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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,1.1927-1928

DOI Heft:
Heft 1 (Oktoberheft 1927)
DOI Artikel:
Popp, Joseph: Böcklin zum Gedächtnis: (geb. 16. Oktober 1827)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8883#0024

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Blau und Silber, in goldig kupferigen Tönen leuchLek es vom Grund auf,
bald ein gliheriges Band im Plan, bald ein rieseliges Harfengespann über
Höhlen und Felsspalken, ein pläkfcheriges Wellenspiel am vereinsamken Ge-
stade oder wild aufschäumende Brandung zwischen hemmenden Felsen. Und
über allem slrahlk in wechselndem Blau ein Himmel voll Lichk und Glanz,
hier geschmückk mik weißseidenen Wolkenfahnen oder sederhafkem Gekräusel,
dork umdüsterk von den schweren Graphikkönen der Geivikkerwolken. Und nie
ist diese Schönheik bloße Oberfläche, immer isk sie körperhalkig, der Näeder-
schlag eines reichen Lebensgesühls, das mehr im Begekakiven und Animali-
schen als Geisiigen wurzelk.

Dieser Drang nach den HerrlichkeiLen der Nakur ließ Böcklin immer wieder
nach Italien ziehen und dreißig Iahre dork verleben, ließ ihm die südliche
Landschask zur Nmkur schlechkhin werden. Kein Ikaliener und Franzose, aber
auch kein Deutscher hak Ikaliens Landschafk so beglückend nnd schwermükig
geschilderk, keinem isi diese Nakur so sehr Ausdruck der Weltschönheik, Bild
des Lebens und seiner unerfüllbaren Sehnsüchke geworden. Wohl haben die
großen Barockmeisier Pou;sin, Millek und Claude Lorrain, haben Deutsche
aus dem Anfang des 19. Iahrhnnderks und manche Späkere die ikalienische
Landschafk idealisch in Lichk und Farbe, heroisch in der Form hingesiellk, aber
nie mik dem Bluk und dem Temperamenk Böcklins, nie mik der Gluk seiner
Farben. Er isi in und an Ikalien zu sich selbsi gekommen. Schon der crsie Lluf-
enkhalk von 1850—1857 hak die Düsterheik seiner nordischen Töne durch-
leuchkek. Der um 1860 ersiandene „Pan" (München), der seinerzeik Aufsehen
erregke, brachke vor dem Pleinairismus slackerige Sonnenlichker. Böcklin ließ
sich aber von dieser Entdeckung zu keiner einseikigen Ausnühnng des Lichkes
verführen, wie er auch sonst immer seine Wege ging.

So hat er auch den antiken Fabelwesen nichk nur neues, sondern ersi volles,
glaubwürdiges Leben gegeben. 2lus dem mythisch-plastischen Sinn der Grie-
chen ersianden, sind diese Menschenkiere wohl einheiklich klare Bildungen, aber
die Plasiik mußke ihnen vieles schuldig bleiben; auch werden sie von der Ankike
steks nur in gewissen Zusammenhängen vorgeführk. Der Dichker nnd Maler
Böcklin erweikerte und bereicherte ihre Erscheinung und Wirksamkeit, ließ aus
seiner stärksten Erlebnis- und PhankasiekrasL, aus seiner eigenen Lebensfülle
diese Zenkauren, Hippokampen, Trikone, Pane, Faune, Najaden und Nixen
uns noch cinmal lebendig werden, ohne daß sie wie die romankischen Darstel-
lungen der nordischen Zwerge, llnholde, Riesen, Elfen und Feen als Märchen-
illusirationen wirken. Nur ein Schöpserischer vermochke sie zu Sinnbildern
der Nakur und ihrer Skimmungen, zu prachkvollen Verkörperungen der Sehn-
suchk, Leidenschaft und Nok der stummen Kreakur, wie unserer eigenen Triebe
und Hnmore umzugestalken, in einem Grad des Elemenkarischen nnd in einer
Fülle der Sikuakionen, die die ankiken Bildungen weik hinker sich läßt: in Bil-
dern siiller Jdylle und arkadischer HeiLerkeiL wie bacchankischer Lusi, im Dra-
matischen und Tragischen, in Liebesabenkeuern und genrehafk selksamen
Szenen. Diese Gesialken sind so glaubwürdig in sich, ihrem Tun und ihrer
Umgebung, daß wir sie heute noch als Überbleibsel einer srüheren Welk
nehmen möchken, daß sie uns aus manchem Naturerlebnis wie von selbsi
ersiehen. Wirkk nichk manche niedergehende Lawine oder Mure wie dieser
 
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