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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

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Lux, Joseph August: Zu Joseph M. Olbrichs Gedächtnis: eine Charakteristik des Menschen und des Künstlers
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Schmidkunz, Hans: Mosaikverglasung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0120

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MOSAIKVERGLASUNO



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Ein schwarzer Keil Menschen schob sich gegen Abend gegen die dunkle Wand, die sich vor den hinteren
Freitreppen seiner Kunsthalle aufrichtete wie ein Riesenschatten, der von den lodernden Totenfackeln ein un-
gewisses Licht empfing. Der Abendhimmel schimmerte matt wie ein Silberspiegel und fing das Bild der
hohen Pappeln auf, die gegen das Totengepränge und gegen das Orange der Fackeln zart und impressio-
nistisch verblaßten. D

Ein Frösteln griff ans Herz an diesem warmen Abend. Schwere Musik stieg aus dem flackerig durch-
zuckten Dunkel, pathetisch, fast heroisch gesteigert; die Musen schritten mit feierlichen Gebärden von den
hohen Treppen im Hintergrund herab, ihren Liebling zu betrauern, und dann fielen Worte in das Dunkel
und über die horchenden Menschen, Worte, die den Ruhm des Künstlers zu sagen versuchten . . . Von
neuem quoll Musik hervor, in den hehren Trauerklängen der Götterdämmerung, als die Walküren den Helden
nach der Walhalla brachten. Und dann war ein langes Schweigen und ein Senken der Fackeln oben und
ein Verlöschen. Und ein Auseinandergehen, ein letztes Abschiednehmen. IOSEPH AUG. LUX

MOSAIKVERGLASUNG

»Da ist's auf einmal farbig helle,
Geschieht' und Zierrath glänzt in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schein.«

(Ooellte, "Gedichtet)

Die Glasmalerei, von deren Außen- und Innenschein
Goethe hier singt, hat eine überaus interessante Entwicke-
lungsgeschichte hinter sich und neuerdings auch vor sich.
Uns interessiert daran heule namentlich der Umstand, daß
sie vom Charakter der Mosaik, vom Musivischen aus-
gegangen ist und nun wiederum bei ihm anlangt. Die
älteste Kunstverglasung, wohl in das 6. Jahrhundert zurück-
reichend, besteht in einer Zusammensetzung aus einförmigen
Glasläfelchen, deren Verschiedenfarbigkeit anfangs vielleicht
nur Zufallsprodukt war. Jedenfalls haben die »durch-
leuchteten Glasmosaiken« die Kirchenbaukunst des roma-
nischen Stiles getreulich begleitet. Erst allmählich gelangte
man zu einer Musterung der einzelnen Tafelstiicke: man
malte Konturen mit braunschwarzer Farbe (Schwarzlot) auf
und brannte sie ein. Damit konnte auch über das rein
Ornamentale zum Figürlichen weitergeschritten werden;
beides aber blieb dekorativ, flächenhaft, teppichartig —
mit deutlicher Erinnerung an das Vorbild aus der Textil-
kunst, d. i. den Wandteppich usw.

Diese Einzeichnungen in homogene Farbenflächenstücke,
deren jedes für sich eingebleit war, und die also einen
Gegensatz zu der späteren Figurenmalerei engeren Sinnes
bildeten, werden heute ganz besonders gewürdigt; so z. B.
die Kaiserfenster im Straßburger Dom, die als das älteste
Meisterwerk aus dieser noch ganz musivischen Glaskunst
der Romanik gelten. Bis etwa zum 12. Jahrhundert hielt
sich die ursprüngliche Form. Die eigentliche figürliche
Glasmalerei setzt etwa im jo. Jahrhundert ein und erringt,
namenllich durch den gotischen Stil, die Herrschaft über
jene. Natürlich konnte die fortschreitende Technik auch
die Flächenstücke umfangreicher als bisher halten. Die
Renaissance sleigerte den eigentlich malerischen Charakter
solcher Werke über den textilen und architektonischen
Charakter hinaus, allerdings mit der Gefahr des Virtuosen-
haften und Manierierten. Dabei eroberte sie auch die
weltliche Kunst, im privaten wie im öffentlichen Gebäude,
zumal durch die auch heute wieder beliebten »Kabinett-
scheiben« die.Kabinettmalerei«. Das national Anheimelnde
dieser Kunstgattung bedarf nicht erst der Betonung; doch
darf für die national-deutsche Bedeutung der Glasmalerei
wohl auch die große Zahl deutscher Namen unter den
italienischen Glasmalern angeführt werden.

Auch die Erneuerung der seit dem 17. Jahrhundert
kläglich zurückgegangenen Tafelglasmalerei um 1800 be-
sitzt einen nationalen Charakter; wir kennen ihn aus

unserer »Romantik«. Im Zusammenhange mit kirchlichen
Erneuerungen gewinnt diese Glasmalerei bald eine be-
trächtliche Verbreitung, allerdings auch einen anderen
Charakter, als der ihrer Anfänge war: sie setzt gleich mit
dem eigentlich Malerischen ein und erreicht gewöhnlich
weder technisch die Leuchtkraft noch künstlerisch den
harmonischen Eindruck der alten Fenster.

Bald bereicherten die technischen Fortschritte des
19. Jahrhunderts die neue Glasktinst durch Schaffung und
Verwendung von Glasarten, welche statt reiner Durch-
sichtigkeit vielmehr wirkungsvolle Trübungen anstrebten.
Schon waren das Milchglas mit seinem durchscheinenden
Weiß (etwa seit Mitte des 18. Jahrhunderts) und das ebenso
angelegte, aber gegen das Licht bräunlich durchschimmernde
Beinglas bekannt. Ihnen reihte sich ein opalisierendes
oder irisierendes und in der Oberfläche verschiedenartig
behandeltes Opalglas oder Opaleszentglas an. Dazu dann
das Kathedralglas mit einer rauhen, zumal gewellten Ober-
fläche, sowie das außen glatte, innen durch Bläschen und
dergleichen getrübte, auch verschieden dicke Antikglas.

Auf diese neuen Glasarten gestützt, konnte die Kunst-
verglasung wieder beim Musivischen anlangen. Hier be-
steht sie nicht in Malerei, sondern in einer Zusammen-
setzung aus entsprechend geformten Flächenstücken. Na-
mentlich die Opaleszenlverglasung wurde ungefähr Ende
der 1880er Jahre in Amerika eingeführt, mit dem bekannten
Welterfolg der Firma Tiffany. Der Mangel an Malerei,
das Homogene der Farbenelemente wird dabei ersetzt
einerseits durch das Marmorisieren und Opalisieren der
Flächenstücke, andererseits durch sonstige verschiedene
Behandlung der Oberfläche des Glases auf Grund einer
hohen Glashüttentechnik. Namentlich an Stimmungseindruck
konnte dabei viel erzielt werden. Doch ist die Wirkung
mehr eine populäre als die einer eigentlichen Künstler-
schaft. Immerhin haben allmählich Entwürfe von Künstlern
wie Diez in München, Gußmann in Dresden, Moser in
Wien auch darüber hinaus Fortschritte geleistet.

Nun verlangt unsere Kultur immer mehr und mehr
eine Wirkung von Innenräumen auch im Abendlicht. Ab-
gesehen von Kirchen, bedarf unser weltliches Leben einer
gesteigerten Ausstattung von Hallen und Dielen und
Treppenhäusern, von Festsälen und Vestibülen und Foyers;
sie bedarf mannigfaltiger Beleuchtungskörper und einzelner
Bestandteile von solchen, wie transparenter Aufschriften
und Zifferblätter oder dergleichen; sie will endlich auch
ihre Türen und Möbel lichtkräftig ornamentiert haben. Die
alte Glasmalerei wirkt lediglich in der Durchleuchtung, im
durchfallenden Licht, versagt also am Abend, wenn es
 
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