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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,3.1912

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Heft 18 (2. Juniheft 1912)
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Rath, Willy: Strindberg
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Brinckmann, Albert E.: Architektonische Grünpflanzungen in der Stadt!
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https://doi.org/10.11588/diglit.9027#0427
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alle wesentlichen Religionsphären ist er hindurchgegangen. Vom ererb-
ten Pietismus gelangte er zum Theismus, zum Atheismus, zum Okkul-
tismus. Aber kaum wäre es an irgendeiner Stelle dieses Weges mög-
lich gewesen, ihn ganz und gar auf einen Ismus festzuuagelu. Die
Dummheit des platten Welträtsellöser-Atheismus machte er nicht mit,
und mitten in der Glaubensmystik blieb er wiedernm viel zu viel er
selbst, als daß er für eine wie immer geheißene Kirche oder Sekte ein
bequemes Mitglied hätte werden können. Ia, als er in seiner Inferno-
zeit, von Lebenspein und Selbstquälerei gefoltert, dem Wahnsinn zu
verfallen schicn, behielt er uuerhörterweise zugleich die geistige Klarheit,
diesen seinen Zustand zu betrachten und darzustellen.

Der Tod, dem er sich von Ingend auf so oft aubot, hat ihn nun
erst äufgenommen, nachdem alles Lebensleid nberwunden und eine
Strecke heitcren Lebensfriedens sich vor ihm aufzutun schien. Mann-
haften Mutcs aber überwand August Strindberg auch die letzte Prü-
fung, die langhiugezogene Körperqual. Das „Schicksalsschwere", das
schon auf dem Iüngling lag, blieb auf ihm bis zuletzt und vermochte ihn
bis zuletzt nicht zu erdrückeu. Als Sieger endete er.

Wirst du nic müde zu fragen? sagt auf dcm Wege „nach Damaskus"
die Mutter. — Der Held antwortet: Nein, nie! Ich verlange nach Licht!
— Und sie spricht: Geh und suche denn! Und Friede sei mit dir!

Willh Nath

Architektonische Grünpflanzungen in der Stadt!

^^-ine Hauptfrage dcs modernen Stadtbaus ist diese: wie läßt sich das
R steinerne Gefüge des Stadtkörpers sprengen und gleich einer brüchi-
Mauer mit Grün durchsetzen? Wie lassen sich diese Grünstreifen
und Parkflächen so anlegen, daß sie nicht einzelne grüne Stellcn auf dem
Stadtplan ergeben, sondern ein znsamrnenhängendes Netzwcrk, das weite
Wege im Grünen erlaubt? Wie müssen sie ausgebildet werden mit Vlu-
mengärten, Spiel- und Sportplätzen, Plantschwiesen, um dem Städter
und seinen Kindern Ersatz der freien Natur zu bieteu, — das heißt nicht
deren Eindruck vorzutäuschen, sondern deren Wirkungen auf Geist und
Körper zu vermitteln? In welchen Größenverhältnissen müssen sie zur
Stadt stehen, wie zu den einzelnen Luartieren abgestimmt werden, wie sich
mit der weiteren Umgebung verbinden? Ein außerordentlich umfang-
reiches Programm ist damit in den letzten Iahren aufgerollt worden, die
Park- und Spielplatzpolitik der modernen Stadt schließt viellcicht die
schönsten öffentlichen Aufgaben ein. Usui civlum, äscori urbium! Gegen-
über diesen neuen, meist mit jener schwungvollen Begeisterung geschaffeneu
Pflanzungen, die bereits die Begründer der Bewegung Olmstcd und Eliot
in Amerika soviel erreichen ließ, erschcint die Grünkunst dcs alten Stadt-
baus — abgesehen von den meist später einbezogenen landesfürstlichen
Parkanlagen — recht dürftig, ja jetzt, wo wir Größeres verlangen und
erreichen, sogar überflüssig. Zwickelrasenplätze, die mit einem Eisen-
geländer eingefaßt sind, kleine Blumenbeete, dünne Grasstreifen an Pro-
menaden, dürftige Baumreihen in engen Straßen werden als unwürdig
empfunden, man empfiehlt bereits im äußersten, gegnerischcn Lager den
baumfreien Platz, die baumlose Straße. Dafür werden nicht nur ästhe-

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