ten Paukenschlag tut und versucht, durch einen ,,Falstaff" oder — in unserem Falle —
durch einen ,,Frieden" mit den Waffen attischen Salzes, römischen Witzes und
schwäbischer Knitze ridentem dicere verum.
So geschehen zu Tybingen in der ersten Märzwoche 1988, und soviel zum Autor die-
ser Aristophaniade, von der hier berichtet werden soll. Er ist beim DAV ja wahrhaftig
kein Unbekannter.
Was also hat sich zugetragen? Fünf begeistert aufgenommene Aufführungen des ^Frie-
dens" nach Aristophanes; man zögert hinzuzufügen: frei nach Aristophanes. Denn ob-
wohl das Textbuch des Stückes nach des Bearbeiters eigener Angabe zu drei Vierteln
von ihm selbst stammt, ist es doch in Ansatz und Intention genau aristophanisch: was
kein Römer je gewagt und geschafft hat, das hat er probiert und auf Anhieb erreicht —
nach einem zahmeren ,,Ur-Aristophanes", den er 1979 mit den ,,Vögeln" unternahm
— eine attische Komödie für 1988.
Da der Aristophanes von 421 v. Chr. ein Athener war und nur ein Athener, ist derjeni-
ge von 1988 n. Chr. ein Tybinger und (fast) nur ein Tybinger. Der Rest ist St., zugege-
ben: ein großer Rest. Der Frieden ist eben ein weites Feld.
Was ist daran so aristophanisch? Erstens brennt uns Heutigen dasselbe Problem auf
den Nägeln wie den Athenern mitten im peloponnesischen Krieg. Alle wollen den
Frieden — schaffen oder erhalten —, w e n n sie ihn wollen. Die Frage ist: wie ihn er-
reichen? Ob auf die Weise des Trygaios (A.) oder auf die des Tybaios (St.), hinter des-
sen Worten und Versuchen man vielleicht am ehesten den Autor selbst vermuten darf,
bleibt einerlei. Man kann, wenn man kann und wenn man bei sich selber anfängt,
ohne Wenn und Aber anfängt, genauer: anfinge, so lehrt uns das Stück. Darum muß
leider jede so erfolgreich aussehende Friedensbemühung vorderhand im Konjunktiv
ausgedrückt werden. Hier sind wir beim Theologen, der den Ernst hinter dem Spiel
durchscheinen läßt. Gilt der Satz,,Friede auf Erden den Menschen des Wohlgefallens",
wenn alle Götter außer dem Krieg und dem geschwätzigen Hermes verreist sind?
Schillers,,lieber Vater" ist,,überm Sternenzelt" nicht wohnhaft, jedenfalls weder mit
Raketen noch durch den Himmels-Ritt auf dem Riesen-Mistkäfer dingfest zu machen,
so wenig wie der Frieden. Oder ist der gar nicht von den Göttern zu holen, sondern
von uns selbst zu machen? Die Friedensgöttin selbst ist ja auch nur eine Schaufenster-
puppe mit geronnenem Lächeln. Oder werden alle Menschen Brüder, wo der sanfte
Flügel weilt, nämlich derjenige der Göttinnen des Segens und der Dankbarkeit (Opo-
ra) oder des klaren Durchblicks und der Freude (Theoria)?
Das Finale des Stückes, das in die Apotheose eines Hochzeitstanzes mündet, legte die-
sen Schluß nahe, wenn nicht alternativ auch ein anderes Ende angeboten würde, das
in die Aporie führt: Gleichgewicht der Meinungen, des Wenn und Aber, des Freund-
Feind-Denkens, der Waffen und des Schreckens.
Das zweite aristophanische Element ist die strikte Devise ,,Tua res agitur." Da ist
nichts abgestaubt Historisches drin, wofür der Zuschauer erst einmal klassische Philo-
logie studiert haben müßte — der Autor hat's dafür umso genauer getan. Er überträgt
mit Recht ohne Skrupel das Athen von damals auf das Tybingen von heute; denn:
Schilda bleibt Schilda, oder: Seldwyla ist überall! Aristophanes wär's sicher zufrieden
gewesen. Daß das Friedensproblem heute anders aussieht als damals, daran läßt der
Autor keinen Zweifel, und deshalb begnügt er sich auch nicht damit, bloß die Namen
28
durch einen ,,Frieden" mit den Waffen attischen Salzes, römischen Witzes und
schwäbischer Knitze ridentem dicere verum.
So geschehen zu Tybingen in der ersten Märzwoche 1988, und soviel zum Autor die-
ser Aristophaniade, von der hier berichtet werden soll. Er ist beim DAV ja wahrhaftig
kein Unbekannter.
Was also hat sich zugetragen? Fünf begeistert aufgenommene Aufführungen des ^Frie-
dens" nach Aristophanes; man zögert hinzuzufügen: frei nach Aristophanes. Denn ob-
wohl das Textbuch des Stückes nach des Bearbeiters eigener Angabe zu drei Vierteln
von ihm selbst stammt, ist es doch in Ansatz und Intention genau aristophanisch: was
kein Römer je gewagt und geschafft hat, das hat er probiert und auf Anhieb erreicht —
nach einem zahmeren ,,Ur-Aristophanes", den er 1979 mit den ,,Vögeln" unternahm
— eine attische Komödie für 1988.
Da der Aristophanes von 421 v. Chr. ein Athener war und nur ein Athener, ist derjeni-
ge von 1988 n. Chr. ein Tybinger und (fast) nur ein Tybinger. Der Rest ist St., zugege-
ben: ein großer Rest. Der Frieden ist eben ein weites Feld.
Was ist daran so aristophanisch? Erstens brennt uns Heutigen dasselbe Problem auf
den Nägeln wie den Athenern mitten im peloponnesischen Krieg. Alle wollen den
Frieden — schaffen oder erhalten —, w e n n sie ihn wollen. Die Frage ist: wie ihn er-
reichen? Ob auf die Weise des Trygaios (A.) oder auf die des Tybaios (St.), hinter des-
sen Worten und Versuchen man vielleicht am ehesten den Autor selbst vermuten darf,
bleibt einerlei. Man kann, wenn man kann und wenn man bei sich selber anfängt,
ohne Wenn und Aber anfängt, genauer: anfinge, so lehrt uns das Stück. Darum muß
leider jede so erfolgreich aussehende Friedensbemühung vorderhand im Konjunktiv
ausgedrückt werden. Hier sind wir beim Theologen, der den Ernst hinter dem Spiel
durchscheinen läßt. Gilt der Satz,,Friede auf Erden den Menschen des Wohlgefallens",
wenn alle Götter außer dem Krieg und dem geschwätzigen Hermes verreist sind?
Schillers,,lieber Vater" ist,,überm Sternenzelt" nicht wohnhaft, jedenfalls weder mit
Raketen noch durch den Himmels-Ritt auf dem Riesen-Mistkäfer dingfest zu machen,
so wenig wie der Frieden. Oder ist der gar nicht von den Göttern zu holen, sondern
von uns selbst zu machen? Die Friedensgöttin selbst ist ja auch nur eine Schaufenster-
puppe mit geronnenem Lächeln. Oder werden alle Menschen Brüder, wo der sanfte
Flügel weilt, nämlich derjenige der Göttinnen des Segens und der Dankbarkeit (Opo-
ra) oder des klaren Durchblicks und der Freude (Theoria)?
Das Finale des Stückes, das in die Apotheose eines Hochzeitstanzes mündet, legte die-
sen Schluß nahe, wenn nicht alternativ auch ein anderes Ende angeboten würde, das
in die Aporie führt: Gleichgewicht der Meinungen, des Wenn und Aber, des Freund-
Feind-Denkens, der Waffen und des Schreckens.
Das zweite aristophanische Element ist die strikte Devise ,,Tua res agitur." Da ist
nichts abgestaubt Historisches drin, wofür der Zuschauer erst einmal klassische Philo-
logie studiert haben müßte — der Autor hat's dafür umso genauer getan. Er überträgt
mit Recht ohne Skrupel das Athen von damals auf das Tybingen von heute; denn:
Schilda bleibt Schilda, oder: Seldwyla ist überall! Aristophanes wär's sicher zufrieden
gewesen. Daß das Friedensproblem heute anders aussieht als damals, daran läßt der
Autor keinen Zweifel, und deshalb begnügt er sich auch nicht damit, bloß die Namen
28