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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0099

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in seinem Gegensatze steht, dann aber das Wolkenschweben droben, in das der
Mond aus anderen Welten sein Licht einwebt, all das ladet die Seele zu
stillem Versinken in Träumen ein. Ganz anders ist die Stimmung dcs zweiten
Blatts — spricht uns das erste von der erhabenen Ruhe des Mondlichtreiches,
so dieses von seiner phantastischen Unrast. Es ist so lehrreich wie genusz-
bringend für den Kunstsreund, schon die ganz verschiedene Kompositionsweise
der beiden Werke daraufhin zu vergleichen: dort Wag- und Senkrechtc in klarem
festen Gegensatz, hier vom Weiher an ein Aufsteigen im Zickzack, das oft durch
Ncbenformen beunruhigt und unterbrochen wird, dabei ein viel stärkeres Wirken
großflächiger Halbschatten, ehe der Himmel erreicht ist, am Himmel selbst aber
ein viel schrofferes Gegeneinander der Schatten und des wie in Dissonanzen
zerreißenden Lichts. Alles Einzelwerk entspricht dem: die Weiden unten, der
Baum oben, der Mann, der mit dem Vieh hcimkehrt oder was eS ist. „Odcr
was es ist", wir sehen eben nicht mehr klar, wir sehen mit erregter Phantasie
in eine spukhaft sich verwandelnde Welt — gerade das wiedorzugeben, ist von
Fischer nicht nur außerordentlich kühn versucht, sondern mit echt griffelkünst-
lerischen Mitteln auch wirklich erreicht worden. Freilich, unsere Reproduktionen
geben, obgleich sie nicht übel sind, denn doch nicht alles, was die gröheren
Originale geben. Wir empfehlen diese recht sehr der Beachtung unserer Freundc.
Jm Kunsthandel sind sie noch nicht erschienen, aber der Künstler selbst, der in
Loschwitz bei Dresden wohnt, weist Anfragenden gewiß nach, wie Abzüge zu
bekommen sind.

Mit unsrer dritten Beilage, dem wunderlichen Blatte „zur ästhetischon
Kultur" geben wir den Lesern etwas, das anzusehen lustig und traurig
zugleich ist. Was zeigt es denn? Aus einem Hausflur einen Quadratmeter
Mauerverputz, den der Herausgeber einmal in einem sächsischen Städtchen an
der Elbe fand. Darauf erkennen wir drei Marken zur Erinnerung an unge-
wöhnlich hohen Wasserstand. Nun sehe man sich zunächst das ülteste Er-
innerungszeichen an, das unten rechts, von 1734. Ein nackter Bub, dcr mit
seiner Hand auf den Strich weist, keineswegs „künstlerisch" ausgeführt, nur
naive Handwerksarbeit, aber frühlich anzuschaun als ein Zeichen wirklichen
individuellen Lebens. Die zwcitälteste Marke ist die darüber, von >845 —
hier ist keine Figur mehr, aber die Schrift ist noch schön und nicht ohne Ge-
schack mit der Hand in den Stcin gcgraben. Der ovale Klex unton links nun
ist die neueste Höhenmarke: tsyo ist ihr EntstehungSjahr — schlechter Eisenguß,
im Hundert gemacht, ohnc dcn allergeringsten Reiz — cin Klex eben, und damit
genug. Kann man von einem Quadratmeter Mauer inehr Anschauungsuntorricht
über das Derkommen der ästhetischcn Kultur verlangcn als hier? Ja wirklich,
wir brauchen einen Dürer-Bund!


Kunst für Alle? (A.) — Goethe über Förderung dcr Kunst. Von

W. Bode. — Zuschauerschmerzen. Von F. Grcgori. — Post Fcstum.
Von N. Batka. — Lose Blätter: Ein Gottesfeind. Von L. Weber. (Fragment.) —
Rundschau. — Notenbeilagen: C. F. Händcl, Hamans Bittgesang; Baraks Bc-
grüßung durch Abinoam; Heinrich Rietsch, Altdeutsches Lied. — Bildcrbcilagcn:
Otto Fischer, Pappel; Spätdämmcrung; Zur ästhctischen Kultur: Elbhöhcmarkcn.

Perantwortl.: dcrHcrausgcbcr Ferd. Avenarius in Tresdcn-Blascwitz. Mitredaktcure: flirMnsik:
vr. Richard Batka in Prag-Weinbcrge. fiir bildcnde Kunst: Paul Schulpe-Nanmbnrg
in Bcrlin. — Scndungen fiir den Tcxt an dcn Hcrausgcber, über Mufik an vr. Batka.

Truik und Vcrlag bon Georg D. W. Callwep in Miinchen.

Bestellungen, Anzcigcn und Geldscndungcn an dcn Vcrlag Eeorg D. W. Callwcy in Miinchcn.
 
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