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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,3.1912

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Heft 14 (2. Aprilheft 1912)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9027#0145
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gewiß, stellt bronzene in unsre Au-
lagen, soviel gute ihr habt! Wollt
ihr aber Bildnisstatuen von Men-
schen zeigen, so sorgt dafür, daß der
Mensch zur Geltung komme, und
nicht nach seiner Fähigkeit als Rei-
ter, sondern nach der, wcgen welcher
ihr Denkmäler setzt! Wenn sonst
nichts, müßt ihr doch mindestens
das einsehn: daß der Zwang, einen
Menschen reiten zu lassen, nach
allen Seiten daran hindert, das
Wesentliche seines Jchs
monumcntal herauszuarbeiten. Auch
wird unsre Bildhauerkunst im rein
Formalen wie im Shmbolischen auf
das Kleinlichste beengt, sie wird ge-
radezu selbst in eine Model gedrückt,
wenn man ihr bei allen größeren
Aufgaben immer wieder das Kaval-
lerieoffizierschema anfzwingt. A

Zur neuen SchaLtenriß-
Kunst

ie Leser wissen, wir haben jetzt
einmal für eine Weile den
Schattenriß in besondre „Pflcge"
genommen. Weil wir der Aberzeu-
gung sind: erstens, daß wir jetzt
eine Blütezeit der Silhouetten-
kunst miterleben, zweitens aber, daß
von dicser eigentlichen modernen
Kunst des Schattenrisses so gut
wie „niemand nichts weiß", wäh-
rend man auf diesem Gebiet einen
süßlichen Dilettantismus ausstellt,
auslobt und kauft. Hätten wir mit
solch keckcr Behauptung recht, das
wird man zugeben, so würde dieses
nichts geringeres bezeugen, als daß
unser Kunsterziehertum, das doch
sonst alle möglichen und auch die
bescheidensten Gattungen freier und
angewandtcr Kunst mit Fachschulen,
Fachblättern und sonstigem Auf-
wande als wichtige Angelegenheiten
hegt, eine der allerfeinsten Kunst-
übungen in ihren zeitgenössischen
Gaben sozusagen — übersehen hat.
Abersehen einfach, weil man nicht

scharf genug hinsah, nm zu be-
merken, was hinter der gangbaren
schwarzen Konditorware sonst auch
noch da war. Unser Beweis ist aber
nur durch Publikationen zn
führen. Durch Publikationen der-
jenigen älteren Sachen, die auf die
guten Linien weisen, vor allem aber:
durch Publikationen der noch un-
bekannten guten Schneidekunst von
heute, auf die wir unsre Meinung
von der gegenwärtigen Höhe der
Silhouettenkunst begründen. Ist
das erst alles heraus, so wird es
ergeben: daß geradczu die Gipfe-
lung der gesamten Silhouetten-
kunst aller Zeiten in das Heute
fällt — ohne daß wir's bisher wnß-
ten. Eben erst ist eine große, aller-
dings nicht vorbildliche, Geschichte
der Silhouettenkunst in englischer
Sprache erschienen: mit Ausnahme
einiger Bildnisschnitte wird alles,
was sie bringt, durch gegenwärtige
deutsche Leistungen übertroffen, von
denen natürlich auch sie noch nichts
weiß.

Ansr> heutige Beilage soll nur
ein paar noch unbekannte Schatten-
risse zeigen, die wir nicht für
unsre Sondcrpublikationcn bestimmt
haben, einzelne Sachen, die aber
doch von dem feinen Leben der heu-
tigen Silhouettenkunst zeugen, nnd
Werkchen von Künstlern und Künst-
lerinuen, von denen wir bisher noch
nichts gebracht haben. Alle sind
echte Scherenkunst, kein ein-
ziges dieser Stücke ist nur ausge-
tuschte Amrißzeichnung, und alle be-
tonen auch mit bewußter Künstler-
schaft den Schnittcharakter im Am-
riß.

Am meisten im überkommenen
Stil der Vasenfiguren sind die bei-
den Schnitte von Artnr Well-
mann in Berlin: das lesende
Mädchen mit der Katze und der
blumengießende Alte, beide genau
in Originalgröße reprodnziert.

2. Aprilheft W2 ssS
 
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