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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0053

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52

III Orientierung

glück, das die Begeisterung Froissarts gefunden hätte, mitunter in einem Satz
ab: „Es gab mehrere Schlachten, verloren und gewonnen mal von der einen,
mal von der anderen Seite."" Blutvergießen auf dem Schlachtfeld rief bei
Cochon nur ein achselzuckendes „So ist das (halt) im Krieg"" hervor. Auch
Nicolas de Baye, von 1400 bis 1407 Schreiber am Pariser Parlcmcnf, interessier-
te sich nur peripher für den Krieg, da für ihn rechtliche Aspekte im Vorder-
grund standen: Das oberste Gericht erschien bei Nicolas angesichts des deso-
laten Zustands des Reichs als dessen letzte Hoffnung.^ Erst als das Kriegsge-
schehen sich 1411 tatsächlich Paris näherte, wurde es auch bei ihm zum The-
ma. Die Deutung solcher Leerstellen, also von Texten, in denen Gewalt poten-
tiell thematisiert werden könnte, aber nicht wird, ist methodisch schwierig.
Dennoch ist auch ein pragmatisch begründeter Zugang zur Gewalt, wie der
des Nicolas de Baye, aussagekräftig und sollte bei der Frage nach der Bedeu-
tung von Gewalt miteinbezogen werden. Was aber kann damit über Gewalt
im Mittelalter ausgesagt werden?

311 Methodik und theoretische Grundlage
Auf zwei Ebenen soll im Folgenden die methodische Grundlage der vorlie-
genden Arbeit reflektiert werden: Zum einen soll durch die Erläuterung der
Kernbegriffe Mentalität, zmagniazTT und Vorstellungen der theoretische Hin-
tergrund der Analyse verdeutlicht werden. Darauf aufbauend werden zum
anderen die Möglichkeiten in den Blick genommen, wie dieses theoretische
Rüstzeug auf die Praxis der Quellenlektüre und -Interpretation übertragen
werden kann.

Mentalitäten - /magz?MZ7T - Vorstellungen
Schon 1974 wies Le Goff auf die Probleme des Mentalitätsbegriffes hin: Gera-
de erst in Mode gekommen, stehe er schon vor dem Aus und man wisse
nicht, ob man ihm zum Sein oder zum Verschwinden verhelfen sollet Als
problematisch sah er vor allem die ungenaue Definition des Begriffs an, der

11 Rem, enu/roM AM eMSM/HM/, /'an .cccc.e/.Z;)'., /H gMerre/M OMuer/e en/re /es Enrnc/m/s e/ /es EMg/o/s; e/
OM/ p/Mr/ex erwieez; perdu e/ gH/gn/e Tun oos/e e/ ddu/re. Ebd., S. 207. Ähnlich auch die Chronique
normande, S. 100.
12 A/ns/ UH de guerre. Chronique normande de Pierre Cochon, S. 287, ebenso S. 310
12 PoMr ee t?Me /es e/?oses de ee roi/Huwe es/o/en/ en pe/Z/ po/w/, e/ t?Me /e re/dge de ee roi/Huwe en jMs/Zee
es/oZ/ er; e/ de ees/e Cour/. (Aussage Arnauds de Corbie), Nicolas de Baye, Journal [1885-1888],
Bd. 1, S. 246.
i4 „Happee de la mode, eile [l'expression ,mentalite', CM] semble dejä passee de mode. Faut-il
l'aider ä etre ou ä disparaitre?" Le Goff, Mentalites, S. 76. Deutsche Übersetzung des Aufsatzes:
Jacques Le Goff, Eine mehrdeutige Geschichte, in: Mentalitäten-Geschichte, S. 18-32. Zur Ge-
schichte der historischen Mentalitätsforschung generell siehe: Rexroth, Wissen; Poirrier, En-
jeux, S. 44-73; Daniel, Kompendium, S. 224—227; Goetz, Moderne Mediävistik, S. 276-278; Kor-
tüm, Menschen, S. 9-33; Sellin, Mentalität.
 
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