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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Literarische Ratgeber des Kunstwarts für 1902, [11]: Kunstblätter und Bildwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0289

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Sammlungen oder einzelnen Meistern gelten, unterrichten die oben crwühnten Stellen

— sie zu charakterisieren nähme Bogen weg, eine Aufzählung ohne solche Charak-
terisierung wäre gan; zwecklos, da nach den verschicdensien Richtungen hin Werie und
Nicht^Werte sich hier inischcn. Eine Folge kleiner sarbiger Aulotlipicn nach bc-
rlihmten allcn Gemälden gibt jetzt E. A. Seemann heraus — iu Passepariout alS
„Alte Meister", aus grauem Karwn als „Die Malerei" — cs sind rechl gelungcnc
und, sovicl wir wissen, auch einzeln käufliche Blätler dabei. Von großcn sarbigcn
Bilder-Reproduktionen sind die von Trowitzscti die bcsten, schvn i)i auch Dürcrs
„Holzichuher" von Seitz und sind einzelne Blältcr (z. B. Menzels „Kvnzert Fried-
richs II.") von der Berliner „Vereinigung der Kunstfreunde".

Von dcn mcistcn unsercr berühmten neuercn Maler ist ihr „Werk" (I'oeuvre
sagt bckannllich der Franzvse auch zusammensasscnd sür ihre Wcrkc, und „also" machen
wir Deulsche ihm's nach) in kostbaren Mappcu phvlomechanischcc Reproduktion vcr-
einigt. Unscre grojzen Toten Cornclins, Rethcl, Nichter, Schwind u. s. w. haben
derlei noch nicht auszuweiscn, man mns; sich, will man mit ihncn vcrtrant werden,
das Zerstreuie noch nusammensuchen. Desto bequemer hat man's bei dem nun anch
hsimgegangeuen Böcklin, dcnn das Böcklin-Werk der photographischcn Union ist mit
seinen Photogravüren mustergüliig reproduziert, — wer 400 Mark daran wenden
kann, der kaus' es ganz, wer das nicht kann und durch unjere bescheidenc „Böcklin-
Mappe" doch zu siärkerem Verlangen gereizt ist, der stellc sich eine Auswahl zusammcn

— cr kann jetzl die Bläticr auch einzeln kausen. Nur als Ganzcs zu haben ist daS
große Hansstänglsche „Kliuger"-Werk mit schlechlem Text aber herrlichem Bildcrschap,
nur als Ganzes auch das Thoma-Werk des Kellcrschen Verlags, währcnd von dem
kleineren Hansstänglschen Thoma-Werk einzelne Blätter küuflich sind. Das grvsic
Menzel-Werk isl vergriffen, die Auswahl daraus, welche Bruckmaun veinnslalict hai,
bietet aber auch schon eine Fülle. Von einer gnnzen Anzahl von Künstlcrn hai
Hanfstängl Pholographie Mappen zusammcngesteUt. Lenbach-, Stnck-, Albert
Keller-Werke u. s. w. Lkmlicher Ari gibi's auch. Und dann dic Mappen der zeich-
nenden und radierenden Vereinigungen! Und dann die Einzelblättcr all der Grisfcl-
künstlcr! „Prüfet alles und das Beste behaltet" — prüsct!

„Prachtwerke" können wir im Allgemeinen nur rcichen Leuten empfehlen, die
inncrlich wertvollere Ktunsipnblikationen schon im Besitz haben — sie schlucken ineist
zu viel Geld für Pappe, Papicr und Goldschnitt, als dast die eigentliche Kunst darin
nichl zu teuer bezahlt werden müßte. Wcr, „der was davon cikannt", kansie sich
nicht lieber zwei schtichte Mappen etwa in dcr Ausstaliung der Ludwig Richlerschen,
als eine mit Goldtressen auf dem Rock, wenn beide gleichvicl an Gutem enthalicn'?
Zudem werden die meisten „Prachtwerke" wirklich crst durch die Kleidcr gemacht, wir
müsseu uns scharf besinnen, wenn wir von den älleren die bezeichnen sollcn, die wir
nichi mit Fassung cnlbehrcn könntcn. Auch isi dcr Stil für das dculsche Prachlivcrk
noch nicht gesunden, wie die Franzosen und Engländer einen Stil für das ihrigc
haben. Einen gelungenen Vorstoß in dieser Richtung macht unler den Ncuyeiten deS
letzien Jahres der bei Fischer u. Franke erschienene „Meislersinger"-Texi mit Buch-
schmuck von BarlösiuS, wirklich cin crfreuliches Buch. Die im gleichen Verlage er-
schienenen Bilderwerke Stassens zu Tristan und Parsifal sind tcchnisch höchst gejchickt
und auch in der Leidenschasisschilderung teilweise wirklich bedeutend, aber viel zu lcucr,
als daß wir sie anderen, als jenen Reichsicn, empsehlen könnlen.

Von den Bilderunternehmungen der letzten Jahre, die der neucn „äslhetischen
Bewegung" entsprungen sind, begrüßen wir eins niit ganz ungetrübicr Freude: dcn
„künsllcrischen Wandschmuck sür Schule und Haus", deu die Firmen B. G. Teubner
und R. Boigtländer in Leipzig gcmeinsain herausgeben. Wir brauchen nnsere allen
Meisler, und wir brauchen nicht bloß farbige Kunst, wir brauchcn jedoch auch unscre
jungen Meisler und wir brauchcn auch farbige Kunst in Schulc uud Haus, und
diesen beiden letzteren Fordcrungen ist man bisher so gut wie noch gar nicht enl-
gegengckommen- Daß wir uns aus diescm Gcbiele vor Engläiidern uud Franzosen
nun nicht mehr zu schämen haben, danken wir Teubuer und Boigtländer. Uebcr die
einzelnen Bilder unterrichlcn Prospekie, die sich jeder kvmmen lassen kann, auch bringt
nnser „Ratgeber" zwei Proben. Man wird svwohl Bilder finden, die beslimmie
Stücke der deutschcn Welt realislisch charaklerisiercn, wic Bilder, welche die großeu
poetijchen Slimmungswerte herauszuholen suchcn. Was sllr ein Frcudcnspender kanu
jugendlichen Herzen Bolkmanns „Die Sonn' erwacht!" werden, welch schöne Anregungcn
zum Geuusse der Landschast gebcn Bilder z. B. von Hoch und Kampuiann. Abcr
man thut manchen Nichtgenannlcn Unrecht, wcnn man Einzelne hervorhebt. Wir

Knnftmart
 
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