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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 15.1972

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Nr. 2
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Richter, Will: Ein Glückwunsch für zwei große Siebziger
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https://doi.org/10.11588/diglit.33065#0032

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Ein Glückwunsch für zwei große Siebziger

„Siebzig Jahre währet unser Leben, und wenn es köstlich gewesen ist, ist’s Mühe
und Arbeit gewesen.“ Die großen Männer unseres Verbandes pflegen diese Zahl der
Lebensjahre beträchtlich hinter sich zu lassen, aber sie selbst und diejenigen, die ihnen
verbunden sind, neigen doch dazu, an dieser Schwelle, an der die moderne senectus
beginnt, einen Augenblick der Besinnung und Rückschau einzulegen. Die Jahre 1970
und 1971 erleben zwei quicklebendige Siebziger von bedeutendem Rang und glanz-
vollem Namen im DAV und weit über ihn hinaus, und ihr nomen admiratione dignis-
simum verdanken beide der Tatsache, daß ihr Leben „Mühe und Arbeit“ war, auch in
diesem Verband und für ihn. Es sind Erich Haag (Tübingen) und Erich Burck (Kiel).
Mit dem Schwaben Erich Haag, geboren am 19. 1. 1900, dem 1. Vorsitzenden des
DAV von 1956 bis 1960, hat gewissermaßen unser Jahrhundert begonnen. Sein Eintritt
ins Leben fällt fast genau mit Ulrich von Wilamowitz-Moellendorffs, seines späteren
Lehrers, berühmter Jahrhundertrede zusammen; der angehende Philologe hat noch
den freisinnigen und gelehrten Wilhelm Schmid gehört und den geistsprühenden, da-
mals noch jungen Otto Weinreich erlebt; er selbst wurde'„auf seine Art ein Grieche“
und zugleich ein begeisterter Humanist, freilich in jener nüchtern-distanzierten Variante,
der es nicht mehr ein selbstverständliches Vorrecht war, Humanist zu sein, sondern
eine keineswegs leichte Aufgabe kritischer Besinnung. Sein vielbeachtetes Buch „Platons
Kratylos. Versuch einer Interpretation“ (Tübinger Beiträge XIX, 1933) - die Annee
philologique verzeichnet ein rundes Dutzend Rezensionen darüber — und seine opera
minora („Zu welchem Ende lesen wir Platon im Gymnasium?“, Gymnasium 1956; E.
Spranger - E. Haag, „Der Sinn des Altsprachlichen Gymnasiums“, 1960) zeugen davon
ebenso wie seine ungewöhnliche fruchtbare Arbeit in der Schule, zuletzt als langjähriger
Direktor des Uhland-Gymnasiums in Tübingen, seine vierjährige Führung des Ver-
bandes und die Reden und Ansprachen, die er in beiden Eigenschaften hielt. Dieser
magister Platonicus ist zugleich durch und durch ein Mensch unserer Zeit, den geistigen
Strömungen der Gegenwart in kritischer Beobachtung verbunden, ein Meister des
Wortes, ein souveräner Verhandlungsleiter und glänzender Repräsentant; auctoritas
und elegantia bilden in ihm eine fesselnde Konstellation. Der gelehrte Schulmann konnte
seine fachlichen und didaktischen Erfahrungen auch in Universitätskursen an den alt-
philologischen Nachwuchs weiterreichen; die Verleihung der Würde eines Honorar-
professors für antike Bildungsgeschichte durch die Universität Tübingen (1959) bildet
die ehrenvolle Krönung seiner beruflichen Laufbahn. Die Zahl derer, die von ihm
entscheidende geistige Anstöße erfahren haben, geht in die Hunderte, und ihr Leben
wird begleitet vom Erinnerungsbild eines kultivierten Gelehrten moderner Prägung,
dem Neuen weit geöffnet und dennoch in vielschichtigen Traditionen wurzelnd, unter
denen die der Griechen, zumal der griechischen Denker, den zentralen Faktor bildet.
Erich Burck, geboren am 30.11.1901, post hominum memoriam Professor der
klassischen Philologie an der Universität Kiel, Ehrendoktor der Universitäten Rennes
und Athen, Officier des Palmes academiques, kommt aus einer anderen Ecke Deutsch-
lands (aus Sachsen) und einer anderen philologischen Schule (derjenigen des gestrengen
Leipziger Latinisten Heinze). Sein Lebenswerk gehört der Forschung und der Aus-
bildung junger Philologen an der Hochschule. Die Zahl seiner wissenschaftlichen Publi-
kationen von seinem Erstling an, einer Leipziger Dissertation von 1926 über Vergils
Georgica, bis zum jüngsten libellus „Vom römischen Manierismus“ (1971) ist achtung-
gebietend; ihre wichtigsten Sachkreise (römische Geschichtsschreibung, Epik und Elegie)
werden innerlich weitgehend von der Frage nach dem Bild des Menschen, das sich in
den literarischen Werken der Römer abzeichnet, zusammengehalten (weshalb die
Sammlung seiner wichtigeren kleinen Schriften, 1966 von H. Diller und E. Lefevre her-

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