Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
44

III Orientierung

Gewalt als eigenständiges Thema*'"
Der Fokus auf das Thema der .Gewalt' seit Mitte der 1990er Jahre wurde
auch von der Mediävistik aufgegriffen, die jenseits der Analyse von Kriegen.
Aufständen und anderen Konflikten das übergreifende Phänomen der Ge-
walt als Forschungsobjekt in den Blick nahm."' Die Zusammensetzung ver-
schiedener Fachtagungen zeigt, wie man sich durch die Kombination von
Einzelanalysen verschiedener Gewaltphänomene an das übergeordnete Kon-
zept annäherte: So widmeten sich französische Historiker 1989 der Gewalt in
Revolten unter dem Blickwinkel der sozialen Beziehungen zwischen Adel
und Bauern und 1994 dem Krieg und seiner Wirkung auf die Bevölkerung."^
Im Jahr 1998 erschienen gleich mehrere, breit angelegte Sammelbände, die
Gewalt in Bezug auf verschiedene Gruppen. Regionen und Lebenswelten
thematisierten.^ Damit wird die zeitliche und inhaltliche Breite des Themas
klar, was jedoch wiederum eine eher kleine Schnittmenge der Beiträge be-
dingt. Abgesehen von der durch verschiedene Aufsätze vorgeführten The-
menvielfalt ist daher vor allem die Konzeptualisierung des Themas seitens
der Herausgeber interessant und spiegelt nicht nur den Anspruch des jewei-
ligen Bandes wieder, sondern auch seine Verortung in der Forschungsland-
schaft. So gelingt es Sieferle in der Einleitung zu dem von ihm mitheraus-
gegebenen Band ..Kulturen der Gewalt", das Phänomen der Gewalt (epo-
chen-)übergreifend zu verorten und die Perspektiven seiner Erforschung
anhand von Kategorien wie historischer Präsenz, beteiligte Gruppen/Perso-
nen. moralische Wertigkeit oder soziale Funktion zu systematisieren.^ Der
folgende Überblick über den Stand der Forschung folgt einer ähnlichen Kate-
gorisierung.
Nicht zuletzt wegen des populären Bilds des .finsteren Mittelalters' ist die
Frage nach der historischen Präsenz bzw. Frequenz von Gewalt auch für die
Forschung zentral. Dabei kann das Ausmaß der Gewalt im Lauf der Ge-
schichte als (1) konstant. (2) abnehmend oder aber (3) temporär variabel

6° Im Folgenden werden nur Studien betrachtet, die sowohl einen mediävistischen Schwerpunkt
haben, als auch ihren Fokus auf physische Gewaltausübung legen. .Gewalt' als sprachliches
und literarisches Phänomen wurde primär von der (mediävistischen) Literaturwissenschaft
untersucht, siehe z. B. folgende Sammelbände: Violence and the Writing; Blutige Worte; Ethik
und Ästhetik; A great effusion; Violence in medieval courtly literature; Writing war; Gewalt.
Kulturelle Formen; La violence dans le monde medieval; partiell auch die Beiträge in: Violence
and the Writing. Siehe auch den Forschungsüberblick bei Braun. Violentia.
Siehe dazu den Forschungsüberblick bei Goetz. Moderne Mediävistik. S. 198-205 (verfasst von
Steffen Patzold), sowie den Überblick bei Lemesle. Conflits. S. 1-10. Zwei frühe und bemer-
kenswerte Ansätze sind in einem 1972 erschienenen Tagungsband über Gewalt in italienischen
Städten zu finden: Martines nähert sich dem Gesamtthema .Gewalt' umsichtig und reflektiert
die Zeitgebundenheit des Historikers. Haie versucht einen Überblick über die Gewaltpräsenz
um 1500 zu geben und diskutiert die Nützlichkeit sozial wissenschaftlicher Modelle für histo-
rische Analysen, da bisher sei kein übergreifendes Konzept der Gewalt angewandt worden sei;
vgl. Martines. Introduction; Haie. Violence.
62 Violence et Contestation; La guerre. la violence et les gens.
63 The final argument; Kulturen der Gewalt; Violence and society.
64 Sieferle. Einleitung.
 
Annotationen