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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 11 (1. Märheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0578

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und den lOoutsinMtloiis- gipfelte, hat
nicht bloß Stimmungen, sondeim auch
gewisse weiche Wendungen und hier
und da selbst die eigentümlichen
Refrains übernommen.

»0 ma ebarmaute,
üoouts iei
U'am-illt, gui cliüiite
Lt plsure uus8i-, singt Viktor Hugo
und Geibel:

„Jch habe dich lieb, du Süße,

Du meine Lust und Qual,

Jch habe dich lieb und grüße
Dich tausend-, tausendmal."

Das Hugosche Drama dann ist
gleichfalls nicht ohne Einfluß auf
unsere Dichtung geblieben. Es ist be-
kanntlich „rcines Kontrastdrama", das
das Erhabene und Groteske vereinigt,
und jcdcnfalls etwas von seinem Geiste
ging aus die StüLe der jungdeutschen
Dramatiker über, Büchners z. B., der
auch einiges von Viktor Hugo über-
setzt hat. Gelcsen werden Hugos Dra-
men wohl nicht mehr viel bei uns
— es seien genannt „Marion de
Lorme" (nebenbci bemcrkt, wohl das
erste Demimondcstück der europäischen
Litcratur und überDumas bis zu Suder-
mann herab in immer neucn Varia-
tioncn zu verfolgen), „Hernani", „Der
Königamüsiertsich", „LucreziaBorgia",
„Marie Tudor", „Angclo, Tyrann oon
Padua", „Ruy Blas" u. s. w., allc
reich an Antithesen und Greueln —
aber man kennt sie als Operntexte. Dcr
„Nuy Blas" dürfte das beste sein,
und ihm möchte man selbst jetzt noch
auch auf einer deutschen Bühne Wirkung
zugestehcn.

Darauf hat Viktor Hugo u. a. noch
zwei große Zeit-Romane (,l.es miss-
rablss-, -I,es travLillsurs äs la msr-)
und cinen ivciteren Historischcn(7,qnati6-
vlngt-treirs») geschrieben, die zu dem
naturalistischcn Roman der spätercn
Zeit überleiten. Seine letztcn Dich-
tungcn, dic ,1-egelläs clss sieeles- haben

ihrcs Schwulstes wegen bci uns fast
nur Kopfschütteln crregt, überhaupt
wurde Viktor Hugo, der sich als
radikaler Politiker und Menschheits-
schwärmer vielfach in seltsame Phan-
tasien und Donquixoterien verlor, seit
;8?o in Deutschland, dessen Lob cr
öfter, auch noch in der »^llllss tsrribls-
(Z87i) trotz alles Hasses gcsungen, fast
als komischc Pcrson betrachtet. Abcr
seine dichterische Größe ist ganz un-
bestreitbar, wenn er auch nicht gcrade
zu den Weltpoeten gehört, und man
kann ihm jetzt auch bei uns gerecht
werden, nachdem ein Menschenalter
seit der »ilnnes tsrribls- vcrflossen ist.
Einc gute Auswahl seiner Lyrik im
Original oder in den besten Ueber-
setzungen, »^otre-Dlims äs Uaris- und
zwei oder drei Dramen gehvren wohl
auch in die deutsche Vibliothck*

2l. B.

Dkester.

* Berliner Theater.

Drei Satiren des Lukianos
wurden im „Berlincr Theater" auf-
geführt. Sie sind mchr episch als
dramatisch gedacht und bchandeln die
Vergänglichkcit und Nichtigkeit dcr ir-
dischen Güter, vornehmlich des licbcn
Geldes. Mit muntcr derbem Spotte,
der vor den höchsten und heiligsten
Gütern nicht zurückschreckt, mit lehr-
haftem Behngcn wird dargethan, wie
Plutos die Mcnschcn verschwenderisch
oder geizig anstatt vernünftig macht;
wie cin armer Schuster mit seincm
gesprächigen Haushahn befser dran ist,
als der reichc Erbe mit scincm Gold;
wie der höchst bösartige Ttzrann kläg-
licher über den Styx fährt als dcr
fidele Schuster, und wie das verruchte
Scheusal schließlich der gerechten Strafe
verfällt. Sehr lustig ist hier die unter-
weltliche Verhandlung, wo Rada-
manthys das Sopha und dic Lampe

" Uebersetzungen der Hauptwcrke
findet man zur Genüge bei Ncclam.

I. Ulärzheft ^02
 
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