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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0074

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11 Kriegerisch-bejahend

73

Schlacht von Poitiers 1356 geschrieben wurde: Diese löste eine Welle der Kri-
tik am Rittertum aus, auf die Geoffroi mit einigen Aussagen bereits zu reagie-
ren scheint/ Mehr als hundert Jahre später, im JoMuencU (1462/65), spürte man
die Wirkung der vielen Kriege, die Frankreich zwischen 1350 und 1450 ver-
heerten. Jean le Bueil erschien der Streit unter den Menschen als naturgege-
ben, weswegen der höchst edle und exzellente Stand des Rittertums gegrün-
det worden sei, um das Volk, das derzeit unter den Widrigkeiten des Krieges
sehr leide, zu bewahren und zu schützen/ Ursächlich für die Notwendigkeit
professioneller Krieger war nicht mehr das abstrakte Böse, sondern der zer-
störerische Krieg selbst, der gleichzeitig Existenzgrund und Aufgabe der Rit-
ter war. Dennoch, die Vielzahl der spätmittelalterlichen Kriege scheint auch
Jean de Bueil erklärungsbedürftig: das Misstrauen unter den Fürsten mache
ein friedliches Zusammenleben unmöglich/ Das Panorama, das Geoffroi de
Charny und Jean de Bueil entwarfen, war eher vom Zeitgeist als von abstrak-
ten Theorien durchwirkt. Aber selbst ihre innerweltlichen Erklärungsansätze
fügten sich letztlich in die größeren Theorien einer sündhaften Welt bezie-
hungsweise des /cHum n/sh/m. Das (zumindest theoretische) Wissen um die
Bedingungen eines solchen gerechten Krieges lässt sich in vielen Passagen
nachweisen, etwa wenn für Kriege und Kämpfe Begründungen eingefordert
wurden oder auf bestimmte Regeln rekurriert wurde/

Selbstbewusstsein nach außen...
Aus der gesellschaftlichen Funktion als Kämpfer zogen die Ritter ihr auf den
Krieg fokussiertes Selbstverständnis, mit dem sie sich gegenüber anderen
Gruppen (selbst)bewusst abgrenzten:"' So ließ der Herzog von Bourbon 1405
die Gelehrten der Pariser Universität brüsk mit dem Hinweis abblitzen, in
Fragen des Glaubens würden sie sich wohl kaum von Rittern belehren lassen,
also sollten sie den Krieg doch bitte wiederum diesen überlassen und sich
um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.^ Gewöhnliche Krieger, wie

6 Siehe dazu Hiestand, Weh dem Reich.
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/eiidre ef ggrder fe pnepfe (sie? en frgiisi/Mfffffe, tpd comwiM?iewie?if esf fe pfiis greue per fes gduersifez de
fg gHcrrc. Jean de Bueil, Jouvencel, Bd. 1, S. 14.
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OMf fes MMgs eiifre fes gMffres. Les MMgs f'onf poMr pgoMr d'esfre deceMpz; fes gMffres f'onf poMr ce tpLifz
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/bi/ ef de boime gmoMr soiif fes gMerres ef (piesffoiis i/M? foMS/OMrs dureiif. Jean de Bueil, Jouvencel,
Bd. 2, S. 257f. Siehe auch Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 79f. (1,3), 147 (1,42).
9 Forderung nach Gründen: Chronique du Religieux, Bd. 6, S. 360; Froissart, Chroniques (liv. I &
II), S. 392 (1,167); Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 7, S. 134 (1,619); Journal d un Bourgeois, S. 46
(§ 27). Rekurs auf Regeln: Chronique des quatre premiers Valois, S. 135, 241; The Book of Chi-
valry, S. 128-135; Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 386; Philippe de Commynes, Memoires,
Bd. 1, S. 91f. (11,1).
10 Kortüm, Menschen, S. 41-45.
11 Ff?igfffen/Me coMcfMdeiis.' SfcMf, (iMpu'f, nee in cgsn /fdef gd coMsfffMW wffffes non euoegreffs, sfc nee in
cgsfbMS befffefs debeffs cos fwwfscere. Recedeiifes fgffur, sfMdeiido wfiifsferfMiii uesfrMW debffe cowpfeg-
ffs, i/MOMfgwi, ef sf/fffg regfs Lfiifuersffgs uocefiir, fgweii de regfwfiie regiif fpsgw in frowfffere non decef.
Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 314. Auch der /oH Wnccf Jean de Bueils äußert sich ähnlich: Je
 
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