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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 15.1972

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Westphalen, Klaus; Robinsohn, Saul B. [Gefeierte Pers.]: Saul B. Robinsohn gestorben
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https://doi.org/10.11588/diglit.33065#0106

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Sein von einer Grenze umgeben werde. Es ist nicht nur wahrscheinlich, daß Leukipp
Parmenides kritisiert hat, sondern auch daß Melissos auf die Lehre des Leukipp ge-
antwortet hat. - Samuel Scolnicou: On the epistemological significance oj Plato’s
theory of ideal numbers. S. 72. Das Problem der Zahl - in anderen Worten das
Problem des Einen und des Vielen - läuft durch die ganze griechische Philosophie,
von Thaies bis hin zu Proklos und noch hinter ihn, und erreicht seinen höchsten
Ausdruck bei Platon. Wie mit der Idee, ist es mit der Zahl: Zahl ist zu einundder-
selben Zeit sowohl Relation und Substanz. - Joseph Vogt: Synesios im Glück der
ländlichen Einsamkeit. S. 98. Den Briefen des Synesios verdanken wir einen tiefe-
ren Einblick in sein persönliches Erleben. Er ist Philosoph und Redner zugleich
und braucht beides, die Einsamkeit und den Markt. Naturhaftes Landleben gedeiht
am besten ohne Kontakt mit der Stadt, mit der die Verbindung nur durch den
Steuerboten hergestellt wird! Neben vertraute hellenische Motive treten Gestalten
und Gedanken der Bibel (Brief 101; 114; 148 in Übersetzung). - Peter Flury:
Beiträge aus der Thesaurus-Arbeit XVII, S. 109, (incocito) aus dem ,Hebammen-
katechismus1 des Ps. Soran: ein ghost word (statt in eo cito). - Meinhard Scheller
und Wilhelm Ehlers: lapit (Pacuvius fr. 276 nach Nonius p. 23, 7). S. 110. Primär-
verb, für das weitere Belege fehlen. Jede Tätigkeit, die die Unversehrtheit eines
Objekts angreift. - Wolfgang Hübner: leges incendere {zu Cic. Pis. 15). S. 112.
Wenn die haruspices das Anbrennen der Gesetztafeln als Zeichen für den Unter-
gang der Gesetze deuteten, so ist es nicht ungewöhnlich, wenn Cicero von einem
Verbrennen der Gesetze spricht. - Hans Wieland: obses - Jtdpeöpog (Paul. Nol.
carm. 22, 54). S. 115. Der Anfang des Johannesevangeliums lautet bei Paulinus:
,principio verbum, inquit, erat; deus obside verbo gaudebat ... / Mit Hilfe der
inhaltlich verwandten Texte der Weisheitsbücher ersetzte der Dichter das johanne-
ische ,erat apud‘ durch ptapeSgog', wofür sich die Lehnübersetzung ,obses' ergab. -
Willy Theiler: Drei Vorschläge zum Namenssatz der taciteischen Germania. S. 118.
Den von J. Delz (Mus. Helv. 1970 224ff.) und von K. Kraft (Sitz.Ber. d. Wiss. Ges.
Frankfurt 9, 1970 S. 27—62) fügt der Verf. als seine eigene hinzu: ,ut omnes a victore
primum ob metum, mox usw.‘ Ob metum kann man gesucht inkonzinn gleich a
metuentibus (dem Delzschen etwas überdeutlichen a victis entsprechend) im Gegen-
satz zu a se ipsis verstehen. ' Werner

Saul B. Robinsohn gestorben. Am 9. 4. 1972 erlag Professor Robinsohn, Direktor am Max-
Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, im Alter von 55 Jahren einem Herzversagen. Den
Klassischen Philologen ist der Begründer der deutschen Curriculumforschung und Initiator der
Lehrplanreform vor allem durch seine Attacke auf die Alten Sprachen bekannt geworden. In der
Programmschrift „Bildungsreform als Revision des Curriculum“ (1967) bestritt er den altsprach-
lichen Fächern einen zentralen Platz im Gesamtcurriculum, da es keine „Isomorphie“ zwischen
griechisch-römischer Antike und Gegenwart gebe. Diese Zeitschrift und der DAV haben die Kon-
troverse mit Robinsohn ernst genommen. Otto Schönberger setzte sich mit der 1. und 3. Auflage
des erwähnten Buches auseinander (in Heft 3/1968 und 4/1971), Karl Bayer berichtete im Heft
1/1972 über ein Gespräch, das der Ausschuß für didaktische Fragen im DAV mit Professor Robin-
sohn am 8. 2. 1972, also kurz vor seinem Tode, über Probleme des Lateincurriculum führte.
Wir beklagen den Tod eines fairen und bedeutenden Gegners. Robinsohn leitete seine Ansichten
aus einer wohlüberlegten, von wissenschaftlichem Ethos getragenen Bildungskonzeption ab;
überspitzte Positionen wußte er zurückzunehmen. Daß er, obwohl klassisch gebildet, den An-
spruch des Altsprachlichen Unterrichts zurückwies, einen wesentlichen Beitrag zur Menschen-
bildung zu leisten, beruhte weniger auf einer pragmatischen Einschätzung der pädagogischen
Aufgaben, sondern eher auf der großen Enttäuschung, die ihm das vermeintliche Versagen der
humanistischen Bildung gegenüber der nationalsozialistischen Barbarei bereitet hatte.
Wir werden Professor Robinsohn ein ehrendes Angedenken bewahren.
Klaus Westphalen

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