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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 15.1972

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Nr. 3
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Fritsch, Andreas: Lateinunterricht in der DDR
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https://doi.org/10.11588/diglit.33065#0066

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Lateinunterricht in der DDR

Ohne Zweifel spielt der Lateinunterricht in der DDR nie jene zentrale Rolle, die er
zum Teil auch heute noch in den Schulen der Bundesrepublik und West-Berlins innehat.
Dennoch gibt es auch in der DDR Lateinunterricht, und er hat dort in den letzten Jahren
eine neue Organisation und eine neue didaktisch-ideologische Begründung erfahren.
Die beiden Hauptformen des Lateinunterrichts in der DDR sind heute:
1. der fakultative Einführungslehrgang Latein in den Klassen 11 und 12 der Erweiterten
Oberschule und
2. die Klassen mit verstärktem Altsprachenunterricht in den Klassen 9 bis 12.
Der fakultative Einführungslehrgang Latein
Dieser zweijährige „lebenspraktisch orientierte Lehrgang“ wurde im Schuljahr
1969/70 zum erstenmal eingerichtet und stellte somit „für die Altsprachenausbildung
in der DDR eine vollkommen neue Maßnahme dar“ (1). Für diesen Unterricht liegen
folgende aufeinander abgestimmte Materialien vor:
- „Lehrplan für den fakultativen Unterricht Latein, Erweiterte Oberschule, Klasse 11
und 12“ (2)
- „Lateinisches Lehrbuch, Einführungslehrgang“ (3),
- „Unterrichtshilfen“, 2 Bände (4),
- „Lebendiges Latein“, eine gegenwartsbezogene, sprach- und kulturgeschichtlich fun-
dierte Wortkunde (5),
- ein Sachbuch „Zur Geschichte und Kultur der Römer“ (6),
- das Wörterbuch „Taschenheinichen“.
Die Ziele dieses fakultativen Lateinunterrichts, dem im 11. und im 12. (= letzten)
Schuljahr jeweils 3 Wochenstunden zur Verfügung stehen, sind im erwähnten Lehrplan
formuliert. Danach hat der Lateinunterricht „solche sprachlichen Fertigkeiten und Fähig-
keiten zu entwickeln, die
- die Allgemeinbildung der Schüler bereichern und ihnen die Aneignung von Fremd-
wörtern (besonders Termini aus dem Bereich der Gesellschaffs- und Naturwissenschaf-
ten) erleichtern sowie
- die Voraussetzung für eine weitere Beschäftigung mit der lateinischen Sprache, z. B.
für die Spezialisierung im Fachlatein verschiedener Studienrichtungen, sein können“.
Den Schülern sind ein „Grundwortschatz von etwa 700 lateinischen Wörtern und
Kenntnisse von der Wortbildungslehre zu vermitteln, mit deren Hilfe unbekannte Wör-
ter im Kontext oder Fremdwörter (Fachtermini) erschlossen werden können“. Außerdem
erwerben sie „Grundkenntnisse der lateinischen Grammatik“, „die für das Übersetzen
einfacher lateinischer Texte in die Muttersprache unter Benutzung von Hilfsmitteln be-
nötigt werden“ (7).
Es ist offensichtlich, daß dieser Lehrgang nicht im Dienste einer „ästhetisierenden“
Sprachbildung (8), sondern „aus Gründen der Bildungsökonomie“ (9) eingerichtet wurde.
„Schüler, die bereits mit Vorkenntnissen im Fach Latein ihr Studium aufnehmen, haben
den Vorteil, daß sie ihre Zeit und Kraft auf andere Disziplinen verwenden können.“ (10)
Nach einer Übersicht des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen (Schuljahr
1969/70) sind Lateinkenntnisse im Umfang des Einführungslehrganges für das Studium
der folgenden Fachrichtungen obligatorisch: Orientarchäologie, Orientalistik, Kunst- und
Musikwissenschaften, Bibliothekswissenschaft, Linguistik, Romanistik, Germanistik (für
sprachwissenschaftlich spezialisierte Diplomanden); Ur- und Frühgeschichte. Studenten,
die die erforderlichen Lateinkenntnisse nicht auf der Schule erworben haben, müssen sie
in Hochschuleinrichtungen nachholen. Als wünschenswert gelten Lateinkenntnisse im

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