Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 20.1909

DOI article:
Hellwag, Fritz: Der III. Kongress deutscher Kunstgewerbetreibender in Berlin: Einberufen vom Fachverband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes, e.V. am 21. und 22. Juni 1909
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4598#0203

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
196

III. KONGRESS DEUTSCHER KUNSTGEWERBETREIBENDER IN BERLIN

werker auch alle zu Beamten (!!). Aber, daß ein Schuldirektor
sich fortwährend privatim betätige und so viel herumreise,
das ginge nicht! Nun, ein anderer hoher Beamter habe ja
in allen Privatunternehmer! eine recht unglückliche Hand; man
brauche nur an den Scherischen Wohnhauswettbewerb oder
an das Einküchenhaus zu erinnern. (Behagliche Zwischen-
rufe: »Bruno Paul« und »Muthesius« bewiesen, daß man
mit dem Tenor dieser Verdauungsrede zufrieden war.
Ob die Vertreter des Handelsministers und des Kultus-
ministers, die Herren Geheimer Oberregierungsrat Dr. von
Setfeld und Prof. Dr. Amersdorffer sich das alles noch mit
angehört haben, weiß ich nicht; ich sah sie nicht mehr im
Saale.) Aber das System werde noch in Scherben gehen,
man werde sich am Handwerk die Zähne ausbeißen.
Man wolle immer die Gefühle der Handwerker schonen.
Sie wünschten aber nicht geschont zu sein. Der Einfluß
der Staatsbeamten auf die Vereine (gemeint war der Ber-
liner Kunslgewerbeverein) sei ebenfalls schädlich. Die
Vereine seien zur Aussprache für die Handwerker ge-
gründet. (Als kürzlich der Bericht über die Tagung des
Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine zur Dis-
kussion gestellt wurde, ergriff zu diesem wichtigen Thema
weder der anwesende Herr Kimbel noch ein anderer
Kunsthandwerker das Wort.) Mit den ehrenamtlich

geleiteten Berufsgenossen-



rw**»»*w»wTW*'»»»mi wh,»twtt*

UM

lrU*H.iUMi>ii.i ld.hU

schatten scheine der Staat
zu Unrecht nicht zufrieden
zu sein, denn er arbeite an
einem Gesetz zur Errichtung
eines großen staatlichen Ap-
parates, der 24000 neue Be-
amte fordern werde. Das sei
eine vorschnelle Entwicklung
der noch nicht lange be-
stehenden, bisherigen Insti-
tution. (Wir vermögen diesen
Vorwurf zurzeit noch nicht
nachzuprüfen. Red.) Die Rede
des Herrn Kimbel fand so
großen Beifall, daß beschlos-
sen wurde, sie in möglichst
großer Auflage allen Innun-
gen und in Waschzetteln der
Presse zuzustellen. Ferner
fand eine Resolution folgen-
den Inhalts Annahme: o
o »Um die betreffende Ab-
teilung des preußischen Lan-
desgewerbeamtes ihren ur-
sprünglichen Zwecken wieder-
zuzuführen, sollen in den

ständigen Beirat für das gewerbliche Unterrichtswesen und
die Oewcrbefördcrung aus den gewerblichen Hauptberufen je
zwei selbständige, in ihren Gewerben als Autoritäten aner-
kannte Handwerker berufen werden, damit dieser Beirat die
nötige Bedeutung erlangt und das Ministerium richtig be-
raten kann.* °
o Hierauf hielt Herr M. Ball einen Vortrag über den
beim Reichstag liegenden Gesetzentwurf über die Arbeits-
kammern. Er beantragte nachstehende Resolution, die von
der Versammlung ebenfalls angenommen wurde: o
o -Der III. Kongreß usw. hält den Gesetzentwurf über die
Arbeitskammern für ungeeignet zur Erfüllung seiner Auf-
gaben; er hält die bestehenden Einigungsämter bei den Ge-
werbegerichten für ausreichend. Die Versammlung nimmt
besonders Anstoß daran, daß den Arbeitskammern lediglich
eine beratende Rolle eingeräumt werden solle; man könnte
dem Gesetzentwurf nur dann zustimmen, wenn den Arbeits-

mmm\mmm\mmmmmm

000OG0OOOOOOOOQOOOOOOOOO0O0OOOOOOOOOOOOOÖO

wii<mmmm-~-rr-""~

«VWtV-V.'J'.V.'.V.'.'.'.V.'.'.».','.'.' ,',',' Hy.lllMllllltMllfKIIIIMII'

'«*...................j i' 11 * i . ■ i'i iYi'rnVii iiiiiiiiiiiiiHiiü •

biawiaiHiMMamaaiii

Entwurf von tjust Flemmlng-Berlin, Ausführung durch Paul Engel I
Hermann PHschke und Franz Queitsch, beide In Berlin

kümmern die nötigen Exekutivgewalten zur Durchführung
ihrer Beschlüsse zur Verfügung gestellt würden.« a

o Man muß dem nächsten Diskussionsredner für die Auf-
richtigkeit dankbar sein, mit der er seine künstlerisch-
geschäftlichen Prinzipien offen darlegte. Er führte un-
gefähr folgendes aus: Auch seine Firma habe im An-
fang versucht, die moderne Bewegung mitzumachen, was
sie nun allerdings aufs tiefste bedaure. Sie habe sich
mit Künstlern in Beziehung gesetzt und sich von ihnen
Entwürfe machen lassen, die auch zur Ausführung gebracht
wurden. Sehr bald hätte man aber einsehen müssen, daß
damit absolut kein Geschäft zu machen war, weder im In-
land noch im Ausland. In Amerika z. B., wo doch die
Weltausstellung in St. Louis den Boden für neues deut-
sches Kunstgewerbe angeblich so gut bereitet habe, sei
den Reisenden der Firma geantwortet worden: »Armer
Freund, warum habt ihr Deutschen eure schönen alten
Traditionen verlassen!« Man blicke jetzt mit Bedauern auf
diesen Versuch zurück; die unverkäuflichen Kunstwerke
lägen im Speicher und die Herren der Versammlung seien
freundlichst eingeladen, sich diese »traurige Hinterlassen-
schaft der Künstler« anzusehen. Man sei hierauf reuevoll
zur Tradition zurückgekehrt und die Firma mache nun
nichts mehr anderes, wie Arbeiten in antiken Stilen und

sie habe Veranlassung, mit
ihren geschäftlichen Erfolgen
zufrieden zu sein. Mit jedem
Tage sähe sie klarer ein,
daß sie sich nun wieder auf
dem richtigen Wege befände,
den sie niemals hätte ver-
lassen dürfen usw. Aus der
Versammlung wurde kein
Widerspruch gegen diese
rein geschäftlichen Prinzipien
laut und man darf also
wohl annehmen, daß ihnen
von vielen Anwesenden zu-
gestimmt wurde. a
o Es fehlt uns hier der
Raum, über einen längeren
Vortrag des Herrn Direktors
Bchr über: »Die Entwicke-
hing des deutschen Kunst-
gewerbes während der letzten
fahre zu berichten. Wir
behalten es uns vor, nach
dem Erscheinen des steno-
graphischen Protokolls auf
diesen Vortrag zurückzu-
kommen, o
n Mit einem Referat über das Submissionswesen des Herrn
Obermeisters Rahardt betrat die Versammlung wieder einen
realen Boden und es muß anerkannt werden, daß sie so-
gleich viele positivere Resultate hervorbrachte, als wenn
sie den subjektiven Äußerungen temperamentvoller Redner
zu folgen versuchte. Die Ausführungen des Referenten
und einiger Diskussionsredner sind es durchaus wert, an
zuständiger Stelle gehört und sorgfältig geprüft zu werden.
Erfreulicherweise konnte man hören, daß das Submissions-
wesen, z. B. in Berlin auf Grund längerer Vorverhand-
lungen, einer baldigen Besserung entgegen gehen soll. Es
ist aus den Anregungen der betreffenden Kommission her-
vorzuheben, daß man eine prinzipielle Ausschaltung der
auswärtigen Konkurrenz für unmöglich hält. Man will aus
den drei Mindestfordernden den besten auswählen, längere
Lieferfristen und die Gewährung von Abschlagzahlungen
zusagen, die Kaution nach zwei statt nach drei Jahren



i*-»W%>M*
 
Annotationen