KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
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führung eines einheitlichen Planes hat sich mit der Ver-
legung der Schulräume in einen besonderen Neubau erfüllt,
und die Wiedereröffnung des Museums, das zum Zweck
einer durchgreifenden Umgestaltungund Erweiterunglängere
Zeit geschlossen war, zeigt, daß man dem endgültigen Ab-
schluß der organisatorischen Arbeit einen beträchtlichen
Schritt näher gekommen ist. Es sind namentlich zwei
Gesichtspunkte, nach denen das Museum erweitert worden
ist. Zunächst eine Forderung, womit dem seit der Gründung
des Museums so bedeutend fortgeschrittenen Stand der
Entwickelung sein Recht geschieht, ist die stärkere Be-
rücksichtigung der modernen Kunst, von der damals ja kaum
die ersten Lebensäußerungen zu spüren waren. Freilich
liegt hier die besondere Schwierigkeit darin, aus der dem
Wechsel derZeitströmung unterliegenden Produktion muster-
gültige Stücke auszulesen und als bleibende Resultate der
Entwickelung dem Museumsbestand einzuverleiben. Hier
beschränken sich die Erwerbungen deshalb im wesentlichen
noch auf Einzelstücke, die jetzt, zu einer besonderen Ab-
teilung zusammengestellt, einzelne Zweige des modernen
Kunsthandwerks — namentlich Keramik und Metallkunst —
in ausgewählten Kollektionen repräsentieren. Im übrigen
wird die moderne Kunst auch in den vorübergehenden
Ausstellungen des Lichthofes — der durch eine dekorative
Vereinfachung wesentlich gewonnen hat — zu Wort kommen.
Was aber die Hauptaufgabe der Museumserweiterung —
den Ausbau der historischen Abteilung — betrifft, so liegt
der Schwerpunkt in der Zusammenstellung vorbildlicher
Ensembles der Raumkunst. Der einheitliche Grundplan,
der hier durchgeführt wird, wird nach der vollständigen
Ausführung aller Zimmer, die Entwickelung der Raumkunst,
soweit sie uns in erhaltenen Werken überliefert ist, ver-
anschaulichen: also vom späteren Mittelalter bis in die Mitte
des 19. Jahrhunderts, wo bei uns die letzten Triebe lebendiger
Tradition abgestorben sind. Auch ist vorausgesehen, daß
sich die wiedererwachende Raumkunst unserer Zeit der
historischen in muster-
gültigen Beispielen an-
schließen soll. Beson-
deres Gewicht wurde
darauf gelegt, keine
Museumsschaustücke
zu sammeln, deren Wert
vor allem in ihrem hi-
storischen oderantiqua-
rischen Interesse liegt,
sondern vorbildliche Ar-
beiten, an denen die
Gegenwart lernen kann.
Gerade deshalb tritt die
Repräsentationskunst
hinter der eigentlichen
Wohnkunst möglichst
zurück: es sind über-
wiegend Bürgerstuben,
Bauernstuben, auch ele-
gantere Interieurs (na-
mentlich aus der Louis
Seize-und LouisQuinze-
Zeit) von intimem Cha-
rakter. Die Hauptfund-
quelle ist außer der
Schweiz, dem fränki-
schen Bayern (Nürn-
berg) undTirol vorallem
Baden selbst, so daß
auch ein gewisser land-
schaftlicher Zusammen-
Kunstgewerbeblatt. N. F. XX. H.
Ja**
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W. Frey iü Co., Silber-Double- und Silberschmuck
mit Simili- und farbigen Steinen
hang zum Ausdruck kommt. So wird das Karlsruher Kunst-
gewerbe-Museum als Quelle für das Studium künstlerischer
Kultur in seiner Eigenart eine wichtige Ergänzung zu den
anderen derartigen Museen bilden — namentlich zu denen,
die in einer Zeit entstanden sind, wo noch die Vorliebe für
das Reiche und Repräsentative den Ausschlag für die Aus-
wahl gegeben hat. Karl mdmer
AUS VEREINEN UND GESELLSCHAFTEN
° Berlin. Ein »Bund der deutschen und österreichischen
Künstlerinnen-Vereine« ist im Januar an die Öffentlichkeit
getreten. Er beabsichtigt die Interessen der ausübenden
bildenden Künstlerinnen zu vertreten. Der Vorort ist für
drei Jahre in Berlin, die Geschäftsstelle befindet sich in
München, Barerstraße 21. n
a Berlin. In Berlin hat sich im Dezember eine Gesell-
schaft für deutsche Kunst im Auslande E. V. unter dem
Vorsitz des Kaiserlichen Geheimen Regierungsrates R. Platz
gebildet, die sich die Aufgabe gestellt hat, durch gewählte
Ausstellungen, Vorträge und Aufsätze zur höheren An-
erkennung und besseren Verbreitung der deutschen Kunst
im Auslande beizutragen. Es haben sich dieser Vereinigung
bereits eine großeZahl bedeutenderKünstlerallerRichtungen
und nahezu ebenso viele wohlhabende Kunstfreunde des
ganzen Deutschen Reiches angeschlossen. Da weder eine
künstlerische Richtung noch irgend eine Genossenschaft
besonders bevorzugt werden soll, so darf man hoffen, daß
es dieser Gesellschaft gelingen werde, dem Auslande ein
wirklich unparteiisches und empfehlendes Bild deutscher
Kunst vorzuführen. Die Begründer haben es richtig heraus-
gefühlt, daß zur Erreichung dieses Zweckes die Gesellschaft
keinen Künstlerverein allein darstellen darf, sondern ihren
Charakter des Zusammenschlusses einflußreicher Kunstfreunde
zur Pflege deutscher Kunst und Förderung deutscher Künst-
ler durchaus wahren muß. Die Gesellschaft wird der
deutschen KunstimAus-
Iande zunächst durch
Schaffung von Ausstel-
lungsgelegenheiten,
Zollerleichterung usw.
die Wege ebnen. Sie
wird in gleicher Weise
diePflege der sogenann-
ten hohen Kunst als
auch des Kunstgewer-
bes sich angelegen sein
lassen. o
o Frankfurt a. M.
Kunstgewerbeverein. Das
Vermögen des Vereins
beläuft sich auf 615000
Mk., worunter sich die
Museumsgegenstände
mit450000Mk.befinden.
Die Bibliothek zählt jetzt
11566 Bände, die Vor-
lagensammlung 12595
Blätter. Das Museum
wurde von 11480 Per-
sonen besichtigt, 2000
mehr als im Vorjahre.
° Königsberg i. Pr. In
einer ordentlichen Ver-
sammlung des Kunst
gewerbevereins besprach
Herr Aderjahn am 4. De-
zember die vom Verein
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