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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 12 (2. Märzheft 1902)
DOI Artikel:
Schumacher, Fritz: Denkmalkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0616

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wesentlichen Teil, daß wir im Typus unserer Denkinäler so einseitig
geworden sind. Wir kennen, wie gesagt, nur noch jenes Sockeldenkmal,
das, wie wir gesehen, sich so besonders schwcr monumentalisiercn läßt,
und das außerdem in Bezug auf die Aufstellung am schwersten mit
seiner Umgebung verwächst, weil es durch seine Jsolierung auf einen
Unterbau den Eindruck des verschiebbaren Möbels nur schwer abstreift.
Auch ein Dcnkmal muß so zu sagcn Wurzel schlagen auf seinem Stand-
ort, und als solche Wurzeln genügen nicht die üblichen drei Treppen-
stufen, auf dcnen sich dann ein Sockel erhebt.

Wie manches moderne Dcnkmal könnte wirklich populär werden,
wcnn man diesen Zusammenhang mit architektonischen Wirkungen in
der Plastik wicderfände, — dieser Zusammenhang würde ganz von selber
zu neuen typischen Bildungen führen. Man hat kürzlich beispielsweise
in manchen deutschen Stüdten den Plan crwogen, Lortzing ein Denkmal
zu setzen — wie anders als eine gleichgültige Kostümfigur könnte ein
Lortzing-Brunncn mirken; man hat Ludwig Nichter in Dresdcn in
Bronze auf einen polierten Granitsockel gesetzt, und kein Symptom weist
bei dieser Darstellung darauf hin, ob man es mit einem Historiker odcr
einem Dichter zu thun hat — wie ganz anders könnte ein Ludwig
Richter-Brunnen wirken; ein echter Künstler könnte es schon mit be-
scheidenen Mitteln erreichen, daß selbst dem kleinstcn Schulbuben vor
einem solchen Denkmal cine Ahnung davon aufdämmerte, mit welcher
Stimmungswelt sich der Name dieses Mannes verbindet.

Zumal übcrall da, wo es gilt, kü n st leri s ch es Wirken zu ver-
herrlichcn, wird man nie zu einem vollgültigen Ergebnis kommen könncn,
wenn nicht schon in die ganze Anlage eines Denkmals ein dichterisches
Nachempfinden etwas hereingeheimniht hat von den spezifischen Stim-
mungswertcn, welche der Kunst des Gefcierten eigentümlich sind. Dazu
gehört eine abstrakte Sprache; die Art, wie beispielswcise Wasser archi-
tektonisch gefaßt wird, oder der eigcntümliche Nhifihmus in der Gcstaltung
architektonischer Flächen vermag manche Stimmungsnüance zum Aus-
druck zu bringen, die man sonst nicht einmal nndeutcn könnte.

Es handelt sich hier aber nicht nur um die Kategorie der Künstler-
denkmäler, sondern in vielleicht noch erhöhtem Maße um die ganze große
Kategorie von Denkmälern, die in irgend einer Weise zusammen-
hängen mit unseren nationalen Empfindungen. Jn ciner Stadt, wo
schon so und so viele berühmte Männer in Sockeldenkmülern verewigt
sind, vermag selbst das beste Bismarck- oder Kaiser-Denkmal von gleichem
Typus nicht auszuwachsen zu der populärcn Bedeutung, die ihm als
Rcpräsentanten einer großen allgemeinen Jdee gebtthrtc. Da muß schon
die ganze Anlage mitsprechen. Wie das geschehen kann, lüßt sich natür-
lich nicht im Allgcmeinen sagen. Manchmal, zumal in klcinen Städten,
ist vielleicht schon etwas erreicht, wenn man ein solches Denkmal nicht
frei stellt, sondern es anlehnt an die Wand eines öffentlichcn Gebüudes
oder einer Kirche; einerseits kann man sich dadurch viel üppigcr cntfalten
mit gleichen Mitteln, vor allem aber vcrwächst ein solches Denkmal von
vornherein mit einem gegebenen historischen Begriff der Stadt und er-
hält schon dadurch eine erhölfie üußere Würde. Aber die Lvsung
dieser Forderung wird in jedcm einzelnen Fall vcrschieden sein, nur
das Einc wird übcrall gemeinsam hervortreten: ohne wescntliche Bei-
Kunstwart
 
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