.INGSPOR IN OFFENBACH A. M.
typographische Meisterleistung der Firma ist. Mit er-
lesenem Geschmack sind zahlreiche, zumeist mehrfarbige
Anwendungsbeispiele gegeben, die in ihrer Art unüber-
trefflich sind, Höhepunkte heutigen Akzidenzdruckes
darstellen. Das Ornament, aus Spiralen, Kreisen und
anderen geometrischen Formen bestehend, erscheint
dem Stcmpelschnitt angepaßt.
In jüngster Zeit ist die Klingsporsche Gießerei mit
einer neuen, ebenfalls von Professor PETER BEHRENS
entworfenen ANTICJUA hervorgetreten. Sie bietet uns
damit eine von englischen und amerikanischen Mustern
unabhängige Schritt. Gerade die Antiqua künstlerisch
neu zu gestalten, ist überaus schwierig. Man hat sich in
Deutsehland nicht so recht darangewagt. Allzu Persön-
liches verwischt den Charakter dieser Schrift, die sich
aus einlachen Strichelcmenten zusammensetzt und große
Klarheit sowie vornehme Ruhe aufweisen muß. Sic ver-
trägt in ihrer Gestaltung nur eine reife Schönheit.
Die neue Antiqua ist mit äußerster Sorglalt durch-
gebildet ! eine große Zahl von Versuchen muß hinler ihr
liegen. Größenverhältnisse, Strichstärke, Abstufung der
Grade das alles ist svohlerwogen. Man hat sofort den
Eindruck einer künstlerisch und technisch durchaus hoch-
stehenden Leistung. Das Probeheft gibt vornehme,
geradezu klassisch wirkende Satz- und Seitenbilder.
Behrens geht nicht von der Antiqua der italienischen
Renaissance aus, wie z. B. Morris bei seiner »Golden
Type«. Die Entwürfe lassen sich auf Antiquaformen des
frühen Mittelalters zurückführen, und manches zunächst
Befremdende ist den Unzialschriften entnommen. Der
Künstler hat sich in größerer stilistischer Freiheit bewegt
als bei seiner ersten Schrift. Wenn auch die Antiqua
deutlich als Federschritt gekennzeichnet ist, verwendet er
doch bei M und N zwei gleich breite senkrechte Grund-
striche und zeichnet bei N den Schrägstrich als Haar-
strich. Das widerspricht dem Charakter einer mit der
Feder gezeichneten Schrift. Diese Form ist Unzialschriften
entnommen; sie stört die Lesbarkeit nicht und schafft
in gewisser Hinsieht ein gleichmäßigeres Buchstabenbild
(M,N,H). Behrens gibt auch zwei Versal-E (EundC).
Damit hat der Setzer eine größere Freiheit bei rhythmi-
scher Durchbildung eines Wort- oder Satzbildes erhalten
(OT6RO GEORG). Am auffälligsten ist aber der
Wechsel von schmalen und breiten Formen einzelner
Versalbuchstaben. Den P und R stehen O U Q_G C
gegenüber. Was man bisher als unbedingtes Stilerforder-
nis bezeichnete, Gleichmäßigkeit in den Abmessungen,
ist verlassen zugunsten eines ungebundeneren Rhythmus.
Ist nun dieses freiere Vorgehen bloß Laune eines Künst-
lers oder Symptom einer allgemeineren Entwicklung?
Ich glaube, daß das letztere der Fall. Wenn verschiedene
Zeichen nicht trügen, so geht überhaupt die kunstgewerb-
liche Entwicklung von jener strengen Geschlossenheit,
welche das Einzelobjekt unter die Gesetze eines großen
dekorativen Ganzen, fast bis zur Aufgabe eigener In-
dividualität, unterordnet, zu einer freieren und liebe-
volleren Durchbildung des einzelnen. Ist der Formen-
ausdruck einer Zeit derart gefestigt und in das all-
gemeine Bewußtsein übergegangen, daß er ein stehendes
Schaffensniveau charakterisiert, dann kann und muß
das einzelne sich von der zwangvollen Unterordnung
befreien.
Die Ornamente zur Behrens-Antiqua gleichen im
Typus den zur Kursiv geschaffenen, so daß manches
Einzelstück hier wie dort verwendet werden könnte. Die
auch in diesem Punkte sieh äußernde größere Freiheit
steigert die Verantwortlichkeit des Setzers. Mit dem
Klingsporschen Probeheft aber besitzt er ein Musterbuch
im schönsten Sinne des Wortes.
Frankfurt a. M. II. v. Trenkwald.
RODONNATcV GAULOIS
TOULOUSE RUED'ULM
LIQUEURS ETCOGNACS
Behrens - Anti<|ii.i von Oebr, Klingspor, Otfenhacli am Main.