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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Literarische Ratgeber des Kunstwarts für 1902, [10]: Jugendbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0282

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Wer nach solchcn Grundsützcn auswählt, kann srcilich kcincn bogcnslarkcn
>iatalog bicrcn. Abcr cinc dcr traurigstcn Ursachc» dcr Lcrflachung, dic nicht
sclten schon in dcr Jngcnd ihrcn Ursprung hal, ist ja eben die Vielleserci.
Lollte sic nicht anch am sicherstcn behobcn rocrdcn, wo Eltern und ttind sich
an dcinsel b en Uunstivcrk crfrcnen können? Wcr cinmal mit cincin jungcn Frcundc
uor cinc Landschnft gctrcten ist, dcrcn Zaubcr cr schon alo licbe Erinnernng
init sich trng, ivird zustimmen. Gemeinsames Erlcbnis bcdcntcr hier
Lcrticfnng für beide Teilc. So ist dcnn der gcringe Umfang dcr solgcndcn
Sluswahl gcivollt.

Wenn in Dcntschland nbcrhaupt dic nicistcn Bücher zu Wcihnachtcn gc-
kauft iverdcn, so gilt das von dcn Jugcndschriftcn fast ausschlichlich und da
wicdcr vor allcin von dcn Bilderbüchcrn. Dic ltleincn zu crfrcncn ist ja
sür uns Erwachscnc des Wcihnachtsfestes schönste Gabc. Ja, ivcnn da dic
Ausbeute an cchtcn Kunstivcrkcn, dic in Farbe, Zeichnung und künstlcrischcm
Wollen cine einigcrniaßen crnstc Kritik bestehen können, nur ctivas größer
ivarc! Uebcr allcn Zwcifcl crhabcn sind cigentlich nur die „Alten": Ludlvig
Richtcr, der für Familicn- und Kindcrstube Einzige mit seincm -Vaer üe
Laern>, „Aus dem Kindcrlcbcn", scincn Jllustrationcn zu Grimms nnd Bcch-
stcins Märchcn, zu Reinicks „Märchcn-, Licdcr- und Gcschichtcnbuch", zu
Schcrcrs „Dcutschcm .Kindcrbuch" u. o. a. Ter Künstlcr soll dem dcutschen
Lolkc noch ivicdcrgeborcn ivcrdcn, dcr scincm Gcmütc so nahc steht! Ludivig
Richter vcraltct nic, troh allcr ivcchsclndcn Technik oder üußeren Erscheinnng
dcs Lebcns; cr ist nns noch ganz, ivas er ivar. Der ziveitc bedcutendc Mcister
dcs Kindcrbuchs ist Otto Spccktcr; scinc Bilder zu dcn tzepschcn „Fabcln"
sind jn auch übcrall vcrbreitct, cin „Katzcnbuch" und neuerdings cin „Logcl-
buch" mit Spccktcrschcn Bildern hat Falkc mit licbcnsivürdigcn Lerscn hcraus-
gcgebcn, sein schon dcr Tcchnik nach von allen am fcinstcn und liebevollstcn
durchgcführtcs Kindcrbnch, dcn „Gcstiefelrcn Katcr" hat Avcnarius jetzt mit
cincm ncucn lustigcn Tcrtc als cinc dcr billigcn Kunstwart-Untcrnchmungcn
dcr Allgcmcinhcit wicdcr gcivonncn. Oskar Pletsch, der drittc bckanntc
jcncr altcn tzcrrcn, rcicht an Bcdcutung wedcr an Speckter noch gar an Richter
tzcran; scine Phantasie- und damit Lebcnsfülle ist ungleich gcringer, seine Auf-
fassung unglcich oberslächlichcr — aber der Mangcl an gutcr Kosr ist auf
dicscm Gcbicte doch zn groß, nls daß wir die immcrhin gcsunde Pletschs schvn
cntbchren könntcn. Dcin Uebclstandc, daß Plctschs Büchcr zu teucr warcn,
ivird jetzt nuch durch billigc AuSgabcn abgcholfcn. Schadc, daß dic Geschüfts-
spckulation dcS ncucn Vcrlcgcrs bci dcn tcurcrcn „Pletschs" mancherlci Bunt-
hcit plnmp hinzugcthan hat — auf solche Wcisc dicnt man dem Vcrlangcn
nach Farbe schlecht. Die Bercchtigung dicscs Lerlangcns an sich bcstreitcn wir
srcilich durchaus nicht. Durch gutc Farbigkcir von Kindcrbüchern könnte auch
sür dic Erzichung dcS Augcs viel gcschehcn: wcr schon in der Jugcnd die
Farbcn frcudig und fein zu schcn lcrnt, dem wird damir cinc Quclle nn
Gcnuß erösfnet, die ihm sonst oft sein Lcbcnlang trocken bleibt. Leidcr sind
die Büchcr, dic knnstversländigc Sammlcr wie Brinckmann in Hamburg und
Icssc» in Bcrlin sogar in Muscumsbibliothekcn aufgenommen haben, auf
dicscnr Gebicte bald tzcrzuzählcn. Wir bcschränkcn nns hicr vorläufig aus
solgcndc Angaben: Thumann, „Für Mutlcr und Kind", W. Busch, „tzans
tznckcbein", P. Meycrhcim, „dlbc-Buch", K. Gehrts, „Das goldenc Märchcn-
buch", F. Flinzer, „Ticrschulc" und manchc andcre, Röchling und vnötel, „Der
alte Fritz". Kinder etwa vom zehntcn Jahrc ab wird Probsts „Schncllmaler"
nntcrhaltcn und anrcgcn. Ob sich für dic Kleinsten Meggcndorfcr cmpfchlen
läßt, hüngt unscrcs Erachtcns schr von dcr Jndividualitüt dcs Kindes ab;
cr könnte sichcr wcnigcr hölzern scin, hal aber in dcr simpcln Klarhcit scincr
Farbcn und Linicn doch auch Wcrte, dic nach all dcn üblichcn Tüßlichkeitcn
auf Kindcrmägcn wirkcn könncn wic anf Mörikc nach schlcchter Lyrik der bc-
rühmtc Ncttig.

Schr crfrculich sind dic künstlerischcn Bestrebungcn, die seit cinigen Jahrcn
auf dem Gebictc dcs farbigcn Bildcrbuchs wirkcn. Tas crstc wirklich künstlcrischc
dcutsche Buch dicscr Art warcn Ernst Krcidolfs „Blumcnnrürchen". Dcr
dann folgende „Fitzebutze" gab in dcn Lcrscn GutcS fast nur da, wo cr alte
lnstige Rcimc bcnutztc, und dcr gckünstcltc Tcrt bcmmtc auch dcn Zcichncr.
Fn scincm ncucstcn Kindcrbuch „dic schlascndcn Bäume" hat aber Krcidvlf

t. Dczcmberhcst igcn
 
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