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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 12 (2. Märzheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0631

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O Glanz! o Licht l . . o wunderthätges Leuchten!

Wie bring ich nur die Wundersteine her?

Der frische Wanderer im Verrvehen:

Du Erd zu Erde! Wirst die Schätze haben!

Nur dringe tiefer, immer tiefer ein!

Nur grabe, Meister! Hast noch lang zu graben.

Der Schmied schlägt mit mächtigen Schlägen in die Felsen.

Jm Sturme, der den Wanderer verweht, flattern die Worte vorüber:
Ach! aus der Nacht klagen wir
Sehnen uns gierig nach Morgenlicht!

Erlösung . . I Erlösung . . I

Dazwischen nur laut und eintönig die mächtigen Hackcnschläge des
S ch m i e d e s.

Kunclscdau

Oiterstur.

* Karl May als Erzieher.

Neulich sprach ich mit einem skan-
dinavischen Künstler, dcr in Deutsch-
land lcbt, darüber, was ihm als auf-
fälligstcr Unterschied zwischen dort und
hier crscheine. Er wollte zuerst nicht
recht mit der Sprache heraus. „Sie
denkcn an den Unterschied in der Volks-
bildung?" Ja, daran dacht' er — bei
ihncn droben lese jeder Arbcitcr und
jcder Bauer z. B. den Bjürnson, und
weil dem so sei, gäb' es dort keine
Kolportageliteratur in unserm Sinne.
Skandinavien hat in der That keine
Schundromanc, weil es kcin Publikum
dafür hat. Als ich nach Hause kam,
fand ich unter den neuen Eingängen
eine Schrift: „Karl May als Erzieher
und die Wahrhcit über Karl May oder
dieGegner Karl Mays in ihrem eigenen
Lichte von einem dankbaren May-Leser,
Freiburg i. Br., F. E. Fehsenfcld, 1902."

„Karl May als Erzicher." Jm
Lande der Dichter und Denker darf's
ein munterer Verleger wagen, eine
Ncklameschrift für seine Ware mit
dicser Ucbcrschrift zu vcrsehn, die einen
Schundromanfabrikanten als eine gei-
stigc Macht hinstellt. Er darf's ohne
Besorgnis, daß die Lächerlichkeit ihn
tüte, ob auch die gesamte ernste Presse
von dcn sozialdcmokratischen Zeitungen
und der demokratisch-volksparteilichcn

„Frankfurtcr Zeitung" über alle Par-
teien hinweg bis zur klerikalen „Köln.
Volkszeitung" eindringlich vor May
und der May-Mache gewarnt habcn.

Wie sich May im Auge dicscs be-
geisterten Geschüftsmanns spiegelt, das
würe zwar an und für sich ganz er-
gützlich zu lescn. „Was ist er? Literat?
Schriftsteller? Journalist? Dichter?
Nichts von alledem! Er ist ein ein-
facher, arbeitsamer Landwirt, weiter
nichts! Er hat sich ein kleines Acker-
land zu eigen gemacht. Wo? Jn ir-
gend cincr der vielen Unendlichkcitcn,
um welche sich gewöhnliche Menschen
nicht zu kümmern pflegen. Es ist ein
unbeschreiblich schöncs, geistiges Land.

Das hat er bebaut-als Erstcr

und auch als Einziger, dcr das wagte.
Nicht etwa ein Klondyke, sondern ein
Edon! Soine Mühen wurdcn reich
bclohnt. Scin Besitz vergrößerte sich
von Jahr zu Jahr. Er süete, er pflanzte
und er erntete." Was ist's aber auch
für einer! Er hat „die scheinbare
Abenteuerlichkeit und die F ein dsch ast
des Unverstandes" gemein mit
wem? Mit Cervantes! „Alles, was
ich über die Personen des Spaniers
gesagt habe, gilt wörtlich auch von
denen Mays." Nur in eincm ist er
wohl ein wcnig anders, von den
Schöpfungen des großen Deutschen
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