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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,3.1909

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Heft 15 (1. Maiheft 1909)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8816#0213
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Scharrelmann und andre* auf dem
berührten Gebrete wirken.

Sicherlich: So stark phantasie-
begabt und so formal gcwandt wie
unser Märchenerzähler sind bei
weitem nicht alle Kinder. Und
vieles (zwar gerade nicht das Er-
freucndste) an seinem Geschichtlein
ist nur möglich gewesen auf Grund
seiner bcsonderen Lebensverhältnisse.
Gewiß auch: wollte man aus dem
Angedeuteten nlle Konsequcnzen
für die heutige Unterrichts-
praxis ziehen, so müßte man in
einem dicken, dicken Buche viel
Altes und viel Neues sagen.

Zugegeben endlich: llnsre Schule
hat den Verhältnissen gcmäß zu-
nächst schr profanc, rcin praktische
Zwecke, die sich nicht mit dem
decken: dem Kinde Gelegenheit zu
produktiver Phantasiebetätigung zu
geben. Aber: Sollten nicht ge-
rade auch diese praktischen Zwecke
weit besser erfüllt werden, wenn
man auf die Natur der Kinder ein-
ginge, statt zur „Verkrüppclung
ihrer Seelen" beizutragen, wie sich
schon vor ((2 Iahren Eberhard
von Rochow ausdrückte?

N. tzenseling

* Es sei hier besonders auf die
Reformpädagogen hingewiesen, die
um Berthold Otto und R. Pann-
witz stehen, und die mit feinem Ver-
ständnis auf die Natur des Kindes
einzugehen bemüht sind — trotz
aller, zum Teil recht unangeneh-
men Äberspannung, mit der sie
Ottos Idee der Altersmundart und
Zur Lindes und Pannwitz' Mei-
nung von der Entwicklung des
Dichterdeutsch auf die Praris an-
wenden. Wer sie kennen lernen
will, abonnierc einmal auf den
„Heiligen Garten" (Verlag Schcffer,
Leipzig, jährlich 2 M.) oder lasse
sich einen Prospekt des Verlags
K. G. Th. Scheffer, Lcipzig, senden.

MachL auf das Tor!

heißt eine gnte Sammlung deut-
scher Volks-Kinderlieder, die
Maria Kühn im Verlag von Karl
Robert Langewiesche herausgegeben
hat. Man kann sie empfehlen,
da sie nicht nur mit umfassender
Kenntnis der einschlägigen Litera-
tur gemacht ist, sondern auch von
Beteiligung mit dem Gemüte zeugt.
Man findet da Wiegen-, Schlaf-
und Koselieder, Morgen- undAbend-
licder, Knicreiter- und Schaukel-
lieder, Lanz-, Schcrz-, Iahres- und
Natnrlieder, Tierverse, Neckmär-
chen, Schncllsprechübungen, Ab-
zählreime, Ningelreihen und Lie-
derspiele. Die Verfasserin widmet
ihr Buch dcn Müttern und nicht
minder „Großen Leuten", die ein-
fältigen Herzcns noch einmal das
Kinderland durchwandcrn möchten.
Aber ihrc eigentlichc Bestimmung
vollcnden dicse Liedchen und Vers-
chen im Munde dcr Kinder selbst.
Besonders städtischcn Familien, dw
im Sommer aufs Land gehcn, wird
die Sammlung willkommen sein,
da sie hier einen wohlgesichtcten
Stoff und mannigfaltige Anrcgung
für die Vergnügungen ihrer Klei-
ncn im Freien finden werden.
Zur Begleitung der Singlieder eig-
net sich wohl am besten die Gitarre
in der Hand der Mutter oder der
Aufsichtsperson, die wenigen, hier-
zu erforderlichen Griffe sind ja in
drci Tagen für jcdermann leicht
zu erlernen. B

„Von der Kindesseele"

o heißt ein Buch, das Gertrud
Bäumer und Lili Drocscher bei
Voigtländer in Leipzig herausge-
geben haben und das „Beiträge zur
Kinderpsychologie aus Dichtung und
Viographie" cnthält. Es ist zunächst
als Hilfsmittel für den pädagogi-
schen und pshchologischen Uutcr-
richt in Lehrer-, Lehrerin- und

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