Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
31 Methodik und Quellenkorpus

61

sozialen Hintergrund des Autors hinaus auch inhaltlich eine klerikale Sicht,
die besonders die Lage der Kirche in den Blick nimmt und ihre Rechte vertei-
digt. Beide thematisieren zudem häufig Ereignisse in der Normandie und
ermöglichen so einen Blick aus der Peripherie auf das politische Zentrum der
Ile-de-France.
(4) Das 15. Jahrhundert brachte mehr und mehr Autoren hervor, die ihre
Zeit aus einer städtisch-bürgerlichen Sicht beschrieben, auch wenn sie selbst
dem Klerus angehörten. Anders als bei klerikalen oder hofnahen Chronisten
wird ihr Blick als Stadtbewohner jedoch schnell durch ihre Themenwahl
deutlich, so finden Preissteigerungen, Wetteranomalien und städtische Ver-
anstaltungen (Prozessionen, Exekutionen) ihr Interesse. Auch auf die Gewalt
haben sie einen anderen Blick, berichten über Hinrichtungen (die sie mit ei-
genen Augen gesehen haben) oder über die Angst in der Stadt, wenn sich
eine größere Armee nähert. Die C/fromtjMe düe de /een de Veneüe^ bietet dabei
die einzigartige Sichtweise eines Angehörigen des niederen Klerus, dessen
Sympathie für die Landbevölkerung vermuten lässt, dass er selbst bäuerliche
Wurzeln hatte. Pierre CochorL" zeichnet sich durch eine auf Rouen fokussierte

Jahre 1327 bis 1393 ab (nach Luce vermutlich ab 1350 inhaltlich eigenständig). Das Augenmerk
des Autors gilt besonders der einfachen Bevölkerung. Zahlreiche bewusst freigelassene Lücken
für Nachträge von Daten und Namen lassen auf ein Bemühen um Exaktheit schließen. Vgl.
Fossier, Chronique; Luce, Preface, S. IX-XXXII.
Edition: Chronique des quatre premiers Valois.
58 Geboren 1412 in Caudebec-en-Caux (Händlerfamilie), 1415 wegen englischer Invasion Flucht
der Familie, 1418 in Rennes. Er studierte Recht in Paris, Pavia und Löwen, 1438-40 Reisen nach
Bologna, Rouen, Ferrara, Florenz und Ungarn, 1441 Rückkehr nach Frankreich, Anstellungen
als Professor in Caen, Kanoniker in Bayeux und Generalvikar in Rouen. 1447 wurde er Bischof
von Lisieux, arbeitete 1455-56 an der Rehabilitation Jeanne d'Arcs mit. Die Gegnerschaft des
Dauphins Ludwig zwang ihn zur Flucht nach Burgund. Er versuchte die Gunst des nunmehri-
gen Königs Ludwigs XI. zu gewinnen, der ihn zwar zum Kanzler des Roussillon ernannte, ihn
aber ins Exil zwang. Später wurde er durch Sixtus IV. zum Erzbischof von Caesarea ernannt.
Im burgundischen Exil begann er um 1470-72 mit der Niederschrift seiner Chroniken über
Karl VII. und Ludwig XI. Er starb im Dezember 1489/91. Sein Werk ist proburgundisch gefärbt
und Ludwig (XI.) gegenüber kritisch. Vgl. Daly, Basin; Bourgain, Thomas Basin; Spencer,
Thomas Basin; Guenee, Eglise, S. 301-435; Samaran, Basin; Samaran, Introduction [1963]; Sa-
maran, Introduction [1933].
Edition: Basin, Charles VII; Basin, Louis XI.
59 Die anonyme Chronik (1340-1368) wurde lange dem Pariser Karmeliterprior Jean de Venette
zugeschrieben (so von Newhall und Geraud), was allerdings nicht haltbar scheint (so Beaune).
Der Chronist wurde nach eigener Aussage um 1307/08 in Venette (bei Compiegne) geboren.
Ab 1346 war er als Bettelmönch in Paris, reiste im Auftrag seines Konvents nach Reims und
Avignon. Er starb vermutlich 1369. Angeregt durch die von ihm erlebten Ereignisse (Pest, Ge-
fangennahme König Johanns II., Aufstände, Bürgerkrieg gegen Karl von Navarra) schrieb er
die Chronik ab ca. 1358 sukzessive auf und nahm dabei eine dem einfachen Volk nahestehende
Perspektive ein. Als Bettelmönch kritisierte er Reichtum und Prunk des Klerus und des Adels
gleichermaßen. Diese ungewöhnliche Perspektive und sein einfaches Latein lassen eine bäuer-
liche Herkunft vermuten. Vgl. Beaune, Introduction [2011], S. 7-26; Rech, Jean de Venette;
Bourgain, Venette; Newhall, Introduction; Geraud, Introduction.
Edition: Die Edition von Beaune ersetzt die bisherige bei Geraud (als dritte Fortsetzung Guil-
laumes de Nangis): Chronique dite de Jean de Venette; Chronique latine de Guillaume de
Nangis, Bd 2, S. 179-378. Englische Übersetzung: The Chronicle of Jean de Venette.
80 Geboren vermutlich um 1390 im normannischen Caux, ab 1406 in Rouen am bischöflichen Hof,
seit 1425 apostolischer Notar, am dortigen Kapitel zuletzt 1449 nachweisbar und wohl um 1456
 
Annotationen