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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Literarische Ratgeber des Kunstwarts für 1902, [2]: Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0208

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Kopfleistc von Hans Thoina.

Aus Thodcs .Ring dcs Frangipani' (Franksnrt, Kcllcr).

und dio bcidcn Lustspicle Bcciumarchais' svllte ninn nicht blos; als Opcrn-
textc kcnnen lcrncn. Wer die Anfämle dcr wirklichcn französischcn Lyrik kcnnen
will, studicre Andro Chonier. Dcr französischc Wcrthcr ist beknnntlich
Chntenubrinnds „Ncnö". Die Nomanc dcr Staöl langiveilen jetzt ctwns,
dagegen sollte ihr Buch „Ueber Deutschland" in einer deutschen Bibliothek nicht
fehlcn. Bornngcr erschcint uns Deutschen heute etwas „bicderinaicrisch", nbcr
man sollte wenigstens die Chamisso-Gaudpsche llebersetzung so wenig ignoriercn
wie Viktor Hugo, der denn doch der französische Schiller ist, frcilich cin
größerer Lprikcr und cin schwächerer Dramatiker als diescr. Vor allem auch
scincn Roman „Nvtre Dame" sollte man kcnncn, immer noch dic beste Dar-
stellung des ausgehcnden Mittelalters, sciner engen und dumpfen Atmosphärc
wenigstcns. Nebcn ihm stcht Alfrcd de Vignps „Cing-Mars". Dcr nicht
ganz trcffend so genanntc „französische Hcine" Alfrcd de Mussct wird seines
Eindruckes auch auf Deutsche nicht verfehlen — außer ihm möchte man von
französischcn Lyrikcrn überhaupt nur noch Paul Verlainc empfehlen, und
damit gut. Die Ntcrimäc, Souvestre u. s. w. habcn vorzügliche kleine Erzäh-
lnngen. Unter den iliomnnciers steht nach Beple-Stendhal, dessen „Rot und
Schwarz" nbcr nicht für jcderinann ist (Uebers. bei Dicderichs), selbstverständlich
Balznc voran, von dem mnn etwa cin halbcs Dutzcnd Wcrke (korv Iloriol
u. s. w.) genicßen wird. Dic Sand ist sehr zurückgetrcten, doch mag mnn
beispielsweisc rLov^iivIo« immcrhin noch lesen. Aus den moderncn französischen
Dramatikern, Scribe, Augicr, Dumas Fils, Sardou kann man sich cincn Sammcl-
band zusammenstcllen, dns Hiöütrs lrunpai.-i von C. Tchütz und Philip Neclnm jun.
bicten die Möglichkeit. Die neucstc Entwicklung des Romans von Flaubert
übor die GoncourtS, Daudet, Zola, Bourgct, Maupassaut bis Marcel
Prövost wird man nach eigcncm Gcschmackc berücksichtigen: FlaubertS „Madnme
Bovary", Daudcts „Fromont jun. und Rislcr sen.", Zolas „Germinal", Atau-
pnssants „Stark wie dcr Tod" (wenn man nicht die kleinen Geschichten vorzicht)
dürftcn kanm nus einer Bibliothck dcr Weltliternrur auszuschlicßen sein. Für
die Familie sind Schriftstcllcr wie Coppöe, Theuriet, auch wohl Loti da.

Nicht ganz soviele Namen crgiebt cine Uebersicht der englischen Literatur,
aber das Gcmicht der cinzelncn ist viclleicht stärker. Was wögc Shakespere
nuf? Dcn rechnen wir ja überhaupt cinfach zu dcn deutschcn Klassikern und
knufcn ihn uns unmittclbar nach Schiller und Gocthc! Miltons „Verlorencs
ParndieS" gehört doch nuch noch in cine Bibliothek, Klopstocks „Messias" crsetzt
es uns nicht. Unvcrgängliche Bücher sind dann auch Swifts „Gullivers
Reisen" und Defoes „Robinson", Fieldings „Tom Zones" und Goldsmiths

(. Dezeiuberbeft ig0(

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