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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 9 (1. Februarheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0489

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vicl aber ist geivitz: bci dem öamburgcr
Wettbcivcrb sind endlich cinmal anderc
Faktorcn in Wirkung getretcn, als bci
dcr ossizicllen Standbildsctzerci der
letztcn Zeit, anderc Faktoren auch, als
zu dcm Begasschen Bismarck-Puppen-
spicl vor dcm Rcichstagsgebäude
fiihrtcn. Davon sprach auch der Dres-
dcncr Trcu im Namcn der fremden
Preisrichtcr ivährend des Abschieds-
mahles bcimtzamburger Bürgermeistcr.
„Wir allc", sagte cr, „haben einc Denk-
malskonkurrenz von diesem Umfang
und diesem innercn Wcrtc noch nichi
erlebt. Zugleich war niemand von uns
im Ziveifcl dnrüber, datz dieser glänzende
Erfolg nicht nur den grotzen Mitteln
nnd der Gunst des Dcnkmalsplatzes in
der Nähe eincs Wclthafens zuzu-
schreiben sci, sondern vor allem der
vollcn Frcihcit, die dcn Künstlern hier
geivährt ivurdc, und dcm Berlrauen
auf den schlichtstolzcn Biirgersinn tzam-
burgs, von dem die Bcwerber ihr
llrteil crivarten. tzauptsächlich aus
diescm Grunde crgab diescr Wett-
bcivcrb, ivie kaum ein andcrer, cin
Bild von all dem vcrivirrenden Wider-
strcit, der in der Gegcnwart der
dcutschcn Kunst herrscht, abcr auch von
ihrem Ncichtum. Es iväre daher ivohl
der Nkiihe ivert, das Andcnken dieser
hcrvoriagcnden Konkurrcnz in bild-
licher Vcröfseiitlichung als eine knnst-
gcschichtlichc llrkinidc unserer Zeit sest-
zuhnltcn. Man ivürde dann auch in
Zukunst sehcn können, ivie hier allc
Richtungen nebcneinander standen: dcr
kühlcre EklcktiziSmus srüherer Zcii
ncben dcm crstarklen Wirklichkeitssinn
dcr ncneren; Erzeugnisse zierlicher
Zuckerbäckerei nebcn dem plastischen
Bombast und dcr thcalralischcn Schau-
stclluiig, dic gegcnivärtig für osfiziellc
Dcnkmälcr nn der Tagcsordnung sind.
Man ivürde abcr auch gewahren, ivie
nll' diesc Erzeugnisse allmählich durch
Entivürfe nbgelöst ivcrdcn, dic ihrc
Wirkung in echt steinmätzigcr «chlicht-
heit und Geschlossenheit, in Wucht und

Grötze suchcn — und zwar soivohl im
Bau-, wie im Bildwerk. Es ist das
die cntschlossenc Abkchr von der ein-
gerisscnen Vcrüuherlichung der Kunst,
ihrcr Abhängigkeit von dcr Nach-
ahninng des Fremdländischcn in Ver-
gangenheit und Gegenwart, das Ringcn
nach Schlichtheit, Jnnerlichkeit und
Kraft, kurz, nach einer, manchmal zwar
noch etwas ungeschlachtcn, aber doch
ausgesprochen deutschcn Eigcnart in
Wurf und Werk." Diesem jungcn
Leben habe der Hamburger Wett-
bewerb durch scine Frcihcit den Mut
zum Erfindcn gegcben. Trcu sprach
üann noch von der Wandlung in der
Ausfasiung Bismarcks selber in cinem
Zinne, der sich gleichfalls vollkominen
mit unsern Anschauungen deckt. Auch
dieser Wandcl zcichne sich in dicsem
Wettbewerb ab. „Er führt, wenigstcns
für das üffcntliche, in grotzen Ab-
messiingen zu errichtendc Denkmal, von
der mehr bildnismähigcn Auffassung
des Parlamcntsredners und Diplo-
maren, des Kürassiers mit Hclm und
Pallasch, des Fricdrichsruhcr Nachbars
in Schlapphut und Rock hinauf zu der
tppisch deutschcn Hcldengcstalt, zu dcm
rcckenhaften Riescn, als wclchcr dcr
Schöpfer des Deutschen Reiches zu-
künftigen Geschlechtcrn erschcinen wird.
Auch ich mcinc, dah Ihncn die Wahl
hier nicht schwer werdcn sollte. Wird
doch cin derartiges Denkmal nicht nur
für die gegenwärtig Lebenden errichtet,
dercn Augen den Staatsmann, den
Altcn im Sachscnwaldc noch gc-
sehen. Scin Bild wird in einer Welt-
stadt, wie der Jhrigcn, auch nicht für
Hamburg allcin dastehen könncn.
Drängt doch auch die Wahl dcs Stand-
ortes und die Nähe des Hafcnverkehrs
aus Fernwirkung durch überragende
Gröhc. Dah Sie in dicseni Sinne
Ihrer stolzen Stadt ein wcithin sicht-
bares, volkstümliches Wahrzcichcn
schaffen helsen niögen, diescn Rat lasscn
wir Jhnen beim Lchcidcn als nnscrcn
Dank zurück." Noch vor wcnigen
z. Februciibcft ttzor


 
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