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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,3.1912

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Heft 18 (2. Juniheft 1912)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9027#0493
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Vergleich und damit zu einer kleinen Betrachtung'einladen könnten. Der
Künstler hat sein Motiv der Umgebung Dachaus entnommen, von der
„Dachauer Schule" ist aber nichts bei ihm zu spüren. In unserm Bilde
wirkt in starker Weise die Linie mit, in dem schwingenden Bogen des
Weges schon, noch stärker in dem fast silhouettenhaft abschneidenden Kontur
des Hügels mit dem Busche, und beide Hauptlinien wirken dann wieder
ganz stark znsammen. Wer die kraftvolle farbige Landschaftsstudie An--
selm Feuerbachs damit vergleicht, wird sofort der Verwandtschaft
nach einer Seite hin gewahr werden, obgleich sich der große Italiener-
Deutsche nicht nur seine Anregungen aus dem Süden holte, sondern auch
eines Stilisierens wohl in weit höherem Maße bewußt war. Er sah die
Natur mit heroischen Gefühlen an, der Schweizer nannte sein Dachauer
Bild mit einer Andeutnng dessen, was ihn bewegte, „Feldeinsamkeit". Der
Gefühlswcrt beider Bilder ist ebsnso wie ihre malerische Weise von
Grund ans verschiedcn, aber in beiden Bildern ist dennoch ein Stilisieren
auf die Linie. And zwar ein echt künstlerisches Stilisiercn. Eines, das
die gegebenen Linien der Natur mit starkem Gefühl vereinfacht, zusammen-
faßt, betont und durch all das zu den Beherrschern des Gewirres der Wirk-
lichkeit macht. Ein falsches Stilisieren dagegen ist jenes, das gleichsam
Ornamente in die Wirklichkeit hinein arrangiert. Wir haben von dieser
Sorte „Stilisierkunst", die unfehlbar zum Manierismus führt, in deutschen
Landen lange Zeit sehr viel gehabt und haben auch jetzt von ihr genng.
Wo ein Starker, wie jetzt etwa Hodler, nene Werte fühlt, da kommen ja
immer gleich die Schwachen hinterher, die nicht irgendwelche Nägel auf
den Kopf treffen, sondern die Bewegungen nachmachen, mit dencn das
ein andrer tat.

Zu unsrer Bilderbeilage gehört der Anfsah dieses Heftes über das
Grün in Großstadtanlagen.

Zn den Bildchen der Kirche von Longeville, die wir neulich
brachten, sei noch nachgetragen, daß dcr Baumeister des feinen Werkes
der Architekt tzermüller in Metz ist. A

>,jnsre Notenbeilage bringt diesmal Gottfried Kellers „Wenn
'^»schlanke Linien wandelten" in der Komposition von Nichard Stöhr,
die keines Kommentars bedarf. Es sei also nur auf den geistreichen Zug
hingcwiesen, die ersten Verse des Gedichtes am Schlnsse zu wiederholen
und damit gleichsam als den eigentlichen Inhalt des Liedes herauszuheben.
Die Pausen, welche den Fluß der Melodie zerreißen, wollen natürlich in
einem sehr diskreten Sinne behandelt sein und sollen das sympathetische
Hin- nnd Herwiegen des Körpers in dcr Melodie versinnlichen. — Wal-
ter Niemann hat sich in den letzten Iahren immer mehr als fein-
sinniger Klavierpoet hervorgetan und auch in den Kreisen der Kunstwart-
leser schon viele Freunde erworben. Wir bringen diesmal ein Klavier-
gedicht aus der tzandschrift von ihm, das ihn wiederum als Klein- und
Feinmeister, als Stimmungskünstler nnd Genrekomponisten erproben soll.

B

herausgeber: vr. b. °. Ferd. Avenarius in Dresdcn-Blasewitz; verantwortl.: der tzerausgeber —
Derlag von Georg D.W.Lallwey, Druck von Kastncr L Lallwey, k. tzofbuchdruckerei in Münchcn —
In üsterrcich-Ungarn sür tzerausgabe u. Schristleitung verantwortl.: vr. Rich.Batka inWien Xlll/K

^ Kunstwart XXV, s4
 
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