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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 13 (1. Aprilheft 1909)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0054
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Westens" in Berliner Zeitungen
grassiercn, und andre sehen es
und eifern ihin nach. Man hält
das für „künstlerisch". Man ver-
mutet wahrscheinlich, Haiduks Bil-
der-Scheusäler seien Kinder einer
Geistes-Ehe zwischcn „Simplicissi-
mus" nnd Toulouse-Lautrcc, dann
unterscheidet sie abcr immerhin
etwas von ihren Eltern: die haben
Geist und sie haben keinen. Zwar,
ihr Zeichner hatte noch ein biß-

chen, denn ein bißchen gehört auch
dazu, aus allem, was man sieht,
mit Kunst allcn Gcist auszutrciben,
mit andern Wortcn: alles bewußt
ins Vlödsinnige zu stilisiercn. Oder
sind diese bcidcn „Kinder" hier
nicht vollendete dekadcnte Troddel?
Wcnn man ihre erwachscncn Ver-
wandten auf Haiduks sonstigen In°
seratcnbildern sicht, wundcrt man
sich darüber wciter nicht, die sind
ja auch sämtlich blödsinnig. Aber
interessant ist es doch, zu sehen,
daß der Snob das als lustig und
scherzhaft empfinden kann. An

Kindcrn sogar — pfui Teufel,
ist's eine Gesellschaft!

Eine andere Geistreichigkeit leistet
die Scktfirma Henkell. Rembrandts
Fausk nicht etwa humoristisch oder
satirisch umstilisiert, sondern mit
aller Linienführung seiner ernsten
Griffelkunst einfach nachgeätzt —
und dann dort, wo dem Beschwörer
das Zeichen erscheint, die Inschrift
„Henkell trocken".

Eine dritte macht ein Musi-

kalienvcrlag. Er cmpfichlt die
„Letzte Nose". Sicher ein Ding,
das wir ob seincr Abgeleiertheit
alle satt haben, aber e r würd es,
denkt man, doch nicht empfehlen,
hielte er's nicht für etwas Gutes.
Dazu als Bild eine blökende alte
Iungfer am Klavier. „Spottet
seiner selbst und weiß nicht wie" —
das stimmt hier nicht. Man spot-
tet seiner selbst und weiß, wie.
Man findet es geistreich, nichts
ernst zu nehmen. Sich selber kennt
man ja, nun denkt man: sie sind
alle so.

tz Aprilheft lstOst

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